auch die ganze und halbe amphithecte Pyramide, welche die gemein- same Grundform der meisten Heterostauren ist, von den Morphologen bisher nicht erkannt worden, da man die bestimmenden Axen und deren Pole entweder gar nicht oder doch nicht gehörig berücksichtigt hat. Vielmehr hat man alle hierher gehörigen Formen als "Bilateral- Symmetrische" im weitesten Sinne des Wortes betrachtet. Der Einzige, der wenigstens den Unterschied der ganzen und halben amphithecten Pyramide, wenn auch nicht erkannt, so doch gefühlt und unbestimmt ausgedrückt hat, ist Bronn; er nennt diejenigen Heterostauren, welche der ganzen amphithecten Pyramide entsprechen, Sagittalformen oder Keile (Sphenoide), diejenigen, welche nur eine halbe repräsentiren, Halbkeile (Hemisphenoide).
Die äusserst umfangreiche und vielgestaltige Formengruppe der Heterostauren zerfällt zunächst in zwei Hauptabtheilungen, autopole und allopole, je nachdem jede der beiden Richtaxen (oder idealen Kreuzaxen) gleichpolig ist, oder wenigstens die eine derselben (selten auch die andere) ungleichpolig ist. Die autopolen Heterostauren, bei denen die beiden Pole an jeder der beiden Richtaxen gleich sind, werden durch jede der beiden Richtebenen in zwei congruente Stücke zerlegt. Die allopolen Heterostauren, bei denen die beiden Pole der einen Richtaxe (selten auch die der anderen) ungleich sind, werden durch die eine Richtebene in zwei ungleiche, durch die andere in zwei symmetrisch-gleiche Stücke zerlegt (oder, wenn beide Richt- axen ungleichpolig sind, in zwei symmetrisch-ähnliche). Zwischen diesen beiden Hauptabtheilungen besteht der sehr wichtige Unterschied, dass bei den Autopolen, wie bei allen bisher betrachteten Protaxo- nien, die Mitte des Körpers eine Linie ist, während dieselbe bei den Allopolen zur Ebene wird. Wenn man auf dieses, die Körperform in hohem Maasse bestimmende Verhältniss das Hauptgewicht legt, so muss man die Autopolen als die letzte und höchst differenzirte Ab- theilung der Centraxonien (Protaxonien, mit Ausschluss der Allo- polen) betrachten und diesen die Allopolen als Centrepipeden ent- gegen stellen. Die geometrische Grundform der autopolen Hetero- stauren ist die ganze, diejenige der allopolen die halbe amphithecte Pyramide (selten, wenn nämlich beide Richtaxen ungleichpolig sind, die geviertheilte). Bei den Autopolen ist rechte und linke Hälfte congruent, bei den Allopolen symmetrisch-gleich (selten bloss symme- trisch-ähnlich); bei den ersteren ist Rücken- und Bauchhälfte con- gruent, bei den letzteren ungleich.
Die kleinere, aber morphologisch besonders interessante Abthei- lung der autopolen Heterostauren bildet die Grundform bei den Bion- ten der Ctenophoren und Madreporen, vieler Siphonophoren, einiger niederer Würmer, der Zygocyrtiden und mehrerer Dicotyledonen-
System der organischen Grundformen.
auch die ganze und halbe amphithecte Pyramide, welche die gemein- same Grundform der meisten Heterostauren ist, von den Morphologen bisher nicht erkannt worden, da man die bestimmenden Axen und deren Pole entweder gar nicht oder doch nicht gehörig berücksichtigt hat. Vielmehr hat man alle hierher gehörigen Formen als „Bilateral- Symmetrische“ im weitesten Sinne des Wortes betrachtet. Der Einzige, der wenigstens den Unterschied der ganzen und halben amphithecten Pyramide, wenn auch nicht erkannt, so doch gefühlt und unbestimmt ausgedrückt hat, ist Bronn; er nennt diejenigen Heterostauren, welche der ganzen amphithecten Pyramide entsprechen, Sagittalformen oder Keile (Sphenoide), diejenigen, welche nur eine halbe repräsentiren, Halbkeile (Hemisphenoide).
