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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Nesselthiere oder Akalephen. Blumenthiere oder Korallen.
men (Silicispongiae), zu denen auch unsere Süßwasserschwämme
(Spongilla) gehören, besteht das Skelet aus vielen einzelnen Kiesel-
nadeln, bei den Kalkschwämmen (Calcispongiae) dagegen aus
Kalknadeln. Bei den Becherschwämmen (Petrospongiae), welche
schon längst ausgestorben sind, aber massenhaft versteinert in den pa-
läolithischen und besonders in den mesolithischen Schichten vor-
kommen, bildete das Skelet ein sehr regelmäßiges Gerüst von der
Gestalt eines Bechers, eines Trichters, oder auch eines Hutpilzes.

Die Nesselthiere (Acalephae), welche sich durch die höhere
Differenzirung der Organe und Gewebe und ganz besonders durch den
Besitz der Nesselorgane von den Schwämmen unterscheiden, haben sich
wahrscheinlich schon frühzeitig in der Primordialzeit aus diesen ent-
wickelt. Man theilt diese Hauptklasse allgemein in drei Klassen, in die
Korallen, Schirmquallen und Kammquallen (Vergl. Gen. Morph. II,
Taf. III, S. L--LXI).

Die Klasse der Korallen (Corallia), wegen der Blumengestalt
der einzelnen Jndividuen auch Blumenthiere (Anthozoa) ge-
nannt, schließt sich in vielfacher Beziehung auf das engste an die
Schwämme an, aus denen sie sich vielleicht unmittelbar entwickelt
hat. Einige Kieselschwämme (z. B. Axinella polypoides) scheinen
noch heutzutage unmittelbar den Uebergang zwischen beiden Klassen
zu vermitteln. Die Gegenstücke oder Antimeren, d. h. die gleicharti-
gen Hauptabschnitte des Körpers, welche strahlenförmig vertheilt, um
die mittlere Hauptaxe des Körpers herumstehen, und deren Zahl bei
den Schwämmen (wenn sie hier überhaupt differenzirt sind) schwan-
kend ist, erscheinen bei den Korallen in verschiedener, aber sehr con-
stanter Zahl. Je nach dieser Zahl unterscheiden wir unter den Ko-
rallen drei verschiedene Ordnungen, welche als drei Aeste einer gemein-
samen Stammform aufzufassen sind. Diese drei Ordnungen, deren
Jndividuen oder Polypen aus je vier, sechs oder acht Gegenstücken re-
gelmäßig zusammengesetzt erscheinen, sind die vierzähligen (Te-
tracorallia),
die sechszähligen (Hexacorallia) und die achtzäh-
ligen
Korallen (Octocorallia).

Neſſelthiere oder Akalephen. Blumenthiere oder Korallen.
men (Silicispongiae), zu denen auch unſere Suͤßwaſſerſchwaͤmme
(Spongilla) gehoͤren, beſteht das Skelet aus vielen einzelnen Kieſel-
nadeln, bei den Kalkſchwaͤmmen (Calcispongiae) dagegen aus
Kalknadeln. Bei den Becherſchwaͤmmen (Petrospongiae), welche
ſchon laͤngſt ausgeſtorben ſind, aber maſſenhaft verſteinert in den pa-
laͤolithiſchen und beſonders in den meſolithiſchen Schichten vor-
kommen, bildete das Skelet ein ſehr regelmaͤßiges Geruͤſt von der
Geſtalt eines Bechers, eines Trichters, oder auch eines Hutpilzes.

Die Neſſelthiere (Acalephae), welche ſich durch die hoͤhere
Differenzirung der Organe und Gewebe und ganz beſonders durch den
Beſitz der Neſſelorgane von den Schwaͤmmen unterſcheiden, haben ſich
wahrſcheinlich ſchon fruͤhzeitig in der Primordialzeit aus dieſen ent-
wickelt. Man theilt dieſe Hauptklaſſe allgemein in drei Klaſſen, in die
Korallen, Schirmquallen und Kammquallen (Vergl. Gen. Morph. II,
Taf. III, S. L—LXI).

