Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

hatte, und den ich fast so lange kannte, wie er Ernst, war einst mein Freund gewesen, was man so mit neunzehn, zwanzig Jahren Freund nennt. Zur Zeit, als in mir die große Wandlung vorgieng, waren wir schon ziemlich auseinander gekommen. Mit jeder Stunde, die mich und meinen Freund näher brachte, bröckelte ein Stein nach dem andern aus dem ohnehin nicht sehr grundfesten Gebäude unserer Freundschaft. Ich war seinerzeit die eigentliche, treibende Ursache zum Bruche mit Ernstens Familie gewesen. Fontana, der dadurch wirklich viel verlor, gieng mit mir aus dem gastfreien Hause, aber nicht meinetwegen; er konnte da einmal auf recht billige Weise die Rolle des entsagenden Freundes spielen. Ich bat ihn um seine Einwilligung, als ich im Begriffe stand, zum erstenmale wieder mit Ernst im Kreise seiner Familie zusammen zu kommen. Er ließ mir freie Hand, wie er sagte.

Ich fieng also den alten, gewohnten Verkehr wieder an. Mit Fontana ward das Zusammensein im engeren Zirkel unerträglich. Jetzt zeigte er seine innerste Natur, zuerst nur mir. Die andern, allen voran Ernst, nahmen den traurigen Hanswurst für voll. Für mich war er das und blieb er das, wozu ihn seine Natur, eine verfehlte Erziehung - der

hatte, und den ich fast so lange kannte, wie er Ernst, war einst mein Freund gewesen, was man so mit neunzehn, zwanzig Jahren Freund nennt. Zur Zeit, als in mir die große Wandlung vorgieng, waren wir schon ziemlich auseinander gekommen. Mit jeder Stunde, die mich und meinen Freund näher brachte, bröckelte ein Stein nach dem andern aus dem ohnehin nicht sehr grundfesten Gebäude unserer Freundschaft. Ich war seinerzeit die eigentliche, treibende Ursache zum Bruche mit Ernstens Familie gewesen. Fontana, der dadurch wirklich viel verlor, gieng mit mir aus dem gastfreien Hause, aber nicht meinetwegen; er konnte da einmal auf recht billige Weise die Rolle des entsagenden Freundes spielen. Ich bat ihn um seine Einwilligung, als ich im Begriffe stand, zum erstenmale wieder mit Ernst im Kreise seiner Familie zusammen zu kommen. Er ließ mir freie Hand, wie er sagte.

Ich fieng also den alten, gewohnten Verkehr wieder an. Mit Fontana ward das Zusammensein im engeren Zirkel unerträglich. Jetzt zeigte er seine innerste Natur, zuerst nur mir. Die andern, allen voran Ernst, nahmen den traurigen Hanswurst für voll. Für mich war er das und blieb er das, wozu ihn seine Natur, eine verfehlte Erziehung – der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0032" n="34"/>
hatte, und den ich fast so lange kannte, wie er Ernst, war einst mein Freund gewesen, was man so mit neunzehn, zwanzig Jahren Freund nennt. Zur Zeit, als in mir die große Wandlung vorgieng, waren wir schon ziemlich auseinander gekommen. Mit jeder Stunde, die mich und meinen Freund näher brachte, bröckelte ein Stein nach dem andern aus dem ohnehin nicht sehr grundfesten Gebäude unserer Freundschaft. Ich war seinerzeit die eigentliche, treibende Ursache zum Bruche mit Ernstens Familie gewesen. Fontana, der dadurch wirklich viel verlor, gieng <hi rendition="#g">mit</hi> mir aus dem gastfreien Hause, aber nicht <hi rendition="#g">meinetwegen</hi>; er konnte da einmal auf recht billige Weise die Rolle des entsagenden Freundes spielen. Ich bat ihn um seine Einwilligung, als ich im Begriffe stand, zum erstenmale wieder mit Ernst im Kreise seiner Familie zusammen zu kommen. Er ließ mir freie Hand, wie er sagte.</p>
          <p>Ich fieng also den alten, gewohnten Verkehr wieder an. Mit Fontana ward das Zusammensein im engeren Zirkel unerträglich. Jetzt zeigte er seine innerste Natur, zuerst nur mir. Die andern, allen voran Ernst, nahmen den traurigen Hanswurst für voll. Für mich war er das und blieb er das, wozu ihn seine Natur, eine verfehlte Erziehung &#x2013; der
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0032] hatte, und den ich fast so lange kannte, wie er Ernst, war einst mein Freund gewesen, was man so mit neunzehn, zwanzig Jahren Freund nennt. Zur Zeit, als in mir die große Wandlung vorgieng, waren wir schon ziemlich auseinander gekommen. Mit jeder Stunde, die mich und meinen Freund näher brachte, bröckelte ein Stein nach dem andern aus dem ohnehin nicht sehr grundfesten Gebäude unserer Freundschaft. Ich war seinerzeit die eigentliche, treibende Ursache zum Bruche mit Ernstens Familie gewesen. Fontana, der dadurch wirklich viel verlor, gieng mit mir aus dem gastfreien Hause, aber nicht meinetwegen; er konnte da einmal auf recht billige Weise die Rolle des entsagenden Freundes spielen. Ich bat ihn um seine Einwilligung, als ich im Begriffe stand, zum erstenmale wieder mit Ernst im Kreise seiner Familie zusammen zu kommen. Er ließ mir freie Hand, wie er sagte. Ich fieng also den alten, gewohnten Verkehr wieder an. Mit Fontana ward das Zusammensein im engeren Zirkel unerträglich. Jetzt zeigte er seine innerste Natur, zuerst nur mir. Die andern, allen voran Ernst, nahmen den traurigen Hanswurst für voll. Für mich war er das und blieb er das, wozu ihn seine Natur, eine verfehlte Erziehung – der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/32
Zitationshilfe: Hagenauer, Arnold: Muspilli. Linz u. a., 1900, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagenauer_muspilli_1900/32>, abgerufen am 24.11.2024.