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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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II. Grundformen der Organe.
leichte Modificationen aus der Homaxonform ableiten lässt, finden wir
die Stauraxonform in Plastiden verkörpert. Häufiger ist hier noch die
homopole Form der Doppelpyramide, (z. B. in sehr vielen Pollen-
zellen, Diatomeen und Desmidiaceen sehr rein), als die heteropole
Form der einfachen Pyramide. Unter den letzteren bilden wieder die
homostauren oder regulären Pyramiden viel häufiger die Grundform
von isolirten, solitären, die heterostauren oder irregulären Pyramiden
dagegen von gesellig verbundenen, socialen Plastiden. Die am mei-
sten differenzirte Heterostaurenform, und zwar sowohl die autopole,
ganze, als die allopole, halbe amphithecte Pyramide, ist zwar mit
allen ihren verschiedenen Modificationen in einzelnen Cytoden und
Zellen sehr rein ausgeprägt, tritt aber doch ganz zurück gegen die
vorwiegenden einfachen und regulären Grundformen, so wie gegen
die absolut irregulären Anaxonien, welche in den Form-Individuen
erster Ordnung die herrschenden Promorphen sind.

II. Grundformen der Organe.
Promorphen der morphologischen Individuen zweiter Ordnung.

Die Organe oder Werkstücke, in dem rein morphologischen Sinne,
wie wir sie oben als Form-Individuen zweiter Ordnung näher be-
stimmt haben (p. 289), schliessen sich in promorphologischer Beziehung
unmittelbar an die Plastiden an, sowohl durch die unbeschränkte Man-
nichfaltigkeit ihrer Formen, in welchen sich fast alle möglichen stereo-
metrischen Grundformen realisirt nachweisen lassen, als durch das
Vorherrschen der niederen und einfachen Promorphen, und vor allen
der Anaxonien. Doch kommen daneben in den vollkommneren Or-
ganen auch höhere Grundformen sehr allgemein verbreitet vor, wie
denn z. B. die höchste von Allen, die Dipleuren-Form, als die allge-
meine Grundform der pflanzlichen Blätter und der thierischen Extremi-
täten bezeichnet werden kann.

Die ausserordentliche Mannichfaltigkeit in der Bildung der Grund-
form erklärt sich bei den Organen ebenso wie bei den Plastiden dar-
aus, dass die Anpassungs-Verhältnisse dieser morphologischen Indivi-
dualität absolut mannichfaltig sind, und dass keine Schranke die Aus-
bildung des Organs wie der Plastide nach den verschiedensten Rich-
tungen behindert. Dazu kommt noch, dass die verwickelte Zusam-
mensetzung der höheren Organe aus Complexen von niederen, die
höchst complicirte Verflechtung von Zellfusionen, einfachen Organen,
zusammengesetzten Organen, Organ-Systemen und Organ-Apparaten,
alle möglichen Grundformen zu verwirklichen im Stande ist.

Die Mehrzahl der thierischen Organe gehört vielleicht, wie die

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leichte Modificationen aus der Homaxonform ableiten lässt, finden wir
die Stauraxonform in Plastiden verkörpert. Häufiger ist hier noch die
homopole Form der Doppelpyramide, (z. B. in sehr vielen Pollen-
zellen, Diatomeen und Desmidiaceen sehr rein), als die heteropole
Form der einfachen Pyramide. Unter den letzteren bilden wieder die
homostauren oder regulären Pyramiden viel häufiger die Grundform
von isolirten, solitären, die heterostauren oder irregulären Pyramiden
dagegen von gesellig verbundenen, socialen Plastiden. Die am mei-
sten differenzirte Heterostaurenform, und zwar sowohl die autopole,
ganze, als die allopole, halbe amphithecte Pyramide, ist zwar mit
allen ihren verschiedenen Modificationen in einzelnen Cytoden und
Zellen sehr rein ausgeprägt, tritt aber doch ganz zurück gegen die
vorwiegenden einfachen und regulären Grundformen, so wie gegen
die absolut irregulären Anaxonien, welche in den Form-Individuen
erster Ordnung die herrschenden Promorphen sind.

