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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Zeugite Grundformen. Allopola.
regulär als Radien in einen vollständigen Kreis gestellt sind, wie die
(homologen?) Tentakeln der Hydromedusen.

Die merkwürdige Gruppe der Bandwürmer bietet so nicht nur ein be-
sonderes morphologisches Interesse hinsichtlich ihrer Tectologie (vergl.
oben p. 353), sondern auch bezüglich ihrer Promorphologie. Sie deutet
durch die reine "Strahlthier-Form" ihrer niedersten Stufen, die von der
Tetractinoten-Form der Hydromedusen promorphologisch nicht verschieden
ist, auf die nahen und vielleicht genealogischen Beziehungen der Würmer
zu den Coelenteraten hin. Sie zeigt uns aber auch aufs Klarste die all-
mählige Hervorbildung höherer ("symmetrischer") aus niederen ("regulären")
Grundformen. Ausgehend von der regulären vierseitigen Pyramide der
Tetractinoten (Tetrabothrium, Tetrarhynchus, Scolex der Taeniaden) erhebt
sie sich durch Differenzirung der beiden gleichen Kreuzaxen zur Rhom-
ben-Pyramide der tetraphragmen Orthostauren (Proglottiden mit vier
Längsgefässen), geht dann durch Reduction des einen (dorsoventralen) Anti-
meren-Paares in die diphragme Orthostauren-Form über (Proglottiden mit
zwei Längsgefässen) und erhebt sich schliesslich durch Differenzirung von
Rücken- und Bauchseite (Bothriocephalus) zur halben Rhomben-Pyramide
der Eudipleuren, der höchsten Form der Zeugiten.

Zweite Gattung der heterostauren Stauraxonien:
Halb-amphithect-pyramidale Grundformen: Allopola.
Centrepipeda. Zeugita.
Organische Grundformen mit Centralebene.

(Bilateral-symmetrische Formen der Autoren in der zweiten (weiteren) Bedeutung
des Begriffes).
(Halbkeile oder Hemisphenoide, Bronn).
Stereometrische Grundform: Halbe amphithecte Pyramide.

Die Formengruppe der Zeugiten oder allopolen Heterostauren ist
die letzte und am meisten differenzirte, zugleich aber auch die wich-
tigste und gestaltenreichste von allen Haupt-Formengruppen, die wir
durch Untersuchung der Axen der organischen Formen und ihrer Pole
ermittelt haben. Es gehören hierher aus dem Thierreiche die meisten
sogenannten bilateral-symmetrischen Thiere im dritten Sinne dieses
Ausdrucks, nämlich sämmtliche Wirbelthiere, Gliederfüsser Weichthiere
und die meisten Würmer, ferner eine sehr grosse Anzahl von Echino-
dermen (die sogenannten irregulären), viele Coelenteraten (z. B. die
Zaphrentiden und viele Siphonophoren) und eine Anzahl von Rhizo-
poden. Ebenso häufig ist diese Grundform im Pflanzenreiche, wo die
meisten sogenannten "irregulären Blüthen", z. B. von den Gräsern,
Orchideen, Leguminosen, Umbelliferen, Compositen, Labiaten und
viele andere hierher zu ziehen sind. Die grösste Wichtigkeit erlangt
hier überall die allopole Heterostaurenform als die allgemeine Grund-

Zeugite Grundformen. Allopola.
regulär als Radien in einen vollständigen Kreis gestellt sind, wie die
(homologen?) Tentakeln der Hydromedusen.

Die merkwürdige Gruppe der Bandwürmer bietet so nicht nur ein be-
sonderes morphologisches Interesse hinsichtlich ihrer Tectologie (vergl.
oben p. 353), sondern auch bezüglich ihrer Promorphologie. Sie deutet
durch die reine „Strahlthier-Form“ ihrer niedersten Stufen, die von der
Tetractinoten-Form der Hydromedusen promorphologisch nicht verschieden
ist, auf die nahen und vielleicht genealogischen Beziehungen der Würmer
zu den Coelenteraten hin. Sie zeigt uns aber auch aufs Klarste die all-
mählige Hervorbildung höherer („symmetrischer“) aus niederen („regulären“)
Grundformen. Ausgehend von der regulären vierseitigen Pyramide der
Tetractinoten (Tetrabothrium, Tetrarhynchus, Scolex der Taeniaden) erhebt
sie sich durch Differenzirung der beiden gleichen Kreuzaxen zur Rhom-
ben-Pyramide der tetraphragmen Orthostauren (Proglottiden mit vier
Längsgefässen), geht dann durch Reduction des einen (dorsoventralen) Anti-
meren-Paares in die diphragme Orthostauren-Form über (Proglottiden mit
zwei Längsgefässen) und erhebt sich schliesslich durch Differenzirung von
Rücken- und Bauchseite (Bothriocephalus) zur halben Rhomben-Pyramide
der Eudipleuren, der höchsten Form der Zeugiten.

Zweite Gattung der heterostauren Stauraxonien:
Halb-amphithect-pyramidale Grundformen: Allopola.
Centrepipeda. Zeugita.
Organische Grundformen mit Centralebene.

(Bilateral-symmetrische Formen der Autoren in der zweiten (weiteren) Bedeutung
des Begriffes).
(Halbkeile oder Hemisphenoide, Bronn).
Stereometrische Grundform: Halbe amphithecte Pyramide.

Die Formengruppe der Zeugiten oder allopolen Heterostauren ist
die letzte und am meisten differenzirte, zugleich aber auch die wich-
tigste und gestaltenreichste von allen Haupt-Formengruppen, die wir
durch Untersuchung der Axen der organischen Formen und ihrer Pole
ermittelt haben. Es gehören hierher aus dem Thierreiche die meisten
sogenannten bilateral-symmetrischen Thiere im dritten Sinne dieses
Ausdrucks, nämlich sämmtliche Wirbelthiere, Gliederfüsser Weichthiere
und die meisten Würmer, ferner eine sehr grosse Anzahl von Echino-
dermen (die sogenannten irregulären), viele Coelenteraten (z. B. die
Zaphrentiden und viele Siphonophoren) und eine Anzahl von Rhizo-
poden. Ebenso häufig ist diese Grundform im Pflanzenreiche, wo die
meisten sogenannten „irregulären Blüthen“, z. B. von den Gräsern,
Orchideen, Leguminosen, Umbelliferen, Compositen, Labiaten und
viele andere hierher zu ziehen sind. Die grösste Wichtigkeit erlangt
hier überall die allopole Heterostaurenform als die allgemeine Grund-

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[495/0534] Zeugite Grundformen. Allopola. regulär als Radien in einen vollständigen Kreis gestellt sind, wie die (homologen?) Tentakeln der Hydromedusen. Die merkwürdige Gruppe der Bandwürmer bietet so nicht nur ein be- sonderes morphologisches Interesse hinsichtlich ihrer Tectologie (vergl. oben p. 353), sondern auch bezüglich ihrer Promorphologie. Sie deutet durch die reine „Strahlthier-Form“ ihrer niedersten Stufen, die von der Tetractinoten-Form der Hydromedusen promorphologisch nicht verschieden ist, auf die nahen und vielleicht genealogischen Beziehungen der Würmer zu den Coelenteraten hin. Sie zeigt uns aber auch aufs Klarste die all- mählige Hervorbildung höherer („symmetrischer“) aus niederen („regulären“) Grundformen. Ausgehend von der regulären vierseitigen Pyramide der Tetractinoten (Tetrabothrium, Tetrarhynchus, Scolex der Taeniaden) erhebt sie sich durch Differenzirung der beiden gleichen Kreuzaxen zur Rhom- ben-Pyramide der tetraphragmen Orthostauren (Proglottiden mit vier Längsgefässen), geht dann durch Reduction des einen (dorsoventralen) Anti- meren-Paares in die diphragme Orthostauren-Form über (Proglottiden mit zwei Längsgefässen) und erhebt sich schliesslich durch Differenzirung von Rücken- und Bauchseite (Bothriocephalus) zur halben Rhomben-Pyramide der Eudipleuren, der höchsten Form der Zeugiten. Zweite Gattung der heterostauren Stauraxonien: Halb-amphithect-pyramidale Grundformen: Allopola. Centrepipeda. Zeugita. Organische Grundformen mit Centralebene. (Bilateral-symmetrische Formen der Autoren in der zweiten (weiteren) Bedeutung des Begriffes). (Halbkeile oder Hemisphenoide, Bronn). Stereometrische Grundform: Halbe amphithecte Pyramide. Die Formengruppe der Zeugiten oder allopolen Heterostauren ist die letzte und am meisten differenzirte, zugleich aber auch die wich- tigste und gestaltenreichste von allen Haupt-Formengruppen, die wir durch Untersuchung der Axen der organischen Formen und ihrer Pole ermittelt haben. Es gehören hierher aus dem Thierreiche die meisten sogenannten bilateral-symmetrischen Thiere im dritten Sinne dieses Ausdrucks, nämlich sämmtliche Wirbelthiere, Gliederfüsser Weichthiere und die meisten Würmer, ferner eine sehr grosse Anzahl von Echino- dermen (die sogenannten irregulären), viele Coelenteraten (z. B. die Zaphrentiden und viele Siphonophoren) und eine Anzahl von Rhizo- poden. Ebenso häufig ist diese Grundform im Pflanzenreiche, wo die meisten sogenannten „irregulären Blüthen“, z. B. von den Gräsern, Orchideen, Leguminosen, Umbelliferen, Compositen, Labiaten und viele andere hierher zu ziehen sind. Die grösste Wichtigkeit erlangt hier überall die allopole Heterostaurenform als die allgemeine Grund-

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/534>, abgerufen am 23.11.2024.