Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.Phylogenie des Bewußtseins. X. Organen, allmählich entwickelt, läßt schon von vornherein schließen,daß dasselbe auch innerhalb der Thierreihe sich stufenweise historisch entwickelt hat. So sicher wir aber auch eine solche natürliche Stammesgeschichte des Bewußtseins im Princip behaupten müssen, so wenig sind wir doch leider im Stande, tiefer in dieselbe einzudringen und specielle Hypothesen darüber aufzustellen. Indessen liefert uns die Paläontologie doch einige interessante Anhaltspunkte, die nicht ohne Bedeutung sind. Auffallend ist z. B. die bedeutende, quantitative und qualitative Entwickelung des Gehirns der placentalen Säuge- thiere innerhalb der Tertiär-Zeit. An vielen fossilen Schädeln derselben ist die innere Schädelhöhle genau bekannt und liefert uns sichere Aufschlüsse über die Größe und theilweise auch über den Bau des davon umschlossenen Gehirns. Da zeigt sich denn innerhalb einer und derselben Legion (z. B. der Huf- thiere, der Raubthiere, der Herrenthiere) ein gewaltiger Fort- schritt von den älteren eocänen und oligocänen zu den jüngeren miocänen und pliocänen Vertretern desselben Stammes; bei den letzteren ist das Gehirn (im Verhältniß zur Körpergröße) 6-8 mal so groß als bei den ersteren. Auch jene höchste Entwickelungsstufe des Bewußtseins, welche Phylogenie des Bewußtſeins. X. Organen, allmählich entwickelt, läßt ſchon von vornherein ſchließen,daß dasſelbe auch innerhalb der Thierreihe ſich ſtufenweiſe hiſtoriſch entwickelt hat. So ſicher wir aber auch eine ſolche natürliche Stammesgeſchichte des Bewußtſeins im Princip behaupten müſſen, ſo wenig ſind wir doch leider im Stande, tiefer in dieſelbe einzudringen und ſpecielle Hypotheſen darüber aufzuſtellen. Indeſſen liefert uns die Paläontologie doch einige intereſſante Anhaltspunkte, die nicht ohne Bedeutung ſind. Auffallend iſt z. B. die bedeutende, quantitative und qualitative Entwickelung des Gehirns der placentalen Säuge- thiere innerhalb der Tertiär-Zeit. An vielen foſſilen Schädeln derſelben iſt die innere Schädelhöhle genau bekannt und liefert uns ſichere Aufſchlüſſe über die Größe und theilweiſe auch über den Bau des davon umſchloſſenen Gehirns. Da zeigt ſich denn innerhalb einer und derſelben Legion (z. B. der Huf- thiere, der Raubthiere, der Herrenthiere) ein gewaltiger Fort- ſchritt von den älteren eocänen und oligocänen zu den jüngeren miocänen und pliocänen Vertretern desſelben Stammes; bei den letzteren iſt das Gehirn (im Verhältniß zur Körpergröße) 6-8 mal ſo groß als bei den erſteren. 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Phylogenie des Bewußtſeins. X.
Organen, allmählich entwickelt, läßt ſchon von vornherein ſchließen,
daß dasſelbe auch innerhalb der Thierreihe ſich ſtufenweiſe
hiſtoriſch entwickelt hat. So ſicher wir aber auch eine ſolche
natürliche Stammesgeſchichte des Bewußtſeins im
Princip behaupten müſſen, ſo wenig ſind wir doch leider im
Stande, tiefer in dieſelbe einzudringen und ſpecielle Hypotheſen
darüber aufzuſtellen. Indeſſen liefert uns die Paläontologie
doch einige intereſſante Anhaltspunkte, die nicht ohne Bedeutung
ſind. Auffallend iſt z. B. die bedeutende, quantitative und
qualitative Entwickelung des Gehirns der placentalen Säuge-
thiere innerhalb der Tertiär-Zeit. An vielen foſſilen
Schädeln derſelben iſt die innere Schädelhöhle genau bekannt
und liefert uns ſichere Aufſchlüſſe über die Größe und theilweiſe
auch über den Bau des davon umſchloſſenen Gehirns. Da zeigt
ſich denn innerhalb einer und derſelben Legion (z. B. der Huf-
thiere, der Raubthiere, der Herrenthiere) ein gewaltiger Fort-
ſchritt von den älteren eocänen und oligocänen zu den jüngeren
miocänen und pliocänen Vertretern desſelben Stammes; bei den
letzteren iſt das Gehirn (im Verhältniß zur Körpergröße) 6-8 mal
ſo groß als bei den erſteren.
Auch jene höchſte Entwickelungsſtufe des Bewußtſeins, welche
nur der Kulturmenſch erreicht, hat ſich erſt allmählich und
ſtufenweiſe — eben durch den Fortſchritt der Kultur ſelbſt —
aus niederen Zuſtänden entwickelt, wie wir ſie noch heute bei
primitiven Naturvölkern antreffen. Das zeigt uns ſchon die
Vergleichung ihrer Sprachen, welche mit derjenigen der Be-
griffe eng verknüpft iſt. Je höher ſich beim denkenden Kultur-
Menſchen die Begriffs-Bildung entwickelt, je mehr er fähig
wird, aus zahlreichen verſchiedenen Einzelheiten die gemeinſamen
Merkmale zuſammenzufaſſen und unter allgemeine Begriffe zu
bringen, deſto klarer und tiefer wird damit ſein Bewußtſein.
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