Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

Straße zertreten, zerfahren, zerstampft, sich bald in einen bräunlichen Brei auflösten.

Ernsts Mutter hatte mich für den Weihnachtsabend, sowie für Sylvester geladen, obwohl sie schon seit mehr als einen Monat an Ischias erkrankt war und unendlich viel litt.

Es war schließlich und endlich wohl nur der angeborene Takt einer fein veranlagten und gut erzogenen Frau aus den besten Gesellschaftskreisen, die mich an jenen Tagen, an welchen selbst die Ärmsten der Armen ein wenig Freude genießen, nicht allein wissen wollte, weiter nichts, vielleicht auch Mitleid.

Fontana legte es darauf an, mich gerade an jenem Tage, den ich sonst - vielleicht seit ich "homme du monde" geworden war, das einzigemal im Jahr - mit meiner armen Mutter gemeinsam verlebte, und an welchem ich den ganzen Schatz ihrer großen, heiligen Liebe zu mir genoß und auch sie dadurch glücklich machte - denn sie verlangte nicht mehr, als mich lieben zu dürfen - aufs roheste zu verwunden.

Zuerst höhnte er mich wegen der Einladung. Nun ja, ein armer Teufel, der kein eigenes Heim hat, da gebietet ja der Takt eine conventionelle Lüge.

Straße zertreten, zerfahren, zerstampft, sich bald in einen bräunlichen Brei auflösten.

Ernsts Mutter hatte mich für den Weihnachtsabend, sowie für Sylvester geladen, obwohl sie schon seit mehr als einen Monat an Ischias erkrankt war und unendlich viel litt.

Es war schließlich und endlich wohl nur der angeborene Takt einer fein veranlagten und gut erzogenen Frau aus den besten Gesellschaftskreisen, die mich an jenen Tagen, an welchen selbst die Ärmsten der Armen ein wenig Freude genießen, nicht allein wissen wollte, weiter nichts, vielleicht auch Mitleid.

Fontana legte es darauf an, mich gerade an jenem Tage, den ich sonst – vielleicht seit ich „homme du monde“ geworden war, das einzigemal im Jahr – mit meiner armen Mutter gemeinsam verlebte, und an welchem ich den ganzen Schatz ihrer großen, heiligen Liebe zu mir genoß und auch sie dadurch glücklich machte – denn sie verlangte nicht mehr, als mich lieben zu dürfen – aufs roheste zu verwunden.

Zuerst höhnte er mich wegen der Einladung. Nun ja, ein armer Teufel, der kein eigenes Heim hat, da gebietet ja der Takt eine conventionelle Lüge.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0043" n="45"/>
Straße zertreten, zerfahren, zerstampft, sich bald in einen bräunlichen Brei auflösten.</p>
          <p>Ernsts Mutter hatte mich für den Weihnachtsabend, sowie für Sylvester geladen, obwohl sie schon seit mehr als einen Monat an Ischias erkrankt war und unendlich viel litt.</p>
          <p>Es war schließlich und endlich wohl nur der angeborene Takt einer fein veranlagten und gut erzogenen Frau aus den besten Gesellschaftskreisen, die mich an jenen Tagen, an welchen selbst die Ärmsten der Armen ein wenig Freude genießen, nicht allein wissen wollte, weiter nichts, vielleicht auch Mitleid.</p>
          <p>Fontana legte es darauf an, mich gerade an jenem Tage, den ich sonst &#x2013; vielleicht seit ich <hi rendition="#aq">&#x201E;homme du monde&#x201C;</hi> geworden war, das einzigemal im Jahr &#x2013; mit meiner armen Mutter gemeinsam verlebte, und an welchem ich den ganzen Schatz ihrer großen, heiligen Liebe zu mir genoß und auch sie dadurch glücklich machte &#x2013; denn sie verlangte nicht mehr, als mich lieben zu dürfen &#x2013; aufs roheste zu verwunden.</p>
          <p>Zuerst höhnte er mich wegen der Einladung. Nun ja, ein armer Teufel, der kein eigenes Heim hat, da gebietet ja der Takt eine conventionelle Lüge.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0043] Straße zertreten, zerfahren, zerstampft, sich bald in einen bräunlichen Brei auflösten. Ernsts Mutter hatte mich für den Weihnachtsabend, sowie für Sylvester geladen, obwohl sie schon seit mehr als einen Monat an Ischias erkrankt war und unendlich viel litt. Es war schließlich und endlich wohl nur der angeborene Takt einer fein veranlagten und gut erzogenen Frau aus den besten Gesellschaftskreisen, die mich an jenen Tagen, an welchen selbst die Ärmsten der Armen ein wenig Freude genießen, nicht allein wissen wollte, weiter nichts, vielleicht auch Mitleid. Fontana legte es darauf an, mich gerade an jenem Tage, den ich sonst – vielleicht seit ich „homme du monde“ geworden war, das einzigemal im Jahr – mit meiner armen Mutter gemeinsam verlebte, und an welchem ich den ganzen Schatz ihrer großen, heiligen Liebe zu mir genoß und auch sie dadurch glücklich machte – denn sie verlangte nicht mehr, als mich lieben zu dürfen – aufs roheste zu verwunden. Zuerst höhnte er mich wegen der Einladung. Nun ja, ein armer Teufel, der kein eigenes Heim hat, da gebietet ja der Takt eine conventionelle Lüge.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/43
Zitationshilfe: Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/43>, abgerufen am 26.04.2024.