dagegen umgekehrt multiplicirt ist. Ganz entgegengesetzt den homo- stauren Pflanzen verhalten sich in dieser Beziehung die homostauren Thiere, bei denen in der Regel in sämmtlichen Organkreisen dieselbe Grundzahl oder ein Multiplum derselben ausgeprägt ist. Zahl-Reduc- tionen in einzelnen Kreisen sind hier seltene Ausnahmen und fast immer mit Uebergang der homostauren in die heterostaure Grundform verbunden. So finden sich z. B. bei den dreizähligen Cyrtiden ein- zelne, wo die Kieselschale aus drei, die Centralkapsel aus vier Anti- meren besteht, während in der Regel auch die letztere drei Antimeren zeigt. Es ist von hohem Interesse, dass es auch bei den Thieren vorzugsweise die Genitalien sind, die zuerst von der Reduction be- troffen werden, so dass sich z. B. unter den fünfzähligen Echinodermen bei den Holothurien nur ein einziges, bei vielen Seeigeln nur vier Geschlechtsorgane finden, während die übrigen Organkreise sämmtlich die Fünfzahl zeigen.
Angesichts der im Vorhergehenden erörterten Verhältnisse werden wir die verschiedenen Arten der Homostauren-Form, deren Anzahl durch die Anzahl der verschiedenen homotypischen Grundzahlen be- dingt und demnach a priori unbeschränkt ist, in Wirklichkeit auf einige wenige Fälle zurückführen können. Von den vielen möglichen Grundzahlen werden nur drei, vier, fünf, sechs, acht, zehn als wirk- lich angewandte übrig bleiben, und als seltene Ausnahmen sieben und neun. Die seltenen Fälle, wo eine höhere Grundzahl sls zehn auf- tritt, werden wir zusammenfassen können, da in diesen Fällen die Grundzahl innerhalb der Species selbst eine schwankende ist.
Es lassen sich diese verschiedenen Arten der Homostauren-Form naturgemäss in zwei Formen-Gattungen gruppiren, solche nämlich mit mit gerader und solche mit ungerader Grundzahl. Es ist dieses Verhältniss, welches an sich unbedeutend erscheinen könnte, desshalb von grosser Bedeutung, weil mit der geraden oder ungeraden Anti- meren-Zahl gewisse sehr wichtige Unterschiede in den Axen-Verhält- nissen verbunden sind, die auf die Bildung der ganzen Gestalt den grössten Einfluss üben. Es mag hier vorläufig nur daran erinnert werden, dass die Homostauren mit ungerader Grundzahl, z. B. drei, fünf, weit häufiger und entschiedener in die Heterostauren-Form über- gehen und sich differenziren, als die Homostauren mit gerader Grund- zahl (z. B. vier, sechs). Unter den Thieren sind es die dreizähligen Radiolarien (Cyrtiden), die fünfzähligen Echinodermen (Psolus, Spa- tangus etc.) unter den Pflanzen die dreizähligen Gramineen und Or- chideen, die fünfzähligen Leguminosen, Umbelliferen, Labiaten, Viola- ceen und viele Andere, welche eine Reihe der merkwürdigsten Uebergänge von der reinsten Homostaurie (radialen Regularität) zur vollkommensten Heterostaurie (bilateralen Symmetrie) sehr deutlich ausgeprägt zeigen.
System der organischen Grundformen.
dagegen umgekehrt multiplicirt ist. Ganz entgegengesetzt den homo- stauren Pflanzen verhalten sich in dieser Beziehung die homostauren Thiere, bei denen in der Regel in sämmtlichen Organkreisen dieselbe Grundzahl oder ein Multiplum derselben ausgeprägt ist. Zahl-Reduc- tionen in einzelnen Kreisen sind hier seltene Ausnahmen und fast immer mit Uebergang der homostauren in die heterostaure Grundform verbunden. So finden sich z. B. bei den dreizähligen Cyrtiden ein- zelne, wo die Kieselschale aus drei, die Centralkapsel aus vier Anti- meren besteht, während in der Regel auch die letztere drei Antimeren zeigt. Es ist von hohem Interesse, dass es auch bei den Thieren vorzugsweise die Genitalien sind, die zuerst von der Reduction be- troffen werden, so dass sich z. B. unter den fünfzähligen Echinodermen bei den Holothurien nur ein einziges, bei vielen Seeigeln nur vier Geschlechtsorgane finden, während die übrigen Organkreise sämmtlich die Fünfzahl zeigen.
Angesichts der im Vorhergehenden erörterten Verhältnisse werden wir die verschiedenen Arten der Homostauren-Form, deren Anzahl durch die Anzahl der verschiedenen homotypischen Grundzahlen be- dingt und demnach a priori unbeschränkt ist, in Wirklichkeit auf einige wenige Fälle zurückführen können. Von den vielen möglichen Grundzahlen werden nur drei, vier, fünf, sechs, acht, zehn als wirk- lich angewandte übrig bleiben, und als seltene Ausnahmen sieben und neun. Die seltenen Fälle, wo eine höhere Grundzahl sls zehn auf- tritt, werden wir zusammenfassen können, da in diesen Fällen die Grundzahl innerhalb der Species selbst eine schwankende ist.
Es lassen sich diese verschiedenen Arten der Homostauren-Form naturgemäss in zwei Formen-Gattungen gruppiren, solche nämlich mit mit gerader und solche mit ungerader Grundzahl. Es ist dieses Verhältniss, welches an sich unbedeutend erscheinen könnte, desshalb von grosser Bedeutung, weil mit der geraden oder ungeraden Anti- meren-Zahl gewisse sehr wichtige Unterschiede in den Axen-Verhält- nissen verbunden sind, die auf die Bildung der ganzen Gestalt den grössten Einfluss üben. Es mag hier vorläufig nur daran erinnert werden, dass die Homostauren mit ungerader Grundzahl, z. B. drei, fünf, weit häufiger und entschiedener in die Heterostauren-Form über- gehen und sich differenziren, als die Homostauren mit gerader Grund- zahl (z. B. vier, sechs). Unter den Thieren sind es die dreizähligen Radiolarien (Cyrtiden), die fünfzähligen Echinodermen (Psolus, Spa- tangus etc.) unter den Pflanzen die dreizähligen Gramineen und Or- chideen, die fünfzähligen Leguminosen, Umbelliferen, Labiaten, Viola- ceen und viele Andere, welche eine Reihe der merkwürdigsten Uebergänge von der reinsten Homostaurie (radialen Regularität) zur vollkommensten Heterostaurie (bilateralen Symmetrie) sehr deutlich ausgeprägt zeigen.
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[464/0503]
System der organischen Grundformen.
dagegen umgekehrt multiplicirt ist. Ganz entgegengesetzt den homo-
stauren Pflanzen verhalten sich in dieser Beziehung die homostauren
Thiere, bei denen in der Regel in sämmtlichen Organkreisen dieselbe
Grundzahl oder ein Multiplum derselben ausgeprägt ist. Zahl-Reduc-
tionen in einzelnen Kreisen sind hier seltene Ausnahmen und fast
immer mit Uebergang der homostauren in die heterostaure Grundform
verbunden. So finden sich z. B. bei den dreizähligen Cyrtiden ein-
zelne, wo die Kieselschale aus drei, die Centralkapsel aus vier Anti-
meren besteht, während in der Regel auch die letztere drei Antimeren
zeigt. Es ist von hohem Interesse, dass es auch bei den Thieren
vorzugsweise die Genitalien sind, die zuerst von der Reduction be-
troffen werden, so dass sich z. B. unter den fünfzähligen Echinodermen
bei den Holothurien nur ein einziges, bei vielen Seeigeln nur vier
Geschlechtsorgane finden, während die übrigen Organkreise sämmtlich
die Fünfzahl zeigen.
Angesichts der im Vorhergehenden erörterten Verhältnisse werden
wir die verschiedenen Arten der Homostauren-Form, deren Anzahl
durch die Anzahl der verschiedenen homotypischen Grundzahlen be-
dingt und demnach a priori unbeschränkt ist, in Wirklichkeit auf
einige wenige Fälle zurückführen können. Von den vielen möglichen
Grundzahlen werden nur drei, vier, fünf, sechs, acht, zehn als wirk-
lich angewandte übrig bleiben, und als seltene Ausnahmen sieben und
neun. Die seltenen Fälle, wo eine höhere Grundzahl sls zehn auf-
tritt, werden wir zusammenfassen können, da in diesen Fällen die
Grundzahl innerhalb der Species selbst eine schwankende ist.
Es lassen sich diese verschiedenen Arten der Homostauren-Form
naturgemäss in zwei Formen-Gattungen gruppiren, solche nämlich mit
mit gerader und solche mit ungerader Grundzahl. Es ist dieses
Verhältniss, welches an sich unbedeutend erscheinen könnte, desshalb
von grosser Bedeutung, weil mit der geraden oder ungeraden Anti-
meren-Zahl gewisse sehr wichtige Unterschiede in den Axen-Verhält-
nissen verbunden sind, die auf die Bildung der ganzen Gestalt den
grössten Einfluss üben. Es mag hier vorläufig nur daran erinnert
werden, dass die Homostauren mit ungerader Grundzahl, z. B. drei,
fünf, weit häufiger und entschiedener in die Heterostauren-Form über-
gehen und sich differenziren, als die Homostauren mit gerader Grund-
zahl (z. B. vier, sechs). Unter den Thieren sind es die dreizähligen
Radiolarien (Cyrtiden), die fünfzähligen Echinodermen (Psolus, Spa-
tangus etc.) unter den Pflanzen die dreizähligen Gramineen und Or-
chideen, die fünfzähligen Leguminosen, Umbelliferen, Labiaten, Viola-
ceen und viele Andere, welche eine Reihe der merkwürdigsten Uebergänge
von der reinsten Homostaurie (radialen Regularität) zur vollkommensten
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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/503>, abgerufen am 26.06.2024.
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