Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742.

Bild:
<< vorherige Seite

Schönheiten, als in diesen, und den meisten andern, Liedern der
Jtaliäner. Man hat mich auch versichert, daß viele Scherz- und
Liebeslieder der Polen und die kriegerischen Dumy der Cosaken,
zu welchen sie auf der Pandore zu spielen pflegen, in ihrer Art un-
vergleichlich sind und den beliebtesten Gesängen der Franzosen und
Jtaliäner den Vorzug streitig machen könnten. Dem berühmten
Woywoden von Rußland, Jablonowsky, sollen auch seine Lieder
nicht weniger Ehre gebracht haben, als seine Uebersetzung äsopischer
Fabeln. 8 Tassoni 9 hat das Vergnügen gehabt, seine Landesleute
in der lyrischen Poesie so vortrefflich zu finden, als die Griechen und
Römer. Es stand diese Freude einem Manne zu gönnen, der es
sich so sauer werden ließ, die Alten zu verkleinern.

Die alten Lieder der Spanier sind Romanzen und Villanellen.
Die Romanzen bestehe[n] [a]us Zeilen von sechs oder acht Sylben und
vierzeiligten Strophen, welche sie Coplas und Redondillas nen-
nen. Jm funfzehnten Jahrhundert haben Boscan und Garcil-
lasso de la Vega verschiedene Arten der italiänischen Dichtkunst in
die spanische eingeführet, die sonst weniger Freyheiten hat, als
jene, ob sie gleich die sogenannten rimes assonantes duldet. 10

Die
8 [Spaltenumbruch] M. A. Trotz gedachte diese Ueber-
setzung in dem zweyten Theile seiner Bi-
bliothecae Polono-Poeticae
[der aber, so
viel ich weiß, noch nicht herausgekom-
men] ans Licht treten zu lassen. Siehe
die Anmerkungen über Gundlings Col-
legium historico- literar. Cap. I. §. 23.
pag.
287. [f. 31.]
9 [Spaltenumbruch] S. Pensieri diversi di Alessandro
Tassoni L. X. cap. XIV. pag.
394. Diesen
Tadler des Homer und Petrarchs kann
man aus dem Erythraeo, Pinac. imag.
illustr. T. I. p.
185. kennen lernen.
10 [Spaltenumbruch] La rime assonante n'est pas propre-
ment

Schoͤnheiten, als in dieſen, und den meiſten andern, Liedern der
Jtaliaͤner. Man hat mich auch verſichert, daß viele Scherz- und
Liebeslieder der Polen und die kriegeriſchen Dumy der Coſaken,
zu welchen ſie auf der Pandore zu ſpielen pflegen, in ihrer Art un-
vergleichlich ſind und den beliebteſten Geſaͤngen der Franzoſen und
Jtaliaͤner den Vorzug ſtreitig machen koͤnnten. Dem beruͤhmten
Woywoden von Rußland, Jablonowsky, ſollen auch ſeine Lieder
nicht weniger Ehre gebracht haben, als ſeine Ueberſetzung aͤſopiſcher
Fabeln. 8 Taſſoni 9 hat das Vergnuͤgen gehabt, ſeine Landesleute
in der lyriſchen Poeſie ſo vortrefflich zu finden, als die Griechen und
Roͤmer. Es ſtand dieſe Freude einem Manne zu goͤnnen, der es
ſich ſo ſauer werden ließ, die Alten zu verkleinern.

Die alten Lieder der Spanier ſind Romanzen und Villanellen.
Die Romanzen beſtehe[n] [a]us Zeilen von ſechs oder acht Sylben und
vierzeiligten Strophen, welche ſie Coplas und Redondillas nen-
nen. Jm funfzehnten Jahrhundert haben Boſcan und Garcil-
laſſo de la Vega verſchiedene Arten der italiaͤniſchen Dichtkunſt in
die ſpaniſche eingefuͤhret, die ſonſt weniger Freyheiten hat, als
jene, ob ſie gleich die ſogenannten rimes aſſonantes duldet. 10

Die
8 [Spaltenumbruch] M. A. Trotz gedachte dieſe Ueber-
ſetzung in dem zweyten Theile ſeiner Bi-
bliothecæ Polono-Poëticæ
[der aber, ſo
viel ich weiß, noch nicht herausgekom-
men] ans Licht treten zu laſſen. Siehe
die Anmerkungen uͤber Gundlings Col-
legium hiſtorico- literar. Cap. I. §. 23.
pag.
287. [f. 31.]
9 [Spaltenumbruch] S. Penſieri diverſi di Aleſſandro
Taſſoni L. X. cap. XIV. pag.
394. Dieſen
Tadler des Homer und Petrarchs kann
man aus dem Erythræo, Pinac. imag.
illuſtr. T. I. p.
185. kennen lernen.
10 [Spaltenumbruch] La rime aſſonante n’eſt pas propre-
ment
<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0010"/>
Scho&#x0364;nheiten, als in die&#x017F;en, und den mei&#x017F;ten andern, Liedern der<lb/>
Jtalia&#x0364;ner. Man hat mich auch ver&#x017F;ichert, daß viele Scherz- und<lb/>
Liebeslieder der Polen und die kriegeri&#x017F;chen <hi rendition="#fr">Dumy</hi> der Co&#x017F;aken,<lb/>
zu welchen &#x017F;ie auf der Pandore zu &#x017F;pielen pflegen, in ihrer Art un-<lb/>
vergleichlich &#x017F;ind und den beliebte&#x017F;ten Ge&#x017F;a&#x0364;ngen der Franzo&#x017F;en und<lb/>
Jtalia&#x0364;ner den Vorzug &#x017F;treitig machen ko&#x0364;nnten. Dem beru&#x0364;hmten<lb/>
Woywoden von Rußland, Jablonowsky, &#x017F;ollen auch &#x017F;eine Lieder<lb/>
nicht weniger Ehre gebracht haben, als &#x017F;eine Ueber&#x017F;etzung a&#x0364;&#x017F;opi&#x017F;cher<lb/>
Fabeln. <note place="foot" n="8"><cb/>
M. A. Trotz gedachte die&#x017F;e Ueber-<lb/>
&#x017F;etzung in dem zweyten Theile &#x017F;einer <hi rendition="#aq">Bi-<lb/>
bliothecæ Polono-Poëticæ</hi> [der aber, &#x017F;o<lb/>
viel ich weiß, noch nicht herausgekom-<lb/>
men] ans Licht treten zu la&#x017F;&#x017F;en. Siehe<lb/>
die Anmerkungen u&#x0364;ber Gundlings <hi rendition="#aq">Col-<lb/>
legium hi&#x017F;torico- literar. Cap. I. §. 23.<lb/>
pag.</hi> 287. [<hi rendition="#aq">f.</hi> 31.]</note> Ta&#x017F;&#x017F;oni <note place="foot" n="9"><cb/>
S. <hi rendition="#aq">Pen&#x017F;ieri diver&#x017F;i di Ale&#x017F;&#x017F;andro<lb/>
Ta&#x017F;&#x017F;oni L. X. cap. XIV. pag.</hi> 394. Die&#x017F;en<lb/>
Tadler des Homer und Petrarchs kann<lb/>
man aus dem <hi rendition="#aq">Erythræo, Pinac. imag.<lb/>
illu&#x017F;tr. T. I. p.</hi> 185. kennen lernen.</note> hat das Vergnu&#x0364;gen gehabt, &#x017F;eine Landesleute<lb/>
in der lyri&#x017F;chen Poe&#x017F;ie &#x017F;o vortrefflich zu finden, als die Griechen und<lb/>
Ro&#x0364;mer. Es &#x017F;tand die&#x017F;e Freude einem Manne zu go&#x0364;nnen, der es<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;auer werden ließ, die Alten zu verkleinern.</p><lb/>
      <p>Die alten Lieder der Spanier &#x017F;ind Romanzen und Villanellen.<lb/>
Die Romanzen be&#x017F;tehe<supplied>n</supplied> <supplied>a</supplied>us Zeilen von &#x017F;echs oder acht Sylben und<lb/>
vierzeiligten Strophen, welche &#x017F;ie <hi rendition="#aq">Coplas</hi> und <hi rendition="#aq">Redondillas</hi> nen-<lb/>
nen. Jm funfzehnten Jahrhundert haben Bo&#x017F;can und Garcil-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;o de la Vega ver&#x017F;chiedene Arten der italia&#x0364;ni&#x017F;chen Dichtkun&#x017F;t in<lb/>
die &#x017F;pani&#x017F;che eingefu&#x0364;hret, die &#x017F;on&#x017F;t weniger Freyheiten hat, als<lb/>
jene, ob &#x017F;ie gleich die &#x017F;ogenannten <hi rendition="#aq">rimes a&#x017F;&#x017F;onantes</hi> duldet. <note xml:id="seg2pn_1_1" next="#seg2pn_1_2" place="foot" n="10"><cb/><hi rendition="#aq">La <hi rendition="#i">rime a&#x017F;&#x017F;onante</hi> n&#x2019;e&#x017F;t pas propre-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">ment</hi></fw></note><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0010] Schoͤnheiten, als in dieſen, und den meiſten andern, Liedern der Jtaliaͤner. Man hat mich auch verſichert, daß viele Scherz- und Liebeslieder der Polen und die kriegeriſchen Dumy der Coſaken, zu welchen ſie auf der Pandore zu ſpielen pflegen, in ihrer Art un- vergleichlich ſind und den beliebteſten Geſaͤngen der Franzoſen und Jtaliaͤner den Vorzug ſtreitig machen koͤnnten. Dem beruͤhmten Woywoden von Rußland, Jablonowsky, ſollen auch ſeine Lieder nicht weniger Ehre gebracht haben, als ſeine Ueberſetzung aͤſopiſcher Fabeln. 8 Taſſoni 9 hat das Vergnuͤgen gehabt, ſeine Landesleute in der lyriſchen Poeſie ſo vortrefflich zu finden, als die Griechen und Roͤmer. Es ſtand dieſe Freude einem Manne zu goͤnnen, der es ſich ſo ſauer werden ließ, die Alten zu verkleinern. Die alten Lieder der Spanier ſind Romanzen und Villanellen. Die Romanzen beſtehen aus Zeilen von ſechs oder acht Sylben und vierzeiligten Strophen, welche ſie Coplas und Redondillas nen- nen. Jm funfzehnten Jahrhundert haben Boſcan und Garcil- laſſo de la Vega verſchiedene Arten der italiaͤniſchen Dichtkunſt in die ſpaniſche eingefuͤhret, die ſonſt weniger Freyheiten hat, als jene, ob ſie gleich die ſogenannten rimes aſſonantes duldet. 10 Die 8 M. A. Trotz gedachte dieſe Ueber- ſetzung in dem zweyten Theile ſeiner Bi- bliothecæ Polono-Poëticæ [der aber, ſo viel ich weiß, noch nicht herausgekom- men] ans Licht treten zu laſſen. Siehe die Anmerkungen uͤber Gundlings Col- legium hiſtorico- literar. Cap. I. §. 23. pag. 287. [f. 31.] 9 S. Penſieri diverſi di Aleſſandro Taſſoni L. X. cap. XIV. pag. 394. Dieſen Tadler des Homer und Petrarchs kann man aus dem Erythræo, Pinac. imag. illuſtr. T. I. p. 185. kennen lernen. 10 La rime aſſonante n’eſt pas propre- ment

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742/10
Zitationshilfe: Hagedorn, Friedrich von: Sammlung Neuer Oden und Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hagedorn_sammlung01_1742/10>, abgerufen am 26.04.2024.