Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 3. Hamburg, 1752.Noch hatt er nur um Pfand geküsst; Was feuerreich im Küssen ist War ihm nur halb bewusst: Doch wann er bey der Chloe stund, Ward er bald roth wie Chloens Mund, Bald weiß wie ihre Brust. Er untersucht sich tausendmal Und spüret Lust und spüret Qual, So oft er sich befragt. Einst, als er seufzt und ihr sich naht, Wird ihm der Kuß, um den er bat, Und auch die Hand versagt. Er flieht und eilet in den Wald Und klagt, in trauriger Gestalt, Den Eichen was ihn drückt. O wüsst er, was ihr Herz gewinnt! Doch alles, was sein Witz ersinnt, Wird durch die Furcht erstickt. Nach langen Klagen schläft er ein; Die Liebe will ihm günstig seyn, Der er die Träume weiht. Mit ihren Flügeln weckt sie ihn Und spricht: Jch wünsche dir, Elpin, Nur List und Wachsamkeit. Noch hatt er nur um Pfand gekuͤſſt; Was feuerreich im Kuͤſſen iſt War ihm nur halb bewuſſt: Doch wann er bey der Chloe ſtund, Ward er bald roth wie Chloens Mund, Bald weiß wie ihre Bruſt. Er unterſucht ſich tauſendmal Und ſpuͤret Luſt und ſpuͤret Qual, So oft er ſich befragt. Einſt, als er ſeufzt und ihr ſich naht, Wird ihm der Kuß, um den er bat, Und auch die Hand verſagt. Er flieht und eilet in den Wald Und klagt, in trauriger Geſtalt, Den Eichen was ihn druͤckt. O wuͤſſt er, was ihr Herz gewinnt! Doch alles, was ſein Witz erſinnt, Wird durch die Furcht erſtickt. Nach langen Klagen ſchlaͤft er ein; Die Liebe will ihm guͤnſtig ſeyn, Der er die Traͤume weiht. Mit ihren Fluͤgeln weckt ſie ihn Und ſpricht: Jch wuͤnſche dir, Elpin, Nur Liſt und Wachſamkeit. <TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <pb facs="#f0021" n="7"/> <lg n="2"> <l>Noch hatt er nur um Pfand gekuͤſſt;</l><lb/> <l>Was feuerreich im Kuͤſſen iſt</l><lb/> <l>War ihm nur halb bewuſſt:</l><lb/> <l>Doch wann er bey der Chloe ſtund,</l><lb/> <l>Ward er bald roth wie Chloens Mund,</l><lb/> <l>Bald weiß wie ihre Bruſt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Er unterſucht ſich tauſendmal</l><lb/> <l>Und ſpuͤret Luſt und ſpuͤret Qual,</l><lb/> <l>So oft er ſich befragt.</l><lb/> <l>Einſt, als er ſeufzt und ihr ſich naht,</l><lb/> <l>Wird ihm der Kuß, um den er bat,</l><lb/> <l>Und auch die Hand verſagt.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Er flieht und eilet in den Wald</l><lb/> <l>Und klagt, in trauriger Geſtalt,</l><lb/> <l>Den Eichen was ihn druͤckt.</l><lb/> <l>O wuͤſſt er, was ihr Herz gewinnt!</l><lb/> <l>Doch alles, was ſein Witz erſinnt,</l><lb/> <l>Wird durch die Furcht erſtickt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Nach langen Klagen ſchlaͤft er ein;</l><lb/> <l>Die Liebe will ihm guͤnſtig ſeyn,</l><lb/> <l>Der er die Traͤume weiht.</l><lb/> <l>Mit ihren Fluͤgeln weckt ſie ihn</l><lb/> <l>Und ſpricht: Jch wuͤnſche dir, Elpin,</l><lb/> <l>Nur Liſt und Wachſamkeit.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [7/0021]
Noch hatt er nur um Pfand gekuͤſſt;
Was feuerreich im Kuͤſſen iſt
War ihm nur halb bewuſſt:
Doch wann er bey der Chloe ſtund,
Ward er bald roth wie Chloens Mund,
Bald weiß wie ihre Bruſt.
Er unterſucht ſich tauſendmal
Und ſpuͤret Luſt und ſpuͤret Qual,
So oft er ſich befragt.
Einſt, als er ſeufzt und ihr ſich naht,
Wird ihm der Kuß, um den er bat,
Und auch die Hand verſagt.
Er flieht und eilet in den Wald
Und klagt, in trauriger Geſtalt,
Den Eichen was ihn druͤckt.
O wuͤſſt er, was ihr Herz gewinnt!
Doch alles, was ſein Witz erſinnt,
Wird durch die Furcht erſtickt.
Nach langen Klagen ſchlaͤft er ein;
Die Liebe will ihm guͤnſtig ſeyn,
Der er die Traͤume weiht.
Mit ihren Fluͤgeln weckt ſie ihn
Und ſpricht: Jch wuͤnſche dir, Elpin,
Nur Liſt und Wachſamkeit.
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Zitationshilfe: | Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 3. Hamburg, 1752, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung03_1752/21>, abgerufen am 16.07.2024. |