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Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742.

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Der Einfalt schenkt sie den Verstand,
Den sie der Klugheit oft entwendet.
Ein Grillenfänger wird galant,
Wenn sie an ihm den Sieg vollendet.
Des strengen Alters Eigensinn
Verwandelt sie in Scherz und Lachen:
Und diese holde Lehrerinn
Kann auch die Jugend altklug machen.
Ein Spanier vergisst den Rang,
Unedlen Schönen liebzukosen:
Ein junger Franzmann den Gesang,
Den Wahn, das Selbstlob der Franzosen.
Wenn jenen Reiz und Schönheit körnt;
Entsaget er dem Hochmuthstriebe.
Und dieser seufzet und erlernt:
Die Freyheit prahle, nicht die Liebe.
Sie giebt der deutschen Männlichkeit
Die sanfte Schmeicheley beym Küssen,
Den Heiligen die Lüsternheit,
Und auch den Juden ein Gewissen.
Sie fand, so oft sie sich nur wies,
Verehrer in den besten Kennern.
Nur sie entwarf ein Paradies
Den ihr geweihten Muselmännern.
Ja! deine siegende Gewalt,
O Liebe! wird umsonst bestritten.
Dir unterwirft sich Jung und Alt
An Höfen und in Schäferhütten.
Doch, meine Schöne hofft allein
Den Reizungen zu widerstehen.
O! laß sie mir nur günstig seyn:
Du sollst dich recht gerochen sehen.


F 3
Der Einfalt ſchenkt ſie den Verſtand,
Den ſie der Klugheit oft entwendet.
Ein Grillenfaͤnger wird galant,
Wenn ſie an ihm den Sieg vollendet.
Des ſtrengen Alters Eigenſinn
Verwandelt ſie in Scherz und Lachen:
Und dieſe holde Lehrerinn
Kann auch die Jugend altklug machen.
Ein Spanier vergiſſt den Rang,
Unedlen Schoͤnen liebzukoſen:
Ein junger Franzmann den Geſang,
Den Wahn, das Selbſtlob der Franzoſen.
Wenn jenen Reiz und Schoͤnheit koͤrnt;
Entſaget er dem Hochmuthstriebe.
Und dieſer ſeufzet und erlernt:
Die Freyheit prahle, nicht die Liebe.
Sie giebt der deutſchen Maͤnnlichkeit
Die ſanfte Schmeicheley beym Kuͤſſen,
Den Heiligen die Luͤſternheit,
Und auch den Juden ein Gewiſſen.
Sie fand, ſo oft ſie ſich nur wies,
Verehrer in den beſten Kennern.
Nur ſie entwarf ein Paradies
Den ihr geweihten Muſelmaͤnnern.
Ja! deine ſiegende Gewalt,
O Liebe! wird umſonſt beſtritten.
Dir unterwirft ſich Jung und Alt
An Hoͤfen und in Schaͤferhuͤtten.
Doch, meine Schoͤne hofft allein
Den Reizungen zu widerſtehen.
O! laß ſie mir nur guͤnſtig ſeyn:
Du ſollſt dich recht gerochen ſehen.


F 3
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[45/0067] Der Einfalt ſchenkt ſie den Verſtand, Den ſie der Klugheit oft entwendet. Ein Grillenfaͤnger wird galant, Wenn ſie an ihm den Sieg vollendet. Des ſtrengen Alters Eigenſinn Verwandelt ſie in Scherz und Lachen: Und dieſe holde Lehrerinn Kann auch die Jugend altklug machen. Ein Spanier vergiſſt den Rang, Unedlen Schoͤnen liebzukoſen: Ein junger Franzmann den Geſang, Den Wahn, das Selbſtlob der Franzoſen. Wenn jenen Reiz und Schoͤnheit koͤrnt; Entſaget er dem Hochmuthstriebe. Und dieſer ſeufzet und erlernt: Die Freyheit prahle, nicht die Liebe. Sie giebt der deutſchen Maͤnnlichkeit Die ſanfte Schmeicheley beym Kuͤſſen, Den Heiligen die Luͤſternheit, Und auch den Juden ein Gewiſſen. Sie fand, ſo oft ſie ſich nur wies, Verehrer in den beſten Kennern. Nur ſie entwarf ein Paradies Den ihr geweihten Muſelmaͤnnern. Ja! deine ſiegende Gewalt, O Liebe! wird umſonſt beſtritten. Dir unterwirft ſich Jung und Alt An Hoͤfen und in Schaͤferhuͤtten. Doch, meine Schoͤne hofft allein Den Reizungen zu widerſtehen. O! laß ſie mir nur guͤnſtig ſeyn: Du ſollſt dich recht gerochen ſehen. F 3

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Zitationshilfe: Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742/67>, abgerufen am 02.05.2024.