Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

mit einem zinnernen Deckel, auf dessem Rande die Dedication eingraviert war, war es, welchen ich oft stundenlang anstarrte, der mir alle Erinnerungen, welche mir lieb und wert waren, ins Gedächtnis zurückrief. Dieser an und für sich so unbedeutende Gegenstand bewirkte bei mir vermöge associativer Beziehung zu einer meine lebhaftesten Gefühle hervorrufenden Gesammtvorstellung, eine Art Hypnose, einen sehr tiefen, dem bloßen Aussehen nicht zukommenden Eindruck. Diese psychologische Erscheinung erklärte ich mir aus einem associativen Gesetz, dem Gesetz der Beziehung einer Theilvorstellung zur Gesammtvorstellung, wobei das Essentielle die individuelle Gefühlsbetonung der Theilvorstellung im Sinne eines Lustgefühls war, das ich einst empfunden hatte.

Und indem ich diese trockene Erklärung tausendmal wiederholte, ließ mich der Fetisch endlich los.

23.

Ernst kritisierte sich selbst mit einer bösartigen Satire, mit einem giftigen Sarkasmus. Der Verkehr mit ihm wurde immer qualvoller. Eine kalte Höflichkeit, ein maskiertes Lächeln, das freundlich sein sollte und höchstens verlegen, beinahe tölpelhaft

mit einem zinnernen Deckel, auf dessem Rande die Dedication eingraviert war, war es, welchen ich oft stundenlang anstarrte, der mir alle Erinnerungen, welche mir lieb und wert waren, ins Gedächtnis zurückrief. Dieser an und für sich so unbedeutende Gegenstand bewirkte bei mir vermöge associativer Beziehung zu einer meine lebhaftesten Gefühle hervorrufenden Gesammtvorstellung, eine Art Hypnose, einen sehr tiefen, dem bloßen Aussehen nicht zukommenden Eindruck. Diese psychologische Erscheinung erklärte ich mir aus einem associativen Gesetz, dem Gesetz der Beziehung einer Theilvorstellung zur Gesammtvorstellung, wobei das Essentielle die individuelle Gefühlsbetonung der Theilvorstellung im Sinne eines Lustgefühls war, das ich einst empfunden hatte.

Und indem ich diese trockene Erklärung tausendmal wiederholte, ließ mich der Fetisch endlich los.

23.

Ernst kritisierte sich selbst mit einer bösartigen Satire, mit einem giftigen Sarkasmus. Der Verkehr mit ihm wurde immer qualvoller. Eine kalte Höflichkeit, ein maskiertes Lächeln, das freundlich sein sollte und höchstens verlegen, beinahe tölpelhaft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0094" n="96"/>
mit einem zinnernen Deckel, auf dessem Rande die Dedication eingraviert war, war es, welchen ich oft stundenlang anstarrte, der mir alle Erinnerungen, welche mir lieb und wert waren, ins Gedächtnis zurückrief. Dieser an und für sich so unbedeutende Gegenstand bewirkte bei mir vermöge associativer Beziehung zu einer meine lebhaftesten Gefühle hervorrufenden Gesammtvorstellung, eine Art Hypnose, einen sehr tiefen, dem bloßen Aussehen nicht zukommenden Eindruck. Diese psychologische Erscheinung erklärte ich mir aus einem associativen Gesetz, dem Gesetz der Beziehung einer Theilvorstellung zur Gesammtvorstellung, wobei das Essentielle die individuelle Gefühlsbetonung der Theilvorstellung im Sinne eines Lustgefühls war, das ich einst empfunden hatte.</p>
          <p>Und indem ich diese trockene Erklärung tausendmal wiederholte, ließ mich der Fetisch endlich los.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>23.</head><lb/>
          <p>Ernst kritisierte sich selbst mit einer bösartigen Satire, mit einem giftigen Sarkasmus. Der Verkehr mit ihm wurde immer qualvoller. Eine kalte Höflichkeit, ein maskiertes Lächeln, das freundlich sein sollte und höchstens verlegen, beinahe tölpelhaft
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0094] mit einem zinnernen Deckel, auf dessem Rande die Dedication eingraviert war, war es, welchen ich oft stundenlang anstarrte, der mir alle Erinnerungen, welche mir lieb und wert waren, ins Gedächtnis zurückrief. Dieser an und für sich so unbedeutende Gegenstand bewirkte bei mir vermöge associativer Beziehung zu einer meine lebhaftesten Gefühle hervorrufenden Gesammtvorstellung, eine Art Hypnose, einen sehr tiefen, dem bloßen Aussehen nicht zukommenden Eindruck. Diese psychologische Erscheinung erklärte ich mir aus einem associativen Gesetz, dem Gesetz der Beziehung einer Theilvorstellung zur Gesammtvorstellung, wobei das Essentielle die individuelle Gefühlsbetonung der Theilvorstellung im Sinne eines Lustgefühls war, das ich einst empfunden hatte. Und indem ich diese trockene Erklärung tausendmal wiederholte, ließ mich der Fetisch endlich los. 23. Ernst kritisierte sich selbst mit einer bösartigen Satire, mit einem giftigen Sarkasmus. Der Verkehr mit ihm wurde immer qualvoller. Eine kalte Höflichkeit, ein maskiertes Lächeln, das freundlich sein sollte und höchstens verlegen, beinahe tölpelhaft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/94
Zitationshilfe: Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/94>, abgerufen am 25.11.2024.