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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Reguläre diplopyramidale Grundformen. Isostaura.

Von allen Organismen sind es wiederum vorzüglich die Radiola-
rien, dann die Diatomeen und sehr viele Pollenkörner, welche die
polypleure Isostauren-Form rein ausgeprägt zeigen, bald als reguläre
Doppelpyramide, bald als reguläres Prisma; bald kann ebensogut die
eine als die andere Grundform daraus abgeleitet werden. Diejenigen
Radiolarien, bei denen die Doppelpyramide deutlicher hervortritt, ge-
hören meistens den Familien der Ommatiden, Disciden und Spongu-
riden an. Die radialen oder semiradialen Kreuzaxen, welche von
dem Halbirungspunkte der Hauptaxe zu den Ecken der vereinigten
regulär-polygonalen Grundflächen der beiden congruenten Pyramiden
gehen und die mithin in dieser Grundfläche (der Aequatorialebene)
selbst liegen, sind hier gewöhnlich in Form starker und langer radia-
ler Kieselstacheln verkörpert, die sich im Centrum unter gleichen
spitzen Winkeln schneiden. Der Mittelkörper, von dessen Aequator
diese Radien ausgehen, ist bald eine biconvexe Linse (Heliodiscus),
bald ein verkörperter gerader Cylinder (Stylodictya, Stylospongia).
Um die reguläre Doppelpyramide rein zu erhalten, braucht man bloss
die Spitzen der Radialstacheln mit den beiden Polen der Hauptaxe
durch gerade Linien zu verbinden, welche den Mantel des cylindrischen
oder sphaeroiden linsenförmigen Mittelkörpers berühren. Die regulären
Doppelpyramiden in der Form vieler Pollenkörner sind sehr leicht zu er-
kennen und haben eine sehr verschiedene Seitenzahl, z. B. 16 bei Collomia
grandiflora
, 30 bei Monnina xalapensis, 32 bei Poligala chamaebuxus.

Die Zahl der Stachelradien, welche die homotypische Grundzahl be-
stimmt und halb so gross ist, als die Zahl der congruenten Seitenflächen
der Doppelpyramide, scheint bei den meisten hierher gehörigen Radiolarien-
Species constant zu sein. In der schönen Gattung Heliodiscus (zur Omma-
tiden-Familie gehörig) finden wir H. phacodiscus mit 12 Radien (Rad.
Taf. XVII, Fig. 5--7), H. Humboldtii mit 18 Radien (Ehrenberg, Micro-
geol. Taf. XXXVI, Fig. 27); bei H. sol scheinen deren 24 und bei H.
amphidiscus
16 vorhanden zu sein. Stylospongia Huxleyi ist durch 10 Ra-
dien ausgezeichnet (Rad. Taf. XXVIII, Fig. 7). In anderen Fällen variirt
die Antimeren-Zahl innerhalb der Species, oder nimmt mit dem Alter und
Wachsthum des Thieres zu, so bei Stylodictya multispina (Rad. Taf. XXIX,
Fig. 5), wo zwischen 24 und 40, gewöhnlich 28, und bei Stylodictya arachnia
(J. Müller, Abhandl. Taf. I, Fig. 8), wo zwischen 8 und 16, gewöhnlich
12 Radien und ebenso viele Antimeren vorhanden sind.

Nächst den Radiolarien finden wir die vielseitige reguläre Doppel-
pyramide als Grundform vieler Diatomeen und Desmidiaceen, ferner sehr
zahlreicher Pollenkörner wieder. Unter letzteren ist besonders häufig die
sechsseitige (z. B. Pollen von Caryocar brasiliense, Scorzonera pratensis).
Zehnseitig ist der Pollen vieler Violen, zwanzigseitig von Symphytum.

Als Radiolarien, in denen das reguläre Prisma rein verkörpert ist,
sind hier vor Allen 3 höchst merkwürdige Formen zu nennen, und zwar

Reguläre diplopyramidale Grundformen. Isostaura.

