Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.Der wahre Vater Christi. XVII. kanonischen, die sogenannten "echten" Evangelien. Nun findetsich aber in einem jener apokryphen Evangelien eine historische Angabe, die auch durch den "Sepher Toldoth Jeschua" bestätigt wird, und die wahrscheinlich das "Welträthsel" von der übernatürlichen Empfängniß und Geburt Christi ganz einfach und natürlich löst. Jener Geschichtschreiber erzählt mit trockenen Worten in einem Satze die merkwürdige Novelle, welche diese Lösung enthält: "Josephus Pandera, der römische Haupt- mann einer kalabresischen Legion, welche in Judäa stand, ver- führte Mirjam von Bethlehem, ein hebräisches Mädchen, und wurde der Vater von Jesus." Auch andere Angaben desselben über Mirjam (hebräischer Name für Maria) lauten für die "reine Himmelskönigin" recht bedenklich! Natürlich werden diese historischen Angaben von den offi- Der wahre Vater Chriſti. XVII. kanoniſchen, die ſogenannten „echten“ Evangelien. Nun findetſich aber in einem jener apokryphen Evangelien eine hiſtoriſche Angabe, die auch durch den „Sepher Toldoth Jeſchua“ beſtätigt wird, und die wahrſcheinlich das „Welträthſel“ von der übernatürlichen Empfängniß und Geburt Chriſti ganz einfach und natürlich löſt. Jener Geſchichtſchreiber erzählt mit trockenen Worten in einem Satze die merkwürdige Novelle, welche dieſe Löſung enthält: „Joſephus Pandera, der römiſche Haupt- mann einer kalabreſiſchen Legion, welche in Judäa ſtand, ver- führte Mirjam von Bethlehem, ein hebräiſches Mädchen, und wurde der Vater von Jeſus.“ Auch andere Angaben desſelben über Mirjam (hebräiſcher Name für Maria) lauten für die „reine Himmelskönigin“ recht bedenklich! Natürlich werden dieſe hiſtoriſchen Angaben von den offi- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0394" n="378"/><fw place="top" type="header">Der wahre Vater Chriſti. <hi rendition="#aq">XVII.</hi></fw><lb/> kanoniſchen, die ſogenannten „echten“ Evangelien. Nun findet<lb/> ſich aber in einem jener apokryphen Evangelien eine hiſtoriſche<lb/> Angabe, die auch durch den „<hi rendition="#g">Sepher Toldoth Jeſchua</hi>“<lb/> beſtätigt wird, und die wahrſcheinlich das „<hi rendition="#g">Welträthſel</hi>“ von<lb/> der übernatürlichen Empfängniß und Geburt Chriſti ganz einfach<lb/> und natürlich löſt. Jener Geſchichtſchreiber erzählt mit trockenen<lb/> Worten in einem Satze die merkwürdige Novelle, welche dieſe<lb/> Löſung enthält: „<hi rendition="#g">Joſephus Pandera</hi>, der römiſche Haupt-<lb/> mann einer kalabreſiſchen Legion, welche in Judäa ſtand, ver-<lb/> führte <hi rendition="#g">Mirjam</hi> von Bethlehem, ein hebräiſches Mädchen, und<lb/> wurde der <hi rendition="#g">Vater von Jeſus</hi>.“ Auch andere Angaben<lb/> desſelben über <hi rendition="#g">Mirjam</hi> (hebräiſcher Name für <hi rendition="#g">Maria</hi>) lauten<lb/> für die „reine Himmelskönigin“ recht bedenklich!