berühren. Wo man durch den Körper drei verschiedene auf einander senkrechte ideale Kreuzaxen legen kann, wie bei den Heterostauren, da ist die Hauptaxe eine von diesen drei Axen, die den drei Dimen- sionen des Raumes entsprechen. In diesem letzteren Falle ist es stets die Längendimension, welche durch die Hauptaxe bestimmt wird und wir können sie daher auch Längsaxe (Axon longitudi- nalis) nennen. Meistens ist die Längsaxe länger, als alle anderen Axen, nicht selten aber auch bedeutend kürzer, so dass wir sie nicht allgemein als die längste aller Axen characterisiren dürfen.
Auch die Beschaffenheit ihrer beiden Pole erlaubt keine allge- meine Bestimmung der Hauptaxe. Bei der grossen Mehrzahl aller Protaxonien unter den Thieren ist ein Kopf oder doch ein Kopfende vom Körper abgegliedert und der eine Pol der Hauptaxe liegt dann in diesem Kopfende. Bei der grossen Mehrzahl der übrigen, den kopflosen Protaxonien, ist am einen Ende des Körpers oder doch in dessen Nähe ein Mund vorhanden und dann liegt der eine Pol der Hauptaxe im Munde (bei den Homostauren im Mittelpunkt des Mun- des) oder doch in dessen Nähe. Auch bei vielen mundlosen Pro- taxonien, z. B. den meisten protaxonien Radiolarien, ist doch eine Mündung des Gehäuses vorhanden, welche in mehrfacher Beziehung die Stelle des Mundes vertritt. Diesem Pole entspricht bei den Blüthensprossen der Pflanzen die offene Mündung der Blüthe, und also allgemein bei allen festsitzenden protaxonien Pflanzen-Individuen der freie, nicht angewachsene Theil. Kein anderes Organ geht so constant, als die Mündung durch die ganze Protaxonien-Reihe hindurch und es ist desshalb das Passendste, den ersten Pol der Hauptaxe als Mundpol (Polus peristomius s. polus oralis) und die Körper- seite, in der er liegt, als Mundseite (Peristomium, Superficies oralis) zu bezeichnen. Für den entgegengesetzten zweiten Pol der Hauptaxe ist es weniger leicht, eine allgemein passende positive Be- zeichnung zu finden. Bei der grossen Mehrzahl der protaxonien Thiere liegt der After in demselben oder doch in dessen Nähe, und man könnte ihn danach Afterpol nennen. Da jedoch bei sehr Vielen der After ganz fehlt, oder weit vom zweiten Axenpol entfernt, oft näher dem Mundpol, liegt, da ferner bei den festsitzenden protaxonien Pflanzen-Individuen das dem Mundpole entgegengesetzte Ende das angewachsene, basale ist (beim Hauptspross die Wurzel), so dürfte der andere Pol der Hauptaxe am zweckmässigsten als Gegenmund- pol (Polus antistomius s. polus aboralis) und die Körperseite, in der er liegt, als Gegenmundseite (Antistomium, Superficies aboralis) bezeichnet werden.
Die sehr zahlreichen und verschiedenartigen Grundformen, welche in der umfangreichen Gruppe der Protaxonien vereinigt sind, lassen
System der organischen Grundformen.
berühren. Wo man durch den Körper drei verschiedene auf einander senkrechte ideale Kreuzaxen legen kann, wie bei den Heterostauren, da ist die Hauptaxe eine von diesen drei Axen, die den drei Dimen- sionen des Raumes entsprechen. In diesem letzteren Falle ist es stets die Längendimension, welche durch die Hauptaxe bestimmt wird und wir können sie daher auch Längsaxe (Axon longitudi- nalis) nennen. Meistens ist die Längsaxe länger, als alle anderen Axen, nicht selten aber auch bedeutend kürzer, so dass wir sie nicht allgemein als die längste aller Axen characterisiren dürfen.
