Endgültige Begründung der monistischen Naturauffassung.
nen, ihre Gegner aber, deren Beweisgründe Tortur und Scheiter- haufen sind, "Jdealisten".
Durch Darwins Lehre wird es uns zum erstenmal möglich, diese Einheit der Natur so zu begründen, daß eine mechanisch-causale Erklärung auch der verwickeltsten organischen Erscheinungen z. B. der Entstehung und Einrichtung der Sinnesorgane, in der That nicht mehr Schwierigkeiten für das allgemeine Verständniß hat, als die me- chanische Erklärung irgend eines physikalischen Prozesses, wie es z. B. in der Meteorologie die Richtung des Windes oder die Strömungen des Meeres sind. Wir gelangen dadurch zu der äußerst wichtigen Ueberzeugung, daß alle Naturkörper, die wir kennen, gleich- mäßig belebt sind, daß der Gegensatz, welchen man zwischen leben- diger und todter Körperwelt aufstellte, nicht existirt. Wenn ein Stein, frei in die Luft geworfen, nach bestimmten Gesetzen zur Erde fällt, oder wenn in einer Salzlösung sich ein Krystall bildet, so ist diese Er- scheinung nicht mehr und nicht minder eine mechanische Lebenserschei- nung, als das Wachsthum oder das Blühen der Pflanzen, als die Fortpflanzung oder die Sinnesthätigkeit der Thiere, als die Empfin- dung oder die Gedankenbildung des Menschen Jn dieser Herstel- lung der einheitlichen oder monistischen Naturauffas- sung liegt das höchste und allgemeinste Verdienst der von Darwin reformirten Abstammungslehre.
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Endguͤltige Begruͤndung der moniſtiſchen Naturauffaſſung.
nen, ihre Gegner aber, deren Beweisgruͤnde Tortur und Scheiter- haufen ſind, „Jdealiſten“.
Durch Darwins Lehre wird es uns zum erſtenmal moͤglich, dieſe Einheit der Natur ſo zu begruͤnden, daß eine mechaniſch-cauſale Erklaͤrung auch der verwickeltſten organiſchen Erſcheinungen z. B. der Entſtehung und Einrichtung der Sinnesorgane, in der That nicht mehr Schwierigkeiten fuͤr das allgemeine Verſtaͤndniß hat, als die me- chaniſche Erklaͤrung irgend eines phyſikaliſchen Prozeſſes, wie es z. B. in der Meteorologie die Richtung des Windes oder die Stroͤmungen des Meeres ſind. Wir gelangen dadurch zu der aͤußerſt wichtigen Ueberzeugung, daß alle Naturkoͤrper, die wir kennen, gleich- maͤßig belebt ſind, daß der Gegenſatz, welchen man zwiſchen leben- diger und todter Koͤrperwelt aufſtellte, nicht exiſtirt. Wenn ein Stein, frei in die Luft geworfen, nach beſtimmten Geſetzen zur Erde faͤllt, oder wenn in einer Salzloͤſung ſich ein Kryſtall bildet, ſo iſt dieſe Er- ſcheinung nicht mehr und nicht minder eine mechaniſche Lebenserſchei- nung, als das Wachsthum oder das Bluͤhen der Pflanzen, als die Fortpflanzung oder die Sinnesthaͤtigkeit der Thiere, als die Empfin- dung oder die Gedankenbildung des Menſchen Jn dieſer Herſtel- lung der einheitlichen oder moniſtiſchen Naturauffaſ- ſung liegt das hoͤchſte und allgemeinſte Verdienſt der von Darwin reformirten Abſtammungslehre.
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[19/0040]
Endguͤltige Begruͤndung der moniſtiſchen Naturauffaſſung.
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haufen ſind, „Jdealiſten“.
Durch Darwins Lehre wird es uns zum erſtenmal moͤglich,
dieſe Einheit der Natur ſo zu begruͤnden, daß eine mechaniſch-cauſale
Erklaͤrung auch der verwickeltſten organiſchen Erſcheinungen z. B. der
Entſtehung und Einrichtung der Sinnesorgane, in der That nicht
mehr Schwierigkeiten fuͤr das allgemeine Verſtaͤndniß hat, als die me-
chaniſche Erklaͤrung irgend eines phyſikaliſchen Prozeſſes, wie es z. B.
in der Meteorologie die Richtung des Windes oder die Stroͤmungen
des Meeres ſind. Wir gelangen dadurch zu der aͤußerſt wichtigen
Ueberzeugung, daß alle Naturkoͤrper, die wir kennen, gleich-
maͤßig belebt ſind, daß der Gegenſatz, welchen man zwiſchen leben-
diger und todter Koͤrperwelt aufſtellte, nicht exiſtirt. Wenn ein Stein,
frei in die Luft geworfen, nach beſtimmten Geſetzen zur Erde faͤllt,
oder wenn in einer Salzloͤſung ſich ein Kryſtall bildet, ſo iſt dieſe Er-
ſcheinung nicht mehr und nicht minder eine mechaniſche Lebenserſchei-
nung, als das Wachsthum oder das Bluͤhen der Pflanzen, als die
Fortpflanzung oder die Sinnesthaͤtigkeit der Thiere, als die Empfin-
dung oder die Gedankenbildung des Menſchen Jn dieſer Herſtel-
lung der einheitlichen oder moniſtiſchen Naturauffaſ-
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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/40>, abgerufen am 24.11.2024.
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