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Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876.

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irgend etwas Anderes an ihre Stelle setzen zu können.
Wenn ich nun heute diesen Versuch hier wage, so ge¬
schieht es, weil einige, vor zehn Jahren in der "Gene¬
rellen Morphologie" niedergelegte Keime sich inzwischen
zu einer eigenen Hypothese entwickelt haben, welche mir
mehr innere Wahrscheinlichkeit als die Pangenesis zu be¬
sitzen scheint und von der ich selbst hoffen zu dürfen
glaube, dass sie sich zum Range einer genetischen Mole¬
cular-Theorie wird ausbilden lassen. Ich bezeichne diese
Hypothese als die "Perigenesis der Plastidule" oder
um eine möglichst entsprechende deutsche Bezeichnung zu
versuchen, als die "Wellenzeugung der Lebens¬
theilchen
."

Um Missverständnisse zu vermeiden und der irrigen,
gegen die Kohlenstofftheorie und gegen andere meiner
theoretischen Speculationen geltend gemachten Ansicht
vorzubeugen, dass ich ein neues "Dogma" in die Natur¬
wissenschaft einführen wolle, bemerke ich zum voraus,
dass ich auch diese "Perigenesis der Plastidule" zunächst
nur als eine "provisorische Hypothese" betrachte;
wenngleich ich die Hoffnung hege, dass darin die Keime
zu einer umfassenden Theorie liegen, von der aus vielleicht
künftig die Gesammtheit der organischen Entwickelungs-
Phänomene sich streng mechanisch, aus physikalisch-che¬
mischen Elementar-Vorgängen wird erklären lassen. Zu¬
gleich erkläre ich mit Bezug auf Charles Darwin, meinen
hochverehrten Freund und Meister, dass meine Opposition
sich ausschliesslich auf seine "Pangenesis" bezieht, wäh¬
rend ich seine übrigen theoretischen Anschauungen --
insbesondere sein eigenstes Werk. die Selectionstheorie mit

Haeckel, Perigenesis der Plastidule. 2

irgend etwas Anderes an ihre Stelle setzen zu können.
Wenn ich nun heute diesen Versuch hier wage, so ge¬
schieht es, weil einige, vor zehn Jahren in der „Gene¬
rellen Morphologie“ niedergelegte Keime sich inzwischen
zu einer eigenen Hypothese entwickelt haben, welche mir
mehr innere Wahrscheinlichkeit als die Pangenesis zu be¬
sitzen scheint und von der ich selbst hoffen zu dürfen
glaube, dass sie sich zum Range einer genetischen Mole¬
cular-Theorie wird ausbilden lassen. Ich bezeichne diese
Hypothese als die „Perigenesis der Plastidule“ oder
um eine möglichst entsprechende deutsche Bezeichnung zu
versuchen, als die „Wellenzeugung der Lebens¬
theilchen
.“

Um Missverständnisse zu vermeiden und der irrigen,
gegen die Kohlenstofftheorie und gegen andere meiner
theoretischen Speculationen geltend gemachten Ansicht
vorzubeugen, dass ich ein neues „Dogma“ in die Natur¬
wissenschaft einführen wolle, bemerke ich zum voraus,
dass ich auch diese „Perigenesis der Plastidule“ zunächst
nur als eine „provisorische Hypothese“ betrachte;
wenngleich ich die Hoffnung hege, dass darin die Keime
zu einer umfassenden Theorie liegen, von der aus vielleicht
künftig die Gesammtheit der organischen Entwickelungs-
Phänomene sich streng mechanisch, aus physikalisch-che¬
mischen Elementar-Vorgängen wird erklären lassen. Zu¬
gleich erkläre ich mit Bezug auf Charles Darwin, meinen
hochverehrten Freund und Meister, dass meine Opposition
sich ausschliesslich auf seine „Pangenesis“ bezieht, wäh¬
rend ich seine übrigen theoretischen Anschauungen —
insbesondere sein eigenstes Werk. die Selectionstheorie mit

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[17/0023] irgend etwas Anderes an ihre Stelle setzen zu können. Wenn ich nun heute diesen Versuch hier wage, so ge¬ schieht es, weil einige, vor zehn Jahren in der „Gene¬ rellen Morphologie“ niedergelegte Keime sich inzwischen zu einer eigenen Hypothese entwickelt haben, welche mir mehr innere Wahrscheinlichkeit als die Pangenesis zu be¬ sitzen scheint und von der ich selbst hoffen zu dürfen glaube, dass sie sich zum Range einer genetischen Mole¬ cular-Theorie wird ausbilden lassen. Ich bezeichne diese Hypothese als die „Perigenesis der Plastidule“ oder um eine möglichst entsprechende deutsche Bezeichnung zu versuchen, als die „Wellenzeugung der Lebens¬ theilchen.“ Um Missverständnisse zu vermeiden und der irrigen, gegen die Kohlenstofftheorie und gegen andere meiner theoretischen Speculationen geltend gemachten Ansicht vorzubeugen, dass ich ein neues „Dogma“ in die Natur¬ wissenschaft einführen wolle, bemerke ich zum voraus, dass ich auch diese „Perigenesis der Plastidule“ zunächst nur als eine „provisorische Hypothese“ betrachte; wenngleich ich die Hoffnung hege, dass darin die Keime zu einer umfassenden Theorie liegen, von der aus vielleicht künftig die Gesammtheit der organischen Entwickelungs- Phänomene sich streng mechanisch, aus physikalisch-che¬ mischen Elementar-Vorgängen wird erklären lassen. Zu¬ gleich erkläre ich mit Bezug auf Charles Darwin, meinen hochverehrten Freund und Meister, dass meine Opposition sich ausschliesslich auf seine „Pangenesis“ bezieht, wäh¬ rend ich seine übrigen theoretischen Anschauungen — insbesondere sein eigenstes Werk. die Selectionstheorie mit Haeckel, Perigenesis der Plastidule. 2

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876/23>, abgerufen am 20.04.2024.