Auch die Beschaffenheit ihrer beiden Pole erlaubt keine allge- meine Bestimmung der Hauptaxe. Bei der grossen Mehrzahl aller Protaxonien unter den Thieren ist ein Kopf oder doch ein Kopfende vom Körper abgegliedert und der eine Pol der Hauptaxe liegt dann in diesem Kopfende. Bei der grossen Mehrzahl der übrigen, den kopflosen Protaxonien, ist am einen Ende des Körpers oder doch in dessen Nähe ein Mund vorhanden und dann liegt der eine Pol der Hauptaxe im Munde (bei den Homostauren im Mittelpunkt des Mun- des) oder doch in dessen Nähe. Auch bei vielen mundlosen Pro- taxonien, z. B. den meisten protaxonien Radiolarien, ist doch eine Mündung des Gehäuses vorhanden, welche in mehrfacher Beziehung die Stelle des Mundes vertritt. Diesem Pole entspricht bei den Blüthensprossen der Pflanzen die offene Mündung der Blüthe, und also allgemein bei allen festsitzenden protaxonien Pflanzen-Individuen der freie, nicht angewachsene Theil. Kein anderes Organ geht so constant, als die Mündung durch die ganze Protaxonien-Reihe hindurch und es ist desshalb das Passendste, den ersten Pol der Hauptaxe als Mundpol (Polus peristomius s. polus oralis) und die Körper- seite, in der er liegt, als Mundseite (Peristomium, Superficies oralis) zu bezeichnen. Für den entgegengesetzten zweiten Pol der Hauptaxe ist es weniger leicht, eine allgemein passende positive Be- zeichnung zu finden. Bei der grossen Mehrzahl der protaxonien Thiere liegt der After in demselben oder doch in dessen Nähe, und man könnte ihn danach Afterpol nennen. Da jedoch bei sehr Vielen der After ganz fehlt, oder weit vom zweiten Axenpol entfernt, oft näher dem Mundpol, liegt, da ferner bei den festsitzenden protaxonien Pflanzen-Individuen das dem Mundpole entgegengesetzte Ende das angewachsene, basale ist (beim Hauptspross die Wurzel), so dürfte der andere Pol der Hauptaxe am zweckmässigsten als Gegenmund- pol (Polus antistomius s. polus aboralis) und die Körperseite, in der er liegt, als Gegenmundseite (Antistomium, Superficies aboralis) bezeichnet werden.
Die sehr zahlreichen und verschiedenartigen Grundformen, welche in der umfangreichen Gruppe der Protaxonien vereinigt sind, lassen
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[418/0457]
System der organischen Grundformen.
berühren. Wo man durch den Körper drei verschiedene auf einander
senkrechte ideale Kreuzaxen legen kann, wie bei den Heterostauren,
da ist die Hauptaxe eine von diesen drei Axen, die den drei Dimen-
sionen des Raumes entsprechen. In diesem letzteren Falle ist es
stets die Längendimension, welche durch die Hauptaxe bestimmt
wird und wir können sie daher auch Längsaxe (Axon longitudi-
nalis) nennen. Meistens ist die Längsaxe länger, als alle anderen
Axen, nicht selten aber auch bedeutend kürzer, so dass wir sie nicht
allgemein als die längste aller Axen characterisiren dürfen.
Auch die Beschaffenheit ihrer beiden Pole erlaubt keine allge-
meine Bestimmung der Hauptaxe. Bei der grossen Mehrzahl aller
Protaxonien unter den Thieren ist ein Kopf oder doch ein Kopfende
vom Körper abgegliedert und der eine Pol der Hauptaxe liegt dann
in diesem Kopfende. Bei der grossen Mehrzahl der übrigen, den
kopflosen Protaxonien, ist am einen Ende des Körpers oder doch in
dessen Nähe ein Mund vorhanden und dann liegt der eine Pol der
Hauptaxe im Munde (bei den Homostauren im Mittelpunkt des Mun-
des) oder doch in dessen Nähe. Auch bei vielen mundlosen Pro-
taxonien, z. B. den meisten protaxonien Radiolarien, ist doch eine
Mündung des Gehäuses vorhanden, welche in mehrfacher Beziehung
die Stelle des Mundes vertritt. Diesem Pole entspricht bei den
Blüthensprossen der Pflanzen die offene Mündung der Blüthe, und
also allgemein bei allen festsitzenden protaxonien Pflanzen-Individuen
der freie, nicht angewachsene Theil. Kein anderes Organ geht so
constant, als die Mündung durch die ganze Protaxonien-Reihe hindurch
und es ist desshalb das Passendste, den ersten Pol der Hauptaxe als
Mundpol (Polus peristomius s. polus oralis) und die Körper-
seite, in der er liegt, als Mundseite (Peristomium, Superficies
oralis) zu bezeichnen. Für den entgegengesetzten zweiten Pol der
Hauptaxe ist es weniger leicht, eine allgemein passende positive Be-
zeichnung zu finden. Bei der grossen Mehrzahl der protaxonien
Thiere liegt der After in demselben oder doch in dessen Nähe, und
man könnte ihn danach Afterpol nennen. Da jedoch bei sehr Vielen
der After ganz fehlt, oder weit vom zweiten Axenpol entfernt, oft
näher dem Mundpol, liegt, da ferner bei den festsitzenden protaxonien
Pflanzen-Individuen das dem Mundpole entgegengesetzte Ende das
angewachsene, basale ist (beim Hauptspross die Wurzel), so dürfte
der andere Pol der Hauptaxe am zweckmässigsten als Gegenmund-
pol (Polus antistomius s. polus aboralis) und die Körperseite,
in der er liegt, als Gegenmundseite (Antistomium, Superficies
aboralis) bezeichnet werden.
Die sehr zahlreichen und verschiedenartigen Grundformen, welche
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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/457>, abgerufen am 23.11.2024.
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