Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 2. Hamburg, 1744.

Bild:
<< vorherige Seite

Seht, die Luft ist schon den Winden
Völlig unterthan.
Fort! den Frost nicht zu empfinden,
Zündet Feuer an!

Doch man muß, nach meinem Dünken,
Jtzt auch lustig seyn.
Gebt uns reichlich Wein zu trinken;
Aber guten Wein.
Der, ihr wißt schon, den ich meyne,
Honig-Farbe zeigt,
Und nicht, wie die andern Weine,
Gleich zu Kopfe steigt.

Anderes Stück auf den Sommer.45

Brüder! netzt die Zungen,
Netzt und kühlt die Lungen
Mit dem besten Wein!
Auf, und schenket ein!
Seht! der Hundsstern glühet,
Alles, was man siehet,
Alles ist erhitzt,
Alles durstet itzt.
Sollten wir allein
Denn nicht durstig seyn?

Plutarchus46 führet diese Worte davon an: Netze die Lungen;
und untersuchet bey dieser Gelegenheit in einer von seinen Tisch-Fragen,
ob der Trunk in den Magen, oder in die Brust hinunter fliesse. Er
meynet, nach den Meynungen vieler Alten, daß er den letzten Weg neh-
me, welches uns gewiß eben keinen grossen Begriff von ihrer Natur-
Lehre und Anatomie giebet.

Drittes Stück auf den Frühling.47

Hört einmal, ihr muntern Brüder!
Jtzo kömmt der Frühling wieder,
Seht, er kömmt, von Blumen schwer.
Gebt mir gleich aus diesem Fasse
Von dem honigsüssen Nasse.
Eilet! Einen Becher her!

Viertes Stück über die Gelegenheiten zum Gram und Kummer.48

O Bacchis! laß Sorgen und Grillen
Dir Herz und Gedanken nicht füllen.
Sprich,
45 Ibid.
46 Plutarch. Sympos. l. VII. quaest. 1.
47 Athen. l. X. cap. 8.
48 Ibid.
D

Seht, die Luft iſt ſchon den Winden
Voͤllig unterthan.
Fort! den Froſt nicht zu empfinden,
Zuͤndet Feuer an!

Doch man muß, nach meinem Duͤnken,
Jtzt auch luſtig ſeyn.
Gebt uns reichlich Wein zu trinken;
Aber guten Wein.
Der, ihr wißt ſchon, den ich meyne,
Honig-Farbe zeigt,
Und nicht, wie die andern Weine,
Gleich zu Kopfe ſteigt.

Anderes Stuͤck auf den Sommer.45

Bruͤder! netzt die Zungen,
Netzt und kuͤhlt die Lungen
Mit dem beſten Wein!
Auf, und ſchenket ein!
Seht! der Hundsſtern gluͤhet,
Alles, was man ſiehet,
Alles iſt erhitzt,
Alles durſtet itzt.
Sollten wir allein
Denn nicht durſtig ſeyn?

Plutarchus46 fuͤhret dieſe Worte davon an: Netze die Lungen;
und unterſuchet bey dieſer Gelegenheit in einer von ſeinen Tiſch-Fragen,
ob der Trunk in den Magen, oder in die Bruſt hinunter flieſſe. Er
meynet, nach den Meynungen vieler Alten, daß er den letzten Weg neh-
me, welches uns gewiß eben keinen groſſen Begriff von ihrer Natur-
Lehre und Anatomie giebet.

Drittes Stuͤck auf den Fruͤhling.47

Hoͤrt einmal, ihr muntern Bruͤder!
Jtzo koͤmmt der Fruͤhling wieder,
Seht, er koͤmmt, von Blumen ſchwer.
Gebt mir gleich aus dieſem Faſſe
Von dem honigſuͤſſen Naſſe.
Eilet! Einen Becher her!