Von allen Organismen sind es wiederum vorzüglich die Radiola-
rien, dann die Diatomeen und sehr viele Pollenkörner, welche die
polypleure Isostauren-Form rein ausgeprägt zeigen, bald als reguläre
Doppelpyramide, bald als reguläres Prisma; bald kann ebensogut die
eine als die andere Grundform daraus abgeleitet werden. Diejenigen
Radiolarien, bei denen die Doppelpyramide deutlicher hervortritt, ge-
hören meistens den Familien der Ommatiden, Disciden und Spongu-
riden an. Die radialen oder semiradialen Kreuzaxen, welche von
dem Halbirungspunkte der Hauptaxe zu den Ecken der vereinigten
regulär-polygonalen Grundflächen der beiden congruenten Pyramiden
gehen und die mithin in dieser Grundfläche (der Aequatorialebene)
selbst liegen, sind hier gewöhnlich in Form starker und langer radia-
ler Kieselstacheln verkörpert, die sich im Centrum unter gleichen
spitzen Winkeln schneiden. Der Mittelkörper, von dessen Aequator
diese Radien ausgehen, ist bald eine biconvexe Linse (Heliodiscus),
bald ein verkörperter gerader Cylinder (Stylodictya, Stylospongia).
Um die reguläre Doppelpyramide rein zu erhalten, braucht man bloss
die Spitzen der Radialstacheln mit den beiden Polen der Hauptaxe
durch gerade Linien zu verbinden, welche den Mantel des cylindrischen
oder sphaeroiden linsenförmigen Mittelkörpers berühren. Die regulären
Doppelpyramiden in der Form vieler Pollenkörner sind sehr leicht zu er-
kennen und haben eine sehr verschiedene Seitenzahl, z. B. 16 bei Collomia
grandiflora
, 30 bei Monnina xalapensis, 32 bei Poligala chamaebuxus.

Die Zahl der Stachelradien, welche die homotypische Grundzahl be-
stimmt und halb so gross ist, als die Zahl der congruenten Seitenflächen
der Doppelpyramide, scheint bei den meisten hierher gehörigen Radiolarien-
Species constant zu sein. In der schönen Gattung Heliodiscus (zur Omma-
tiden-Familie gehörig) finden wir H. phacodiscus mit 12 Radien (Rad.
Taf. XVII, Fig. 5—7), H. Humboldtii mit 18 Radien (Ehrenberg, Micro-
geol. Taf. XXXVI, Fig. 27); bei H. sol scheinen deren 24 und bei H.
amphidiscus
16 vorhanden zu sein. Stylospongia Huxleyi ist durch 10 Ra-
dien ausgezeichnet (Rad. Taf. XXVIII, Fig. 7). In anderen Fällen variirt
die Antimeren-Zahl innerhalb der Species, oder nimmt mit dem Alter und
Wachsthum des Thieres zu, so bei Stylodictya multispina (Rad. Taf. XXIX,
Fig. 5), wo zwischen 24 und 40, gewöhnlich 28, und bei Stylodictya arachnia
(J. Müller, Abhandl. Taf. I, Fig. 8), wo zwischen 8 und 16, gewöhnlich
12 Radien und ebenso viele Antimeren vorhanden sind.

Nächst den Radiolarien finden wir die vielseitige reguläre Doppel-
pyramide als Grundform vieler Diatomeen und Desmidiaceen, ferner sehr
zahlreicher Pollenkörner wieder. Unter letzteren ist besonders häufig die
sechsseitige (z. B. Pollen von Caryocar brasiliense, Scorzonera pratensis).
Zehnseitig ist der Pollen vieler Violen, zwanzigseitig von Symphytum.