</p><lb/> <p>Natürlich werden dieſe hiſtoriſchen Angaben von den offi-<lb/> ciellen Theologen ſorgfältig verſchwiegen, da ſie ſchlecht zu dem<lb/> traditionellen Mythus paſſen und den Schleier von deſſen Ge-<lb/> heimniß in ſehr einfacher und natürlicher Weiſe lüften. Um ſo<lb/> mehr iſt es gutes Recht der <hi rendition="#g">objektiven Wahrheitsforſchung</hi><lb/> und heilige Pflicht der <hi rendition="#g">reinen Vernunft</hi>, dieſe wichtigen<lb/> Angaben kritiſch zu prüfen. Da ergiebt ſich denn, daß dieſelben<lb/> ſicher weit mehr Anrecht auf Glaubwürdigkeit haben als alle<lb/> anderen Behauptungen über den Urſprung Chriſti. Da wir die<lb/> übernatürliche Erzeugung durch „Ueberſchattung des Höchſten“<lb/> aus den bekannten wiſſenſchaftlichen Principien überhaupt als<lb/> reinen Mythus ablehnen müſſen, bleibt nur noch die weit-<lb/> verbreitete Behauptung der modernen „rationellen Theologie“<lb/> übrig, daß der jüdiſche Zimmermann <hi rendition="#g">Joſeph</hi> der wahre Vater<lb/> von Chriſtus geweſen ſei. Dieſe Annahme wird aber durch ver-<lb/> ſchiedene Sätze des Evangeliums ausdrücklich widerlegt; Chriſtus<lb/> ſelbſt war überzeugt, „<hi rendition="#g">Gottes Sohn</hi>“ zu ſein, und hat nie-<lb/> mals ſeinen Stiefvater Joſeph als ſeinen Erzeuger anerkannt.<lb/> Joſeph aber wollte ſeine Braut Maria verlaſſen, als er entdeckte,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [378/0394]
Der wahre Vater Chriſti. XVII.
kanoniſchen, die ſogenannten „echten“ Evangelien. Nun findet
ſich aber in einem jener apokryphen Evangelien eine hiſtoriſche
Angabe, die auch durch den „Sepher Toldoth Jeſchua“
beſtätigt wird, und die wahrſcheinlich das „Welträthſel“ von
der übernatürlichen Empfängniß und Geburt Chriſti ganz einfach
und natürlich löſt. Jener Geſchichtſchreiber erzählt mit trockenen
Worten in einem Satze die merkwürdige Novelle, welche dieſe
Löſung enthält: „Joſephus Pandera, der römiſche Haupt-
mann einer kalabreſiſchen Legion, welche in Judäa ſtand, ver-
führte Mirjam von Bethlehem, ein hebräiſches Mädchen, und
wurde der Vater von Jeſus.“ Auch andere Angaben
desſelben über Mirjam (hebräiſcher Name für Maria) lauten
für die „reine Himmelskönigin“ recht bedenklich!
Natürlich werden dieſe hiſtoriſchen Angaben von den offi-
ciellen Theologen ſorgfältig verſchwiegen, da ſie ſchlecht zu dem
traditionellen Mythus paſſen und den Schleier von deſſen Ge-
heimniß in ſehr einfacher und natürlicher Weiſe lüften. Um ſo
mehr iſt es gutes Recht der objektiven Wahrheitsforſchung
und heilige Pflicht der reinen Vernunft, dieſe wichtigen
Angaben kritiſch zu prüfen. Da ergiebt ſich denn, daß dieſelben
ſicher weit mehr Anrecht auf Glaubwürdigkeit haben als alle
anderen Behauptungen über den Urſprung Chriſti. Da wir die
übernatürliche Erzeugung durch „Ueberſchattung des Höchſten“
aus den bekannten wiſſenſchaftlichen Principien überhaupt als
reinen Mythus ablehnen müſſen, bleibt nur noch die weit-
verbreitete Behauptung der modernen „rationellen Theologie“
übrig, daß der jüdiſche Zimmermann Joſeph der wahre Vater
von Chriſtus geweſen ſei. Dieſe Annahme wird aber durch ver-
ſchiedene Sätze des Evangeliums ausdrücklich widerlegt; Chriſtus
ſelbſt war überzeugt, „Gottes Sohn“ zu ſein, und hat nie-
mals ſeinen Stiefvater Joſeph als ſeinen Erzeuger anerkannt.
Joſeph aber wollte ſeine Braut Maria verlaſſen, als er entdeckte,
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