Die äusserst umfangreiche und vielgestaltige Formengruppe der Heterostauren zerfällt zunächst in zwei Hauptabtheilungen, autopole und allopole, je nachdem jede der beiden Richtaxen (oder idealen Kreuzaxen) gleichpolig ist, oder wenigstens die eine derselben (selten auch die andere) ungleichpolig ist. Die autopolen Heterostauren, bei denen die beiden Pole an jeder der beiden Richtaxen gleich sind, werden durch jede der beiden Richtebenen in zwei congruente Stücke zerlegt. Die allopolen Heterostauren, bei denen die beiden Pole der einen Richtaxe (selten auch die der anderen) ungleich sind, werden durch die eine Richtebene in zwei ungleiche, durch die andere in zwei symmetrisch-gleiche Stücke zerlegt (oder, wenn beide Richt- axen ungleichpolig sind, in zwei symmetrisch-ähnliche). Zwischen diesen beiden Hauptabtheilungen besteht der sehr wichtige Unterschied, dass bei den Autopolen, wie bei allen bisher betrachteten Protaxo- nien, die Mitte des Körpers eine Linie ist, während dieselbe bei den Allopolen zur Ebene wird. Wenn man auf dieses, die Körperform in hohem Maasse bestimmende Verhältniss das Hauptgewicht legt, so muss man die Autopolen als die letzte und höchst differenzirte Ab- theilung der Centraxonien (Protaxonien, mit Ausschluss der Allo- polen) betrachten und diesen die Allopolen als Centrepipeden ent- gegen stellen. Die geometrische Grundform der autopolen Hetero- stauren ist die ganze, diejenige der allopolen die halbe amphithecte Pyramide (selten, wenn nämlich beide Richtaxen ungleichpolig sind, die geviertheilte). Bei den Autopolen ist rechte und linke Hälfte congruent, bei den Allopolen symmetrisch-gleich (selten bloss symme- trisch-ähnlich); bei den ersteren ist Rücken- und Bauchhälfte con- gruent, bei den letzteren ungleich.
Die kleinere, aber morphologisch besonders interessante Abthei- lung der autopolen Heterostauren bildet die Grundform bei den Bion- ten der Ctenophoren und Madreporen, vieler Siphonophoren, einiger niederer Würmer, der Zygocyrtiden und mehrerer Dicotyledonen-
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System der organischen Grundformen.
auch die ganze und halbe amphithecte Pyramide, welche die gemein-
same Grundform der meisten Heterostauren ist, von den Morphologen
bisher nicht erkannt worden, da man die bestimmenden Axen und deren
Pole entweder gar nicht oder doch nicht gehörig berücksichtigt hat.
Vielmehr hat man alle hierher gehörigen Formen als „Bilateral-
Symmetrische“ im weitesten Sinne des Wortes betrachtet. Der
Einzige, der wenigstens den Unterschied der ganzen und halben
amphithecten Pyramide, wenn auch nicht erkannt, so doch gefühlt
und unbestimmt ausgedrückt hat, ist Bronn; er nennt diejenigen
Heterostauren, welche der ganzen amphithecten Pyramide entsprechen,
Sagittalformen oder Keile (Sphenoide), diejenigen, welche nur
eine halbe repräsentiren, Halbkeile (Hemisphenoide).
Die äusserst umfangreiche und vielgestaltige Formengruppe der
Heterostauren zerfällt zunächst in zwei Hauptabtheilungen, autopole
und allopole, je nachdem jede der beiden Richtaxen (oder idealen
Kreuzaxen) gleichpolig ist, oder wenigstens die eine derselben (selten
auch die andere) ungleichpolig ist. Die autopolen Heterostauren,
bei denen die beiden Pole an jeder der beiden Richtaxen gleich sind,
werden durch jede der beiden Richtebenen in zwei congruente Stücke
zerlegt. Die allopolen Heterostauren, bei denen die beiden
Pole der einen Richtaxe (selten auch die der anderen) ungleich sind,
werden durch die eine Richtebene in zwei ungleiche, durch die andere
in zwei symmetrisch-gleiche Stücke zerlegt (oder, wenn beide Richt-
axen ungleichpolig sind, in zwei symmetrisch-ähnliche). Zwischen
diesen beiden Hauptabtheilungen besteht der sehr wichtige Unterschied,
dass bei den Autopolen, wie bei allen bisher betrachteten Protaxo-
nien, die Mitte des Körpers eine Linie ist, während dieselbe bei den
Allopolen zur Ebene wird. Wenn man auf dieses, die Körperform
in hohem Maasse bestimmende Verhältniss das Hauptgewicht legt, so
muss man die Autopolen als die letzte und höchst differenzirte Ab-
theilung der Centraxonien (Protaxonien, mit Ausschluss der Allo-
polen) betrachten und diesen die Allopolen als Centrepipeden ent-
gegen stellen. Die geometrische Grundform der autopolen Hetero-
stauren ist die ganze, diejenige der allopolen die halbe amphithecte
Pyramide (selten, wenn nämlich beide Richtaxen ungleichpolig sind,
die geviertheilte). Bei den Autopolen ist rechte und linke Hälfte
congruent, bei den Allopolen symmetrisch-gleich (selten bloss symme-
trisch-ähnlich); bei den ersteren ist Rücken- und Bauchhälfte con-
gruent, bei den letzteren ungleich.
Die kleinere, aber morphologisch besonders interessante Abthei-
lung der autopolen Heterostauren bildet die Grundform bei den Bion-
ten der Ctenophoren und Madreporen, vieler Siphonophoren, einiger
niederer Würmer, der Zygocyrtiden und mehrerer Dicotyledonen-
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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/517>, abgerufen am 23.11.2024.
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