Als Radiolarien, in denen das reguläre Prisma rein verkörpert ist,
sind hier vor Allen 3 höchst merkwürdige Formen zu nennen, und zwar

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[439/0478] Reguläre diplopyramidale Grundformen. Isostaura. Von allen Organismen sind es wiederum vorzüglich die Radiola- rien, dann die Diatomeen und sehr viele Pollenkörner, welche die polypleure Isostauren-Form rein ausgeprägt zeigen, bald als reguläre Doppelpyramide, bald als reguläres Prisma; bald kann ebensogut die eine als die andere Grundform daraus abgeleitet werden. Diejenigen Radiolarien, bei denen die Doppelpyramide deutlicher hervortritt, ge- hören meistens den Familien der Ommatiden, Disciden und Spongu- riden an. Die radialen oder semiradialen Kreuzaxen, welche von dem Halbirungspunkte der Hauptaxe zu den Ecken der vereinigten regulär-polygonalen Grundflächen der beiden congruenten Pyramiden gehen und die mithin in dieser Grundfläche (der Aequatorialebene) selbst liegen, sind hier gewöhnlich in Form starker und langer radia- ler Kieselstacheln verkörpert, die sich im Centrum unter gleichen spitzen Winkeln schneiden. Der Mittelkörper, von dessen Aequator diese Radien ausgehen, ist bald eine biconvexe Linse (Heliodiscus), bald ein verkörperter gerader Cylinder (Stylodictya, Stylospongia). Um die reguläre Doppelpyramide rein zu erhalten, braucht man bloss die Spitzen der Radialstacheln mit den beiden Polen der Hauptaxe durch gerade Linien zu verbinden, welche den Mantel des cylindrischen oder sphaeroiden linsenförmigen Mittelkörpers berühren. Die regulären Doppelpyramiden in der Form vieler Pollenkörner sind sehr leicht zu er- kennen und haben eine sehr verschiedene Seitenzahl, z. B. 16 bei Collomia grandiflora, 30 bei Monnina xalapensis, 32 bei Poligala chamaebuxus. Die Zahl der Stachelradien, welche die homotypische Grundzahl be- stimmt und halb so gross ist, als die Zahl der congruenten Seitenflächen der Doppelpyramide, scheint bei den meisten hierher gehörigen Radiolarien- Species constant zu sein. In der schönen Gattung Heliodiscus (zur Omma- tiden-Familie gehörig) finden wir H. phacodiscus mit 12 Radien (Rad. Taf. XVII, Fig. 5—7), H. Humboldtii mit 18 Radien (Ehrenberg, Micro- geol. Taf. XXXVI, Fig. 27); bei H. sol scheinen deren 24 und bei H. amphidiscus 16 vorhanden zu sein. Stylospongia Huxleyi ist durch 10 Ra- dien ausgezeichnet (Rad. Taf. XXVIII, Fig. 7). In anderen Fällen variirt die Antimeren-Zahl innerhalb der Species, oder nimmt mit dem Alter und Wachsthum des Thieres zu, so bei Stylodictya multispina (Rad. Taf. XXIX, Fig. 5), wo zwischen 24 und 40, gewöhnlich 28, und bei Stylodictya arachnia (J. Müller, Abhandl. Taf. I, Fig. 8), wo zwischen 8 und 16, gewöhnlich 12 Radien und ebenso viele Antimeren vorhanden sind. Nächst den Radiolarien finden wir die vielseitige reguläre Doppel- pyramide als Grundform vieler Diatomeen und Desmidiaceen, ferner sehr zahlreicher Pollenkörner wieder. Unter letzteren ist besonders häufig die sechsseitige (z. B. Pollen von Caryocar brasiliense, Scorzonera pratensis). Zehnseitig ist der Pollen vieler Violen, zwanzigseitig von Symphytum. Als Radiolarien, in denen das reguläre Prisma rein verkörpert ist, sind hier vor Allen 3 höchst merkwürdige Formen zu nennen, und zwar

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/478>, abgerufen am 23.11.2024.