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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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System der organischen Grundformen.
regulären sechsseitigen Pyramide mehr oder minder rein ausgeprägt
zeigen, indem alle 6 Antimeren gleichmässig stark entwickelt sind,
finden wir bei den erstgenannten 2 gegenständige Antimeren viel
schwächer, als die 4 übrigen (unter sich gleichen) entwickelt, so dass
die ausgezeichnete Form der amphithecten Pyramide sofort in die
Augen springt. Das primär bedingende Moment dieser Formdifferenz
liegt in einem überwiegenden Wachsthum der vier stärkeren Anti-
meren und der beiden entgegengesetzten primären Sternleisten (Septa
interradialia) welche jene trennen. (Fig. 2, a1, a4.) Hinter letzteren bleiben
die vier anderen primären Septa im Wachsthum bedeutend zurück und
entsprechend auch die beiden entgegengesetzten Kelchwände, denen
sie ansitzen. Dadurch wird denn weiterhin die ganze Kelchform zwei-
schneidig zusammengedrückt (amphithect) und die runde Mundöffnung
nimmt die Form eines länglichen schmalen Spaltes, der cylindrische
Magenschlauch die Form einer platten Tasche an. Da wir bei den
nächstverwandten Ctenophoren dieselbe Differenzirung zweier Kreuz-
axen zu Richtaxen antreffen und hier die längere Magendimension
und die Längsrichtung des Mundspalts als dorsoventrale bezeichnet
haben, so müssen wir auch bei den Madreporarien diese Bezeichnung
beibehalten. Es ist demnach die kürzere (radiale) von den beiden
Richtaxen als laterale, die längere (interradiale) dagegen, welche durch
die beiden stärkeren Primär-Septa oder Hauptsepta bestimmt wird, als
dorsoventrale zu bezeichnen. Je grösser die Differenz zwischen bei-
den Richtaxen wird, desto auffallender tritt die Grundform der amphi-
thecten sechsseitigen Pyramide hervor.

Am deutlichsten und schärfsten ist die hexaphragme Oxystauren-Form bei
den Turbinoliden, besonders Flabellum und Sphenotrochus ausgeprägt, wo
der ganze Kelch fast blattförmig von zwei Seiten (von Rechts und Links)
her zusammengedrückt erscheint. In diesem Falle hat der Durchschnitt
des Kelches einen schmal lanzettförmigen Umriss. Elliptisch erscheint dieser
dagegen bei Peplosmilia unter den Astraeiden und bei Madrepora, bei der
die beiden Hauptsepta völlig in der Mitte des Kelches zusammentreffen
und verwachsen. In geringerem Grade, jedoch ebenfalls unverkennbar,
findet sich die Differenzirung zweier Richtaxen (einer radialen und einer
interradialen) und dadurch der Uebergang der sechsseitigen regulären in die
amphithecte Pyramide bei mehreren Arten von Dasmia, Caryophyllia und
anderen Eporosen aus der Turbinoliden-Familie, Lophosmilia aus der
Astraeiden-Familie, ferner bei vielen Arten von Pocillopora, Seriatopora
und Anderen aus der Tabulaten-Gruppe, und bei manchen anderen Madre-
porarien aus verschiedenen Familien. Oft ist dieselbe nur durch einen
schmalen und langen spaltenförmigen Mund angedeutet, welcher den übri-
gens regulären hexactinoten Kelch in eine dorsale und ventrale Hälfte spaltet;
so bei Fungia, auch bei vielen Malacodermen (Actinien etc). Sehr auffallend ist
die Hexaphragmen-Form bei der elliptischen Fungia Ehrenbergii, F. echinata etc.

System der organischen Grundformen.
regulären sechsseitigen Pyramide mehr oder minder rein ausgeprägt
zeigen, indem alle 6 Antimeren gleichmässig stark entwickelt sind,
finden wir bei den erstgenannten 2 gegenständige Antimeren viel
schwächer, als die 4 übrigen (unter sich gleichen) entwickelt, so dass
die ausgezeichnete Form der amphithecten Pyramide sofort in die
Augen springt. Das primär bedingende Moment dieser Formdifferenz
liegt in einem überwiegenden Wachsthum der vier stärkeren Anti-
meren und der beiden entgegengesetzten primären Sternleisten (Septa
interradialia) welche jene trennen. (Fig. 2, a1, a4.) Hinter letzteren bleiben
die vier anderen primären Septa im Wachsthum bedeutend zurück und
entsprechend auch die beiden entgegengesetzten Kelchwände, denen
sie ansitzen. Dadurch wird denn weiterhin die ganze Kelchform zwei-
schneidig zusammengedrückt (amphithect) und die runde Mundöffnung
nimmt die Form eines länglichen schmalen Spaltes, der cylindrische
Magenschlauch die Form einer platten Tasche an. Da wir bei den
nächstverwandten Ctenophoren dieselbe Differenzirung zweier Kreuz-
axen zu Richtaxen antreffen und hier die längere Magendimension
und die Längsrichtung des Mundspalts als dorsoventrale bezeichnet
haben, so müssen wir auch bei den Madreporarien diese Bezeichnung
beibehalten. Es ist demnach die kürzere (radiale) von den beiden
Richtaxen als laterale, die längere (interradiale) dagegen, welche durch
die beiden stärkeren Primär-Septa oder Hauptsepta bestimmt wird, als
dorsoventrale zu bezeichnen. Je grösser die Differenz zwischen bei-
den Richtaxen wird, desto auffallender tritt die Grundform der amphi-
thecten sechsseitigen Pyramide hervor.

Am deutlichsten und schärfsten ist die hexaphragme Oxystauren-Form bei
den Turbinoliden, besonders Flabellum und Sphenotrochus ausgeprägt, wo
der ganze Kelch fast blattförmig von zwei Seiten (von Rechts und Links)
her zusammengedrückt erscheint. In diesem Falle hat der Durchschnitt
des Kelches einen schmal lanzettförmigen Umriss. Elliptisch erscheint dieser
dagegen bei Peplosmilia unter den Astraeiden und bei Madrepora, bei der
die beiden Hauptsepta völlig in der Mitte des Kelches zusammentreffen
und verwachsen. In geringerem Grade, jedoch ebenfalls unverkennbar,
findet sich die Differenzirung zweier Richtaxen (einer radialen und einer
interradialen) und dadurch der Uebergang der sechsseitigen regulären in die
amphithecte Pyramide bei mehreren Arten von Dasmia, Caryophyllia und
anderen Eporosen aus der Turbinoliden-Familie, Lophosmilia aus der
Astraeiden-Familie, ferner bei vielen Arten von Pocillopora, Seriatopora
und Anderen aus der Tabulaten-Gruppe, und bei manchen anderen Madre-
porarien aus verschiedenen Familien. Oft ist dieselbe nur durch einen
schmalen und langen spaltenförmigen Mund angedeutet, welcher den übri-
gens regulären hexactinoten Kelch in eine dorsale und ventrale Hälfte spaltet;
so bei Fungia, auch bei vielen Malacodermen (Actinien etc). Sehr auffallend ist
die Hexaphragmen-Form bei der elliptischen Fungia Ehrenbergii, F. echinata etc.

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[486/0525] System der organischen Grundformen. regulären sechsseitigen Pyramide mehr oder minder rein ausgeprägt zeigen, indem alle 6 Antimeren gleichmässig stark entwickelt sind, finden wir bei den erstgenannten 2 gegenständige Antimeren viel schwächer, als die 4 übrigen (unter sich gleichen) entwickelt, so dass die ausgezeichnete Form der amphithecten Pyramide sofort in die Augen springt. Das primär bedingende Moment dieser Formdifferenz liegt in einem überwiegenden Wachsthum der vier stärkeren Anti- meren und der beiden entgegengesetzten primären Sternleisten (Septa interradialia) welche jene trennen. (Fig. 2, a1, a4.) Hinter letzteren bleiben die vier anderen primären Septa im Wachsthum bedeutend zurück und entsprechend auch die beiden entgegengesetzten Kelchwände, denen sie ansitzen. Dadurch wird denn weiterhin die ganze Kelchform zwei- schneidig zusammengedrückt (amphithect) und die runde Mundöffnung nimmt die Form eines länglichen schmalen Spaltes, der cylindrische Magenschlauch die Form einer platten Tasche an. Da wir bei den nächstverwandten Ctenophoren dieselbe Differenzirung zweier Kreuz- axen zu Richtaxen antreffen und hier die längere Magendimension und die Längsrichtung des Mundspalts als dorsoventrale bezeichnet haben, so müssen wir auch bei den Madreporarien diese Bezeichnung beibehalten. Es ist demnach die kürzere (radiale) von den beiden Richtaxen als laterale, die längere (interradiale) dagegen, welche durch die beiden stärkeren Primär-Septa oder Hauptsepta bestimmt wird, als dorsoventrale zu bezeichnen. Je grösser die Differenz zwischen bei- den Richtaxen wird, desto auffallender tritt die Grundform der amphi- thecten sechsseitigen Pyramide hervor. Am deutlichsten und schärfsten ist die hexaphragme Oxystauren-Form bei den Turbinoliden, besonders Flabellum und Sphenotrochus ausgeprägt, wo der ganze Kelch fast blattförmig von zwei Seiten (von Rechts und Links) her zusammengedrückt erscheint. In diesem Falle hat der Durchschnitt des Kelches einen schmal lanzettförmigen Umriss. Elliptisch erscheint dieser dagegen bei Peplosmilia unter den Astraeiden und bei Madrepora, bei der die beiden Hauptsepta völlig in der Mitte des Kelches zusammentreffen und verwachsen. In geringerem Grade, jedoch ebenfalls unverkennbar, findet sich die Differenzirung zweier Richtaxen (einer radialen und einer interradialen) und dadurch der Uebergang der sechsseitigen regulären in die amphithecte Pyramide bei mehreren Arten von Dasmia, Caryophyllia und anderen Eporosen aus der Turbinoliden-Familie, Lophosmilia aus der Astraeiden-Familie, ferner bei vielen Arten von Pocillopora, Seriatopora und Anderen aus der Tabulaten-Gruppe, und bei manchen anderen Madre- porarien aus verschiedenen Familien. Oft ist dieselbe nur durch einen schmalen und langen spaltenförmigen Mund angedeutet, welcher den übri- gens regulären hexactinoten Kelch in eine dorsale und ventrale Hälfte spaltet; so bei Fungia, auch bei vielen Malacodermen (Actinien etc). Sehr auffallend ist die Hexaphragmen-Form bei der elliptischen Fungia Ehrenbergii, F. echinata etc.

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/525>, abgerufen am 10.06.2024.