II. Grundformen der Organe.
Promorphen der morphologischen Individuen zweiter Ordnung.

Die Organe oder Werkstücke, in dem rein morphologischen Sinne,
wie wir sie oben als Form-Individuen zweiter Ordnung näher be-
stimmt haben (p. 289), schliessen sich in promorphologischer Beziehung
unmittelbar an die Plastiden an, sowohl durch die unbeschränkte Man-
nichfaltigkeit ihrer Formen, in welchen sich fast alle möglichen stereo-
metrischen Grundformen realisirt nachweisen lassen, als durch das
Vorherrschen der niederen und einfachen Promorphen, und vor allen
der Anaxonien. Doch kommen daneben in den vollkommneren Or-
ganen auch höhere Grundformen sehr allgemein verbreitet vor, wie
denn z. B. die höchste von Allen, die Dipleuren-Form, als die allge-
meine Grundform der pflanzlichen Blätter und der thierischen Extremi-
täten bezeichnet werden kann.

Die ausserordentliche Mannichfaltigkeit in der Bildung der Grund-
form erklärt sich bei den Organen ebenso wie bei den Plastiden dar-
aus, dass die Anpassungs-Verhältnisse dieser morphologischen Indivi-
dualität absolut mannichfaltig sind, und dass keine Schranke die Aus-
bildung des Organs wie der Plastide nach den verschiedensten Rich-
tungen behindert. Dazu kommt noch, dass die verwickelte Zusam-
mensetzung der höheren Organe aus Complexen von niederen, die
höchst complicirte Verflechtung von Zellfusionen, einfachen Organen,
zusammengesetzten Organen, Organ-Systemen und Organ-Apparaten,
alle möglichen Grundformen zu verwirklichen im Stande ist.

Die Mehrzahl der thierischen Organe gehört vielleicht, wie die

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[531/0570] II. Grundformen der Organe. leichte Modificationen aus der Homaxonform ableiten lässt, finden wir die Stauraxonform in Plastiden verkörpert. Häufiger ist hier noch die homopole Form der Doppelpyramide, (z. B. in sehr vielen Pollen- zellen, Diatomeen und Desmidiaceen sehr rein), als die heteropole Form der einfachen Pyramide. Unter den letzteren bilden wieder die homostauren oder regulären Pyramiden viel häufiger die Grundform von isolirten, solitären, die heterostauren oder irregulären Pyramiden dagegen von gesellig verbundenen, socialen Plastiden. Die am mei- sten differenzirte Heterostaurenform, und zwar sowohl die autopole, ganze, als die allopole, halbe amphithecte Pyramide, ist zwar mit allen ihren verschiedenen Modificationen in einzelnen Cytoden und Zellen sehr rein ausgeprägt, tritt aber doch ganz zurück gegen die vorwiegenden einfachen und regulären Grundformen, so wie gegen die absolut irregulären Anaxonien, welche in den Form-Individuen erster Ordnung die herrschenden Promorphen sind. II. Grundformen der Organe. Promorphen der morphologischen Individuen zweiter Ordnung. Die Organe oder Werkstücke, in dem rein morphologischen Sinne, wie wir sie oben als Form-Individuen zweiter Ordnung näher be- stimmt haben (p. 289), schliessen sich in promorphologischer Beziehung unmittelbar an die Plastiden an, sowohl durch die unbeschränkte Man- nichfaltigkeit ihrer Formen, in welchen sich fast alle möglichen stereo- metrischen Grundformen realisirt nachweisen lassen, als durch das Vorherrschen der niederen und einfachen Promorphen, und vor allen der Anaxonien. Doch kommen daneben in den vollkommneren Or- ganen auch höhere Grundformen sehr allgemein verbreitet vor, wie denn z. B. die höchste von Allen, die Dipleuren-Form, als die allge- meine Grundform der pflanzlichen Blätter und der thierischen Extremi- täten bezeichnet werden kann. Die ausserordentliche Mannichfaltigkeit in der Bildung der Grund- form erklärt sich bei den Organen ebenso wie bei den Plastiden dar- aus, dass die Anpassungs-Verhältnisse dieser morphologischen Indivi- dualität absolut mannichfaltig sind, und dass keine Schranke die Aus- bildung des Organs wie der Plastide nach den verschiedensten Rich- tungen behindert. Dazu kommt noch, dass die verwickelte Zusam- mensetzung der höheren Organe aus Complexen von niederen, die höchst complicirte Verflechtung von Zellfusionen, einfachen Organen, zusammengesetzten Organen, Organ-Systemen und Organ-Apparaten, alle möglichen Grundformen zu verwirklichen im Stande ist. Die Mehrzahl der thierischen Organe gehört vielleicht, wie die 34*

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/570>, abgerufen am 07.06.2024.