Die Klaſſe der Korallen (Corallia), wegen der Blumengeſtalt
der einzelnen Jndividuen auch Blumenthiere (Anthozoa) ge-
nannt, ſchließt ſich in vielfacher Beziehung auf das engſte an die
Schwaͤmme an, aus denen ſie ſich vielleicht unmittelbar entwickelt
hat. Einige Kieſelſchwaͤmme (z. B. Axinella polypoides) ſcheinen
noch heutzutage unmittelbar den Uebergang zwiſchen beiden Klaſſen
zu vermitteln. Die Gegenſtuͤcke oder Antimeren, d. h. die gleicharti-
gen Hauptabſchnitte des Koͤrpers, welche ſtrahlenfoͤrmig vertheilt, um
die mittlere Hauptaxe des Koͤrpers herumſtehen, und deren Zahl bei
den Schwaͤmmen (wenn ſie hier uͤberhaupt differenzirt ſind) ſchwan-
kend iſt, erſcheinen bei den Korallen in verſchiedener, aber ſehr con-
ſtanter Zahl. Je nach dieſer Zahl unterſcheiden wir unter den Ko-
rallen drei verſchiedene Ordnungen, welche als drei Aeſte einer gemein-
ſamen Stammform aufzufaſſen ſind. Dieſe drei Ordnungen, deren
Jndividuen oder Polypen aus je vier, ſechs oder acht Gegenſtuͤcken re-
gelmaͤßig zuſammengeſetzt erſcheinen, ſind die vierzaͤhligen (Te-
tracorallia),
die ſechszaͤhligen (Hexacorallia) und die achtzaͤh-
ligen
Korallen (Octocorallia).

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[399/0424] Neſſelthiere oder Akalephen. Blumenthiere oder Korallen. men (Silicispongiae), zu denen auch unſere Suͤßwaſſerſchwaͤmme (Spongilla) gehoͤren, beſteht das Skelet aus vielen einzelnen Kieſel- nadeln, bei den Kalkſchwaͤmmen (Calcispongiae) dagegen aus Kalknadeln. Bei den Becherſchwaͤmmen (Petrospongiae), welche ſchon laͤngſt ausgeſtorben ſind, aber maſſenhaft verſteinert in den pa- laͤolithiſchen und beſonders in den meſolithiſchen Schichten vor- kommen, bildete das Skelet ein ſehr regelmaͤßiges Geruͤſt von der Geſtalt eines Bechers, eines Trichters, oder auch eines Hutpilzes. Die Neſſelthiere (Acalephae), welche ſich durch die hoͤhere Differenzirung der Organe und Gewebe und ganz beſonders durch den Beſitz der Neſſelorgane von den Schwaͤmmen unterſcheiden, haben ſich wahrſcheinlich ſchon fruͤhzeitig in der Primordialzeit aus dieſen ent- wickelt. Man theilt dieſe Hauptklaſſe allgemein in drei Klaſſen, in die Korallen, Schirmquallen und Kammquallen (Vergl. Gen. Morph. II, Taf. III, S. L—LXI). Die Klaſſe der Korallen (Corallia), wegen der Blumengeſtalt der einzelnen Jndividuen auch Blumenthiere (Anthozoa) ge- nannt, ſchließt ſich in vielfacher Beziehung auf das engſte an die Schwaͤmme an, aus denen ſie ſich vielleicht unmittelbar entwickelt hat. Einige Kieſelſchwaͤmme (z. B. Axinella polypoides) ſcheinen noch heutzutage unmittelbar den Uebergang zwiſchen beiden Klaſſen zu vermitteln. Die Gegenſtuͤcke oder Antimeren, d. h. die gleicharti- gen Hauptabſchnitte des Koͤrpers, welche ſtrahlenfoͤrmig vertheilt, um die mittlere Hauptaxe des Koͤrpers herumſtehen, und deren Zahl bei den Schwaͤmmen (wenn ſie hier uͤberhaupt differenzirt ſind) ſchwan- kend iſt, erſcheinen bei den Korallen in verſchiedener, aber ſehr con- ſtanter Zahl. Je nach dieſer Zahl unterſcheiden wir unter den Ko- rallen drei verſchiedene Ordnungen, welche als drei Aeſte einer gemein- ſamen Stammform aufzufaſſen ſind. Dieſe drei Ordnungen, deren Jndividuen oder Polypen aus je vier, ſechs oder acht Gegenſtuͤcken re- gelmaͤßig zuſammengeſetzt erſcheinen, ſind die vierzaͤhligen (Te- tracorallia), die ſechszaͤhligen (Hexacorallia) und die achtzaͤh- ligen Korallen (Octocorallia).

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/424>, abgerufen am 22.11.2024.