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Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876.

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Die Vererbung der Abänderungen, auf welcher
die ganze Stammes-Entwickelung beruht, äussert also schon
im Plastiden-Leben ihre volle Wirksamkeit, und erzeugt
eine unendliche Menge von individuell verschiedenen Plasti¬
dul-Bewegungen; und jede spätere Plastidul-Bewegung
oder mit anderen Worten das Leben jeder späteren Plastide,
sei es Cytode oder Zelle -- setzt sich demnach zusammen
einerseits aus der überwiegenden Reihe der alten Plastidul-
Bewegungen. welche durch Vererbung getreu von Gene¬
ration zu Generation sich erhalten haben, andererseits aus
einem geringen Antheil von neuen Plastidul-Bewegungen,
welche durch Anpassung erworben wurden. (Vergl. die
angehängte Tafel nebst Erklärung.) Alle diese Abän¬
derungen der Plastidule
sind natürlich durch Um¬
lagerungen der Atome
in denselben bedingt: und bei
der unendlich verwickelten und mannichfaltigen atomistischen
Zusammensetzung der Plastidule, bei ihrer ausserordent¬
lichen Unbeständigkeit und Neigung zur Zersetzung wird
sich hier der Anpassung ein unbeschränktes Feld zur
Hervorbringung neuer Formen öffnen.

Indem wir so Lamarck's Lehre von der Vererbung
der Abänderungen
-- dieser wichtigsten Voraussetzung
von Darwin's Selections-Theorie -- von den grossen viel¬
zelligen Thieren und Pflanzen, an denen sie uns hand¬
greiflich vor Augen tritt, auf die Plastiden (Cytoden und
Zellen) und von diesen wiederum auf die sie zusammen¬
setzenden Plastidule übertragen, machen wir natürlich auch
für diese letzteren die Consequenzen geltend, welche für die
ersteren sich aus der Selections-Theorie ergeben. Offenbar
herrscht "der Kampf um's Dasein unter den Mole¬

Die Vererbung der Abänderungen, auf welcher
die ganze Stammes-Entwickelung beruht, äussert also schon
im Plastiden-Leben ihre volle Wirksamkeit, und erzeugt
eine unendliche Menge von individuell verschiedenen Plasti¬
dul-Bewegungen; und jede spätere Plastidul-Bewegung
oder mit anderen Worten das Leben jeder späteren Plastide,
sei es Cytode oder Zelle — setzt sich demnach zusammen
einerseits aus der überwiegenden Reihe der alten Plastidul-
Bewegungen. welche durch Vererbung getreu von Gene¬
ration zu Generation sich erhalten haben, andererseits aus
einem geringen Antheil von neuen Plastidul-Bewegungen,
welche durch Anpassung erworben wurden. (Vergl. die
angehängte Tafel nebst Erklärung.) Alle diese Abän¬
derungen der Plastidule
sind natürlich durch Um¬
lagerungen der Atome
in denselben bedingt: und bei
der unendlich verwickelten und mannichfaltigen atomistischen
Zusammensetzung der Plastidule, bei ihrer ausserordent¬
lichen Unbeständigkeit und Neigung zur Zersetzung wird
sich hier der Anpassung ein unbeschränktes Feld zur
Hervorbringung neuer Formen öffnen.

Indem wir so Lamarck's Lehre von der Vererbung
der Abänderungen
— dieser wichtigsten Voraussetzung
von Darwin's Selections-Theorie — von den grossen viel¬
zelligen Thieren und Pflanzen, an denen sie uns hand¬
greiflich vor Augen tritt, auf die Plastiden (Cytoden und
Zellen) und von diesen wiederum auf die sie zusammen¬
setzenden Plastidule übertragen, machen wir natürlich auch
für diese letzteren die Consequenzen geltend, welche für die
ersteren sich aus der Selections-Theorie ergeben. Offenbar
herrscht „der Kampf um's Dasein unter den Mole¬

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[47/0053] Die Vererbung der Abänderungen, auf welcher die ganze Stammes-Entwickelung beruht, äussert also schon im Plastiden-Leben ihre volle Wirksamkeit, und erzeugt eine unendliche Menge von individuell verschiedenen Plasti¬ dul-Bewegungen; und jede spätere Plastidul-Bewegung oder mit anderen Worten das Leben jeder späteren Plastide, sei es Cytode oder Zelle — setzt sich demnach zusammen einerseits aus der überwiegenden Reihe der alten Plastidul- Bewegungen. welche durch Vererbung getreu von Gene¬ ration zu Generation sich erhalten haben, andererseits aus einem geringen Antheil von neuen Plastidul-Bewegungen, welche durch Anpassung erworben wurden. (Vergl. die angehängte Tafel nebst Erklärung.) Alle diese Abän¬ derungen der Plastidule sind natürlich durch Um¬ lagerungen der Atome in denselben bedingt: und bei der unendlich verwickelten und mannichfaltigen atomistischen Zusammensetzung der Plastidule, bei ihrer ausserordent¬ lichen Unbeständigkeit und Neigung zur Zersetzung wird sich hier der Anpassung ein unbeschränktes Feld zur Hervorbringung neuer Formen öffnen. Indem wir so Lamarck's Lehre von der Vererbung der Abänderungen — dieser wichtigsten Voraussetzung von Darwin's Selections-Theorie — von den grossen viel¬ zelligen Thieren und Pflanzen, an denen sie uns hand¬ greiflich vor Augen tritt, auf die Plastiden (Cytoden und Zellen) und von diesen wiederum auf die sie zusammen¬ setzenden Plastidule übertragen, machen wir natürlich auch für diese letzteren die Consequenzen geltend, welche für die ersteren sich aus der Selections-Theorie ergeben. Offenbar herrscht „der Kampf um's Dasein unter den Mole¬

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876/53>, abgerufen am 04.05.2024.