betrifft, so finden Sie dieselben in den bekannten trefflichen Schriften von Huxley 26), Carl Vogt27) und Rolle29) ausführlich er- örtert. Jch beschränke mich daher auf die Mittheilung des wichtigsten allgemeinen Resultats, welches ihre allseitige Vergleichung mit dem Menschen ergeben hat, daß nämlich jeder von den vier Menschenaffen dem Menschen in einer oder einigen Beziehungen näher steht, als die übrigen, daß aber keiner als der absolut in jeder Beziehung menschen- ähnlichste bezeichnet werden kann. Der Orang steht dem Menschen am nächsten in Bezug auf die Gehirnbildung, der Schimpanse durch wich- tige Eigenthümlichkeiten der Schädelbildung, der Gorilla hinsichtlich der Ausbildung der Füße und Hände, und der Gibbon endlich in der Bil- dung des Brustkastens.
Es ergiebt sich also aus der sorgfältigsten vergleichenden Anato- mie der Anthropoiden ein ganz ähnliches Resultat, wie es Weis- bach aus der statistischen Zusammenstellung und denkenden Verglei- chung der sehr zahlreichen und sorgfältigen Körpermessungen erhalten hat, die Scherzer und Schwarz während der Reise der österreichi- schen Fregatte Novara um die Erde an Jndividuen verschiedener Men- schenrassen angestellt haben. Weisbach faßt das Endresultat seiner gründlichen Untersuchungen in folgenden Worten zusammen: "Die Affenähnlichkeit des Menschen concentrirt sich keineswegs bei einem oder dem anderen Volke, sondern vertheilt sich derart auf die ein- zelnen Körperabschnitte bei den verschiedenen Völkern, daß jedes mit irgend einem Erbstücke dieser Verwandtschaft, freilich das eine mehr, das andere weniger bedacht ist, und selbst wir Europäer durchaus nicht beanspruchen dürfen, dieser Verwandtschaft vollständig fremd zu sein". (Novara-Reise, Anthropholog. Theil, II, 269).
Ausdrücklich will ich hier noch hervorheben, was eigentlich frei- lich selbstverständlich ist, daß kein einziger von allen jetzt leben- den Affen, und also auch keiner von den genannten Men- schenaffen der Stammvater des Menschengeschlechts sein kann. Von denkenden Anhängern der Descendenztheorie ist diese Meinung auch niemals behauptet, wohl aber von ihren gedankenlosen
Vergleichung der Menſchenaffen und der Menſchen.
betrifft, ſo finden Sie dieſelben in den bekannten trefflichen Schriften von Huxley 26), Carl Vogt27) und Rolle29) ausfuͤhrlich er- oͤrtert. Jch beſchraͤnke mich daher auf die Mittheilung des wichtigſten allgemeinen Reſultats, welches ihre allſeitige Vergleichung mit dem Menſchen ergeben hat, daß naͤmlich jeder von den vier Menſchenaffen dem Menſchen in einer oder einigen Beziehungen naͤher ſteht, als die uͤbrigen, daß aber keiner als der abſolut in jeder Beziehung menſchen- aͤhnlichſte bezeichnet werden kann. Der Orang ſteht dem Menſchen am naͤchſten in Bezug auf die Gehirnbildung, der Schimpanſe durch wich- tige Eigenthuͤmlichkeiten der Schaͤdelbildung, der Gorilla hinſichtlich der Ausbildung der Fuͤße und Haͤnde, und der Gibbon endlich in der Bil- dung des Bruſtkaſtens.
Es ergiebt ſich alſo aus der ſorgfaͤltigſten vergleichenden Anato- mie der Anthropoiden ein ganz aͤhnliches Reſultat, wie es Weis- bach aus der ſtatiſtiſchen Zuſammenſtellung und denkenden Verglei- chung der ſehr zahlreichen und ſorgfaͤltigen Koͤrpermeſſungen erhalten hat, die Scherzer und Schwarz waͤhrend der Reiſe der oͤſterreichi- ſchen Fregatte Novara um die Erde an Jndividuen verſchiedener Men- ſchenraſſen angeſtellt haben. Weisbach faßt das Endreſultat ſeiner gruͤndlichen Unterſuchungen in folgenden Worten zuſammen: „Die Affenaͤhnlichkeit des Menſchen concentrirt ſich keineswegs bei einem oder dem anderen Volke, ſondern vertheilt ſich derart auf die ein- zelnen Koͤrperabſchnitte bei den verſchiedenen Voͤlkern, daß jedes mit irgend einem Erbſtuͤcke dieſer Verwandtſchaft, freilich das eine mehr, das andere weniger bedacht iſt, und ſelbſt wir Europaͤer durchaus nicht beanſpruchen duͤrfen, dieſer Verwandtſchaft vollſtaͤndig fremd zu ſein“. (Novara-Reiſe, Anthropholog. Theil, II, 269).
Ausdruͤcklich will ich hier noch hervorheben, was eigentlich frei- lich ſelbſtverſtaͤndlich iſt, daß kein einziger von allen jetzt leben- den Affen, und alſo auch keiner von den genannten Men- ſchenaffen der Stammvater des Menſchengeſchlechts ſein kann. Von denkenden Anhaͤngern der Deſcendenztheorie iſt dieſe Meinung auch niemals behauptet, wohl aber von ihren gedankenloſen
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Vergleichung der Menſchenaffen und der Menſchen.
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oͤrtert. Jch beſchraͤnke mich daher auf die Mittheilung des wichtigſten
allgemeinen Reſultats, welches ihre allſeitige Vergleichung mit dem
Menſchen ergeben hat, daß naͤmlich jeder von den vier Menſchenaffen
dem Menſchen in einer oder einigen Beziehungen naͤher ſteht, als die
uͤbrigen, daß aber keiner als der abſolut in jeder Beziehung menſchen-
aͤhnlichſte bezeichnet werden kann. Der Orang ſteht dem Menſchen am
naͤchſten in Bezug auf die Gehirnbildung, der Schimpanſe durch wich-
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Es ergiebt ſich alſo aus der ſorgfaͤltigſten vergleichenden Anato-
mie der Anthropoiden ein ganz aͤhnliches Reſultat, wie es Weis-
bach aus der ſtatiſtiſchen Zuſammenſtellung und denkenden Verglei-
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hat, die Scherzer und Schwarz waͤhrend der Reiſe der oͤſterreichi-
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ſchenraſſen angeſtellt haben. Weisbach faßt das Endreſultat ſeiner
gruͤndlichen Unterſuchungen in folgenden Worten zuſammen: „Die
Affenaͤhnlichkeit des Menſchen concentrirt ſich keineswegs bei
einem oder dem anderen Volke, ſondern vertheilt ſich derart auf die ein-
zelnen Koͤrperabſchnitte bei den verſchiedenen Voͤlkern, daß jedes mit
irgend einem Erbſtuͤcke dieſer Verwandtſchaft, freilich das
eine mehr, das andere weniger bedacht iſt, und ſelbſt wir Europaͤer
durchaus nicht beanſpruchen duͤrfen, dieſer Verwandtſchaft vollſtaͤndig
fremd zu ſein“. (Novara-Reiſe, Anthropholog. Theil, II, 269).
Ausdruͤcklich will ich hier noch hervorheben, was eigentlich frei-
lich ſelbſtverſtaͤndlich iſt, daß kein einziger von allen jetzt leben-
den Affen, und alſo auch keiner von den genannten Men-
ſchenaffen der Stammvater des Menſchengeſchlechts
ſein kann. Von denkenden Anhaͤngern der Deſcendenztheorie iſt dieſe
Meinung auch niemals behauptet, wohl aber von ihren gedankenloſen
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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/523>, abgerufen am 24.07.2024.
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