Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898.Zeit, die sie eben durchlebt haben, erinnern könnte; sie sind dankbar, wenn man sie auf andre Gedanken bringt. Es würde daher rücksichtslos sein, wenn man, um nur seiner eignen Stimmung Ausdruck zu geben, beim andern Gefühle erwecken wollte, die sie möglichst zu unterdrücken bemüht sind. Man muß eben auch da taktvoll sein. Oft würde es vielleicht mehr dem Gefühl der Angehörigen entsprechen, wenn bei einem Begräbnis aller Prunk und alles Aufsehen vermieden würde, um so mehr, wenn man überzeugt ist, wie wenig eine solche Feierlichkeit nach dem bescheidenen einfachen Sinn des Verstorbenen gewesen wäre, doch muß man gerade in solchen Fällen allen Freunden und Bekannten Gelegenheit geben, ihren Anteil oder ihre Dankbarkeit auch äußerlich beweisen zu können. Der gute Ton fordert diese Rücksicht schlechterdings. Wie lange die Angehörigen nach einem Todesfall äußerlich zu trauern haben, richtet sich nach den Gewohnheiten des betreffenden Ortes. Beim Verlust von Eltern oder Gatten dürfte man aber wenigstens ein Jahr Trauerkleidung zu tragen haben. Das ist eben Gefühlssache, denn die wahre Trauer ist im Herzen und bedarf nicht des Ausdruckes durch schwarze Kleider. Zeit, die sie eben durchlebt haben, erinnern könnte; sie sind dankbar, wenn man sie auf andre Gedanken bringt. Es würde daher rücksichtslos sein, wenn man, um nur seiner eignen Stimmung Ausdruck zu geben, beim andern Gefühle erwecken wollte, die sie möglichst zu unterdrücken bemüht sind. Man muß eben auch da taktvoll sein. Oft würde es vielleicht mehr dem Gefühl der Angehörigen entsprechen, wenn bei einem Begräbnis aller Prunk und alles Aufsehen vermieden würde, um so mehr, wenn man überzeugt ist, wie wenig eine solche Feierlichkeit nach dem bescheidenen einfachen Sinn des Verstorbenen gewesen wäre, doch muß man gerade in solchen Fällen allen Freunden und Bekannten Gelegenheit geben, ihren Anteil oder ihre Dankbarkeit auch äußerlich beweisen zu können. Der gute Ton fordert diese Rücksicht schlechterdings. Wie lange die Angehörigen nach einem Todesfall äußerlich zu trauern haben, richtet sich nach den Gewohnheiten des betreffenden Ortes. Beim Verlust von Eltern oder Gatten dürfte man aber wenigstens ein Jahr Trauerkleidung zu tragen haben. Das ist eben Gefühlssache, denn die wahre Trauer ist im Herzen und bedarf nicht des Ausdruckes durch schwarze Kleider. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0161" n="151"/> Zeit, die sie eben durchlebt haben, erinnern könnte; sie sind dankbar, wenn man sie auf andre Gedanken bringt. Es würde daher rücksichtslos sein, wenn man, um nur seiner eignen Stimmung Ausdruck zu geben, beim andern Gefühle erwecken wollte, die sie möglichst zu unterdrücken bemüht sind. Man muß eben auch da taktvoll sein.</p> <p>Oft würde es vielleicht mehr dem Gefühl der Angehörigen entsprechen, wenn bei einem Begräbnis aller Prunk und alles Aufsehen vermieden würde, um so mehr, wenn man überzeugt ist, wie wenig eine solche Feierlichkeit nach dem bescheidenen einfachen Sinn des Verstorbenen gewesen wäre, doch muß man gerade in solchen Fällen allen Freunden und Bekannten Gelegenheit geben, ihren Anteil oder ihre Dankbarkeit auch äußerlich beweisen zu können. Der gute Ton fordert diese Rücksicht schlechterdings.</p> <p><hi rendition="#g">Wie lange</hi> die Angehörigen nach einem Todesfall äußerlich zu trauern haben, richtet sich nach den Gewohnheiten des betreffenden Ortes. Beim Verlust von Eltern oder Gatten dürfte man aber wenigstens ein Jahr Trauerkleidung zu tragen haben. Das ist eben Gefühlssache, denn die wahre Trauer ist im Herzen und bedarf nicht des Ausdruckes durch schwarze Kleider.</p> </div> </body> </text> </TEI> [151/0161]
Zeit, die sie eben durchlebt haben, erinnern könnte; sie sind dankbar, wenn man sie auf andre Gedanken bringt. Es würde daher rücksichtslos sein, wenn man, um nur seiner eignen Stimmung Ausdruck zu geben, beim andern Gefühle erwecken wollte, die sie möglichst zu unterdrücken bemüht sind. Man muß eben auch da taktvoll sein.
Oft würde es vielleicht mehr dem Gefühl der Angehörigen entsprechen, wenn bei einem Begräbnis aller Prunk und alles Aufsehen vermieden würde, um so mehr, wenn man überzeugt ist, wie wenig eine solche Feierlichkeit nach dem bescheidenen einfachen Sinn des Verstorbenen gewesen wäre, doch muß man gerade in solchen Fällen allen Freunden und Bekannten Gelegenheit geben, ihren Anteil oder ihre Dankbarkeit auch äußerlich beweisen zu können. Der gute Ton fordert diese Rücksicht schlechterdings.
Wie lange die Angehörigen nach einem Todesfall äußerlich zu trauern haben, richtet sich nach den Gewohnheiten des betreffenden Ortes. Beim Verlust von Eltern oder Gatten dürfte man aber wenigstens ein Jahr Trauerkleidung zu tragen haben. Das ist eben Gefühlssache, denn die wahre Trauer ist im Herzen und bedarf nicht des Ausdruckes durch schwarze Kleider.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-03-19T14:09:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-03-19T14:09:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-03-19T14:09:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |