Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 2. Hamburg, 1744.XIX. Die Vergötterung. An Phyllis. Holde Phyllis, die Göttinnen (Traue mir die Wahrheit zu) Waren anfangs Schäferinnen Oder Mädchen, so wie du. Eine, die mit blauen Augen Mehr als Männer-Witz verband, Konnte zur Minerva taugen Und erwarb den Götter-Stand. Dichterinnen hiessen Musen Und entzückten Herz und Ohr. Reiffer Schönen volle Busen Bildete die Ceres vor. Die durch Jugend uns ergetzte Schien, mit Recht, des Tempels wehrt, Den man ihr, als Heben, setzte, Die der stärkste Held verehrt.* Eine ward, in spröder Blässe Und in strenger Häuslichkeit, Hüterinn der Feuer-Esse Und die Vesta jener Zeit. Die durch Reitz und Unglücks-Fälle Sich den Raub der Grobheit sah Ward in ihres Ehstands Hölle Kläglich zur Proserpina. * Einigen Lesern sind gewisse Anmer- kungen nöthig und hoffentlich ange- nehm, die in Ansehung anderer überflüs- sig seyn würden; als, bey diesen Zeilen: daß die Alten Weisheit und Wissenschaft in der Minerva, das Getreide und die Fülle in der Ceres, die weibliche Jugend aber in der Hebe verehret ha- ben, welche mit dem Hercules, als der männlichen Stärke, vermählet worden. F
XIX. Die Vergoͤtterung. An Phyllis. Holde Phyllis, die Goͤttinnen (Traue mir die Wahrheit zu) Waren anfangs Schaͤferinnen Oder Maͤdchen, ſo wie du. Eine, die mit blauen Augen Mehr als Maͤnner-Witz verband, Konnte zur Minerva taugen Und erwarb den Goͤtter-Stand. Dichterinnen hieſſen Muſen Und entzuͤckten Herz und Ohr. Reiffer Schoͤnen volle Buſen Bildete die Ceres vor. Die durch Jugend uns ergetzte Schien, mit Recht, des Tempels wehrt, Den man ihr, als Heben, ſetzte, Die der ſtaͤrkſte Held verehrt.* Eine ward, in ſproͤder Blaͤſſe Und in ſtrenger Haͤuslichkeit, Huͤterinn der Feuer-Eſſe Und die Veſta jener Zeit. Die durch Reitz und Ungluͤcks-Faͤlle Sich den Raub der Grobheit ſah Ward in ihres Ehſtands Hoͤlle Klaͤglich zur Proſerpina. * Einigen Leſern ſind gewiſſe Anmer- kungen noͤthig und hoffentlich ange- nehm, die in Anſehung anderer uͤberfluͤſ- ſig ſeyn wuͤrden; als, bey dieſen Zeilen: daß die Alten Weisheit und Wiſſenſchaft in der Minerva, das Getreide und die Fuͤlle in der Ceres, die weibliche Jugend aber in der Hebe verehret ha- ben, welche mit dem Hercules, als der maͤnnlichen Staͤrke, vermaͤhlet worden. F
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0091" n="41"/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">XIX.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Die Vergoͤtterung.<lb/> An Phyllis.</hi> </hi> </head><lb/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">H</hi>olde Phyllis, die Goͤttinnen<lb/> (Traue mir die Wahrheit zu)</l><lb/> <l>Waren anfangs Schaͤferinnen</l><lb/> <l>Oder Maͤdchen, ſo wie du.</l><lb/> <l>Eine, die mit blauen Augen</l><lb/> <l>Mehr als Maͤnner-Witz verband,</l><lb/> <l>Konnte zur Minerva taugen</l><lb/> <l>Und erwarb den Goͤtter-Stand.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Dichterinnen hieſſen Muſen</l><lb/> <l>Und entzuͤckten Herz und Ohr.</l><lb/> <l>Reiffer Schoͤnen volle Buſen</l><lb/> <l>Bildete die Ceres vor.</l><lb/> <l>Die durch Jugend uns ergetzte</l><lb/> <l>Schien, mit Recht, des Tempels wehrt,</l><lb/> <l>Den man ihr, als Heben, ſetzte,</l><lb/> <l>Die der ſtaͤrkſte Held verehrt.<note place="foot" n="*">Einigen Leſern ſind gewiſſe Anmer-<lb/> kungen noͤthig und hoffentlich ange-<lb/> nehm, die in Anſehung anderer uͤberfluͤſ-<lb/> ſig ſeyn wuͤrden; als, bey dieſen Zeilen:<lb/> daß die Alten Weisheit und Wiſſenſchaft<lb/> in der <hi rendition="#fr">Minerva,</hi> das Getreide und<lb/> die Fuͤlle in der <hi rendition="#fr">Ceres,</hi> die weibliche<lb/> Jugend aber in der <hi rendition="#fr">Hebe</hi> verehret ha-<lb/> ben, welche mit dem <hi rendition="#fr">Hercules,</hi> als der<lb/> maͤnnlichen Staͤrke, vermaͤhlet worden.</note></l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Eine ward, in ſproͤder Blaͤſſe</l><lb/> <l>Und in ſtrenger Haͤuslichkeit,</l><lb/> <l>Huͤterinn der Feuer-Eſſe</l><lb/> <l>Und die Veſta jener Zeit.</l><lb/> <l>Die durch Reitz und Ungluͤcks-Faͤlle</l><lb/> <l>Sich den Raub der Grobheit ſah</l><lb/> <l>Ward in ihres Ehſtands Hoͤlle</l><lb/> <l>Klaͤglich zur Proſerpina.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">F</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0091]
XIX.
Die Vergoͤtterung.
An Phyllis.
Holde Phyllis, die Goͤttinnen
(Traue mir die Wahrheit zu)
Waren anfangs Schaͤferinnen
Oder Maͤdchen, ſo wie du.
Eine, die mit blauen Augen
Mehr als Maͤnner-Witz verband,
Konnte zur Minerva taugen
Und erwarb den Goͤtter-Stand.
Dichterinnen hieſſen Muſen
Und entzuͤckten Herz und Ohr.
Reiffer Schoͤnen volle Buſen
Bildete die Ceres vor.
Die durch Jugend uns ergetzte
Schien, mit Recht, des Tempels wehrt,
Den man ihr, als Heben, ſetzte,
Die der ſtaͤrkſte Held verehrt. *
Eine ward, in ſproͤder Blaͤſſe
Und in ſtrenger Haͤuslichkeit,
Huͤterinn der Feuer-Eſſe
Und die Veſta jener Zeit.
Die durch Reitz und Ungluͤcks-Faͤlle
Sich den Raub der Grobheit ſah
Ward in ihres Ehſtands Hoͤlle
Klaͤglich zur Proſerpina.
* Einigen Leſern ſind gewiſſe Anmer-
kungen noͤthig und hoffentlich ange-
nehm, die in Anſehung anderer uͤberfluͤſ-
ſig ſeyn wuͤrden; als, bey dieſen Zeilen:
daß die Alten Weisheit und Wiſſenſchaft
in der Minerva, das Getreide und
die Fuͤlle in der Ceres, die weibliche
Jugend aber in der Hebe verehret ha-
ben, welche mit dem Hercules, als der
maͤnnlichen Staͤrke, vermaͤhlet worden.
F
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |