Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite
XXV.
Die Vorzüge der Thorheit,
in einem Rundgesange.
Den Thoren ist ein Glück beschieden,
Das vielen klugen Leuten fehlt.
Die Herren sind mit sich zufrieden
Und haben immer wohl gewählt.
Was hilft es auch, nach Weisheit schnappen.
Die oft dem Wirbel wehe thut?
Den Thoren stehen ihre Kappen
So zierlich, als ein Doctorhut.
Der Thorheit unverjährte Rechte
Erstrecken sich auf iedes Haupt:
Es ist im menschlichen Geschlechte
Jhr Anhang grösser, als man glaubt.
Doch, wenn sie nicht Vergnügen brächte:
So wär ihr schon die Macht geraubt.
Der Thor, der allen Leuten glaubet;
Der Thor, der keinem Menschen traut;
Der, dem die Kargheit nichts erlaubet;
Der sich sein Tollhaus fürstlich baut;
Der Thor, der ieden Hof verachtet;
Der Thor, der nichts, als Höfe, liebt:
Ein ieder, wann er sich betrachtet,
Sieht etwas, das ihm Hochmuth giebt.
Der Thorheit unverjährte Rechte
Erstrecken sich auf iedes Haupt:
Es ist im menschlichen Geschlechte
Jhr Anhang grösser, als man glaubt.
Doch, wenn sie nicht Vergnügen brächte:
So wär ihr schon die Macht geraubt.
G 2
XXV.
Die Vorzuͤge der Thorheit,
in einem Rundgeſange.
Den Thoren iſt ein Gluͤck beſchieden,
Das vielen klugen Leuten fehlt.
Die Herren ſind mit ſich zufrieden
Und haben immer wohl gewaͤhlt.
Was hilft es auch, nach Weisheit ſchnappen.
Die oft dem Wirbel wehe thut?
Den Thoren ſtehen ihre Kappen
So zierlich, als ein Doctorhut.
Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte
Erſtrecken ſich auf iedes Haupt:
Es iſt im menſchlichen Geſchlechte
Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt.
Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte:
So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt.
Der Thor, der allen Leuten glaubet;
Der Thor, der keinem Menſchen traut;
Der, dem die Kargheit nichts erlaubet;
Der ſich ſein Tollhaus fuͤrſtlich baut;
Der Thor, der ieden Hof verachtet;
Der Thor, der nichts, als Hoͤfe, liebt:
Ein ieder, wann er ſich betrachtet,
Sieht etwas, das ihm Hochmuth giebt.
Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte
Erſtrecken ſich auf iedes Haupt:
Es iſt im menſchlichen Geſchlechte
Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt.
Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte:
So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt.
G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0073" n="51"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXV.</hi><lb/>
Die Vorzu&#x0364;ge der Thorheit,<lb/>
in einem Rundge&#x017F;ange.</hi> </head><lb/>
        <lg>
          <l><hi rendition="#in">D</hi>en Thoren i&#x017F;t ein Glu&#x0364;ck be&#x017F;chieden,</l><lb/>
          <l>Das vielen klugen Leuten fehlt.</l><lb/>
          <l>Die Herren &#x017F;ind mit &#x017F;ich zufrieden</l><lb/>
          <l>Und haben immer wohl gewa&#x0364;hlt.</l><lb/>
          <l>Was hilft es auch, nach Weisheit &#x017F;chnappen.</l><lb/>
          <l>Die oft dem Wirbel wehe thut?</l><lb/>
          <l>Den Thoren &#x017F;tehen ihre Kappen</l><lb/>
          <l>So zierlich, als ein Doctorhut.</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Der Thorheit unverja&#x0364;hrte Rechte</l><lb/>
          <l>Er&#x017F;trecken &#x017F;ich auf iedes Haupt:</l><lb/>
          <l>Es i&#x017F;t im men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechte</l><lb/>
          <l>Jhr Anhang gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, als man glaubt.</l><lb/>
          <l>Doch, wenn &#x017F;ie nicht Vergnu&#x0364;gen bra&#x0364;chte:</l><lb/>
          <l>So wa&#x0364;r ihr &#x017F;chon die Macht geraubt.</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Der Thor, der allen Leuten glaubet;</l><lb/>
          <l>Der Thor, der keinem Men&#x017F;chen traut;</l><lb/>
          <l>Der, dem die Kargheit nichts erlaubet;</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;ich &#x017F;ein Tollhaus fu&#x0364;r&#x017F;tlich baut;</l><lb/>
          <l>Der Thor, der ieden Hof verachtet;</l><lb/>
          <l>Der Thor, der nichts, als Ho&#x0364;fe, liebt:</l><lb/>
          <l>Ein ieder, wann er &#x017F;ich betrachtet,</l><lb/>
          <l>Sieht etwas, das ihm Hochmuth giebt.</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Der Thorheit unverja&#x0364;hrte Rechte</l><lb/>
          <l>Er&#x017F;trecken &#x017F;ich auf iedes Haupt:</l><lb/>
          <l>Es i&#x017F;t im men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechte</l><lb/>
          <l>Jhr Anhang gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, als man glaubt.</l><lb/>
          <l>Doch, wenn &#x017F;ie nicht Vergnu&#x0364;gen bra&#x0364;chte:</l><lb/>
          <l>So wa&#x0364;r ihr &#x017F;chon die Macht geraubt.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">G 2</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0073] XXV. Die Vorzuͤge der Thorheit, in einem Rundgeſange. Den Thoren iſt ein Gluͤck beſchieden, Das vielen klugen Leuten fehlt. Die Herren ſind mit ſich zufrieden Und haben immer wohl gewaͤhlt. Was hilft es auch, nach Weisheit ſchnappen. Die oft dem Wirbel wehe thut? Den Thoren ſtehen ihre Kappen So zierlich, als ein Doctorhut. Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte Erſtrecken ſich auf iedes Haupt: Es iſt im menſchlichen Geſchlechte Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt. Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte: So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt. Der Thor, der allen Leuten glaubet; Der Thor, der keinem Menſchen traut; Der, dem die Kargheit nichts erlaubet; Der ſich ſein Tollhaus fuͤrſtlich baut; Der Thor, der ieden Hof verachtet; Der Thor, der nichts, als Hoͤfe, liebt: Ein ieder, wann er ſich betrachtet, Sieht etwas, das ihm Hochmuth giebt. Der Thorheit unverjaͤhrte Rechte Erſtrecken ſich auf iedes Haupt: Es iſt im menſchlichen Geſchlechte Jhr Anhang groͤſſer, als man glaubt. Doch, wenn ſie nicht Vergnuͤgen braͤchte: So waͤr ihr ſchon die Macht geraubt. G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742/73
Zitationshilfe: Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742/73>, abgerufen am 24.11.2024.