Viertes Stuͤck uͤber die Gelegenheiten zum Gram und Kummer.48

O Bacchis! laß Sorgen und Grillen
Dir Herz und Gedanken nicht fuͤllen.
Sprich,
45 Ibid.
46 Plutarch. Sympoſ. l. VII. quæſt. 1.
47 Athen. l. X. cap. 8.
48 Ibid.
D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><pb facs="#f0035" n="25"/>
Seht, die Luft i&#x017F;t &#x017F;chon den Winden</l><lb/>
                <l>Vo&#x0364;llig unterthan.</l><lb/>
                <l>Fort! den Fro&#x017F;t nicht zu empfinden,</l><lb/>
                <l>Zu&#x0364;ndet Feuer an!</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Doch man muß, nach meinem Du&#x0364;nken,</l><lb/>
                <l>Jtzt auch lu&#x017F;tig &#x017F;eyn.</l><lb/>
                <l>Gebt uns reichlich Wein zu trinken;</l><lb/>
                <l>Aber guten Wein.</l><lb/>
                <l>Der, ihr wißt &#x017F;chon, den ich meyne,</l><lb/>
                <l>Honig-Farbe zeigt,</l><lb/>
                <l>Und nicht, wie die andern Weine,</l><lb/>
                <l>Gleich zu Kopfe &#x017F;teigt.</l>
              </lg>
            </lg><lb/>
            <p>Anderes Stu&#x0364;ck auf den Sommer.<note place="foot" n="45"><hi rendition="#aq">Ibid.</hi></note></p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Bru&#x0364;der! netzt die Zungen,</l><lb/>
              <l>Netzt und ku&#x0364;hlt die Lungen</l><lb/>
              <l>Mit dem be&#x017F;ten Wein!</l><lb/>
              <l>Auf, und &#x017F;chenket ein!</l><lb/>
              <l>Seht! der Hunds&#x017F;tern glu&#x0364;het,</l><lb/>
              <l>Alles, was man &#x017F;iehet,</l><lb/>
              <l>Alles i&#x017F;t erhitzt,</l><lb/>
              <l>Alles dur&#x017F;tet itzt.</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#fr">Sollten wir allein</hi> </l><lb/>
              <l> <hi rendition="#fr">Denn nicht dur&#x017F;tig &#x017F;eyn?</hi> </l>
            </lg><lb/>
            <p>Plutarchus<note place="foot" n="46"><hi rendition="#aq">Plutarch. Sympo&#x017F;. l. VII. quæ&#x017F;t.</hi> 1.</note> fu&#x0364;hret die&#x017F;e Worte davon an: Netze die Lungen;<lb/>
und unter&#x017F;uchet bey die&#x017F;er Gelegenheit in einer von &#x017F;einen Ti&#x017F;ch-Fragen,<lb/>
ob der Trunk in den Magen, oder in die Bru&#x017F;t hinunter flie&#x017F;&#x017F;e. Er<lb/>
meynet, nach den Meynungen vieler Alten, daß er den letzten Weg neh-<lb/>
me, welches uns gewiß eben keinen gro&#x017F;&#x017F;en Begriff von ihrer Natur-<lb/>
Lehre und Anatomie giebet.</p><lb/>
            <p>Drittes Stu&#x0364;ck auf den Fru&#x0364;hling.<note place="foot" n="47"><hi rendition="#aq">Athen. l. X. cap.</hi> 8.</note></p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Ho&#x0364;rt einmal, ihr muntern Bru&#x0364;der!</l><lb/>
              <l>Jtzo ko&#x0364;mmt der Fru&#x0364;hling wieder,</l><lb/>
              <l>Seht, er ko&#x0364;mmt, von Blumen &#x017F;chwer.</l><lb/>
              <l>Gebt mir gleich aus die&#x017F;em Fa&#x017F;&#x017F;e</l><lb/>
              <l>Von dem honig&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Na&#x017F;&#x017F;e.</l><lb/>
              <l>Eilet! Einen Becher her!</l>
            </lg><lb/>
            <p>Viertes Stu&#x0364;ck u&#x0364;ber die Gelegenheiten zum Gram und Kummer.<note place="foot" n="48"><hi rendition="#aq">Ibid.</hi></note></p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>O Bacchis! laß Sorgen und Grillen</l><lb/>
              <l>Dir Herz und Gedanken nicht fu&#x0364;llen.</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Sprich,</fw><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">D</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0035] Seht, die Luft iſt ſchon den Winden Voͤllig unterthan. Fort! den Froſt nicht zu empfinden, Zuͤndet Feuer an! Doch man muß, nach meinem Duͤnken, Jtzt auch luſtig ſeyn. Gebt uns reichlich Wein zu trinken; Aber guten Wein. Der, ihr wißt ſchon, den ich meyne, Honig-Farbe zeigt, Und nicht, wie die andern Weine, Gleich zu Kopfe ſteigt. Anderes Stuͤck auf den Sommer. 45 Bruͤder! netzt die Zungen, Netzt und kuͤhlt die Lungen Mit dem beſten Wein! Auf, und ſchenket ein! Seht! der Hundsſtern gluͤhet, Alles, was man ſiehet, Alles iſt erhitzt, Alles durſtet itzt. Sollten wir allein Denn nicht durſtig ſeyn? Plutarchus 46 fuͤhret dieſe Worte davon an: Netze die Lungen; und unterſuchet bey dieſer Gelegenheit in einer von ſeinen Tiſch-Fragen, ob der Trunk in den Magen, oder in die Bruſt hinunter flieſſe. Er meynet, nach den Meynungen vieler Alten, daß er den letzten Weg neh- me, welches uns gewiß eben keinen groſſen Begriff von ihrer Natur- Lehre und Anatomie giebet. Drittes Stuͤck auf den Fruͤhling. 47 Hoͤrt einmal, ihr muntern Bruͤder! Jtzo koͤmmt der Fruͤhling wieder, Seht, er koͤmmt, von Blumen ſchwer. Gebt mir gleich aus dieſem Faſſe Von dem honigſuͤſſen Naſſe. Eilet! Einen Becher her! Viertes Stuͤck uͤber die Gelegenheiten zum Gram und Kummer. 48 O Bacchis! laß Sorgen und Grillen Dir Herz und Gedanken nicht fuͤllen. Sprich, 45 Ibid. 46 Plutarch. Sympoſ. l. VII. quæſt. 1. 47 Athen. l. X. cap. 8. 48 Ibid. D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung02_1744
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung02_1744/35
Zitationshilfe: Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 2. Hamburg, 1744, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung02_1744/35>, abgerufen am 21.11.2024.