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Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742.

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Umkränzt mit Rosen eure Scheitel
(Noch stehen euch die Rosen gut)
Und nennet kein Vergnügen eitel,
Dem Wein und Liebe Vorschub thut.
Was kann das Todtenreich gestatten?
Nein! lebend muß man fröhlich seyn.
Dort herzen wir nur kalte Schatten:
Dort trinkt man Wasser, und nicht Wein.
Seht! Phyllis kommt: O neues Glücke!
Auf! Liebe, zeige deine Kunst.
Bereichre hier die schönsten Blicke
Mit Sehnsucht und mit Gegengunst.
O! Phyllis, glaube meiner Lehre:
Kein Herz muß unempfindlich seyn.
Die Sprödigkeit bringt etwas Ehre:
Doch kann die Liebe mehr erfreun.
Die Macht gereizter Zärtlichkeiten,
Der Liebe schmeichelnde Gewalt,
Die werden doch dein Herz erbeuten:
Und du ergiebst dich nicht zu bald.
Wir wollen heute dir vor allen
Die Lieder und die Wünsche weihn.
O! könnten Küsse dir gefallen,
Und dieser Kuß der erste seyn!
Der Wein, den ich dir überreiche,
Jst nicht vom herben Alter schwer.
Doch, daß ich dich mit ihm vergleiche,
Sey jung und feurig, so wie er.
So kann man dich vollkommen nennen:
So darf die Jugend uns erfreun,
Und ich der Liebe selbst bekennen:
Auf Phyllis Küsse schmeckt der Wein.


A 2
Umkraͤnzt mit Roſen eure Scheitel
(Noch ſtehen euch die Roſen gut)
Und nennet kein Vergnuͤgen eitel,
Dem Wein und Liebe Vorſchub thut.
Was kann das Todtenreich geſtatten?
Nein! lebend muß man froͤhlich ſeyn.
Dort herzen wir nur kalte Schatten:
Dort trinkt man Waſſer, und nicht Wein.
Seht! Phyllis kommt: O neues Gluͤcke!
Auf! Liebe, zeige deine Kunſt.
Bereichre hier die ſchoͤnſten Blicke
Mit Sehnſucht und mit Gegengunſt.
O! Phyllis, glaube meiner Lehre:
Kein Herz muß unempfindlich ſeyn.
Die Sproͤdigkeit bringt etwas Ehre:
Doch kann die Liebe mehr erfreun.
Die Macht gereizter Zaͤrtlichkeiten,
Der Liebe ſchmeichelnde Gewalt,
Die werden doch dein Herz erbeuten:
Und du ergiebſt dich nicht zu bald.
Wir wollen heute dir vor allen
Die Lieder und die Wuͤnſche weihn.
O! koͤnnten Kuͤſſe dir gefallen,
Und dieſer Kuß der erſte ſeyn!
Der Wein, den ich dir uͤberreiche,
Jſt nicht vom herben Alter ſchwer.
Doch, daß ich dich mit ihm vergleiche,
Sey jung und feurig, ſo wie er.
So kann man dich vollkommen nennen:
So darf die Jugend uns erfreun,
Und ich der Liebe ſelbſt bekennen:
Auf Phyllis Kuͤſſe ſchmeckt der Wein.


A 2
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[3/0025] Umkraͤnzt mit Roſen eure Scheitel (Noch ſtehen euch die Roſen gut) Und nennet kein Vergnuͤgen eitel, Dem Wein und Liebe Vorſchub thut. Was kann das Todtenreich geſtatten? Nein! lebend muß man froͤhlich ſeyn. Dort herzen wir nur kalte Schatten: Dort trinkt man Waſſer, und nicht Wein. Seht! Phyllis kommt: O neues Gluͤcke! Auf! Liebe, zeige deine Kunſt. Bereichre hier die ſchoͤnſten Blicke Mit Sehnſucht und mit Gegengunſt. O! Phyllis, glaube meiner Lehre: Kein Herz muß unempfindlich ſeyn. Die Sproͤdigkeit bringt etwas Ehre: Doch kann die Liebe mehr erfreun. Die Macht gereizter Zaͤrtlichkeiten, Der Liebe ſchmeichelnde Gewalt, Die werden doch dein Herz erbeuten: Und du ergiebſt dich nicht zu bald. Wir wollen heute dir vor allen Die Lieder und die Wuͤnſche weihn. O! koͤnnten Kuͤſſe dir gefallen, Und dieſer Kuß der erſte ſeyn! Der Wein, den ich dir uͤberreiche, Jſt nicht vom herben Alter ſchwer. Doch, daß ich dich mit ihm vergleiche, Sey jung und feurig, ſo wie er. So kann man dich vollkommen nennen: So darf die Jugend uns erfreun, Und ich der Liebe ſelbſt bekennen: Auf Phyllis Kuͤſſe ſchmeckt der Wein. A 2

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Zitationshilfe: Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742/25>, abgerufen am 29.03.2024.