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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Begriff und Aufgabe der Promorphologie.
Krystallographie sei, bei den Thieren und Pflanzen auf unüberwind-
liche Hindernisse stosse. Entweder sollen geometrisch reine Formen,
wie die meisten Krystalle (aber auch nur annähernd!) darstellen, im
Organismus gar nicht vorkommen, oder ihre Regelmässigkeit soll sich
darauf beschränken, dass die eine Gruppe der Formen symmetrisch
oder bilateral, d. h. aus zwei gleichen Hälften zusammengesetzt, die
andere Gruppe dagegen regulär oder radial, d. h. aus mehr als
zwei gleichen Stücken zusammengesetzt sei. Dem entsprechend wer-
den sämmtliche organische Formen von den meisten Morphologen in
drei grosse Gruppen gebracht: I. absolut unregelmässige Formen
(nicht halbirbar); II. regelmässige (oder strahlige) Formen (in zwei
oder mehreren Richtungen halbirbar); III. symmetrische (oder zwei-
seitige) Formen (nur in einer einzigen Richtung halbirbar).

Am wenigsten hat bisher die Frage nach der stereometrischen
Grundform des Organismus die Botaniker beschäftigt, obschon in vie-
len Pflanzen dieselbe überraschend rein und scharf ausgesprochen ist,
allerdings mehr in einzelnen Theilen (z. B. symmetrischen Blättern,
pyramidalen Früchten, tetraedrischen und dodecandrischen Pollen-Zellen),
als in ganzen Pflanzen höherer Form-Ordnung. Schleiden sagt bloss:
"Regelmässig nennt man bei der Pflanze solche Formen, die sich
mit vielen Schnitten durch eine angenommene Axe in zwei gleiche
Theile theilen lassen, symmetrisch dagegen solche, die nur durch
einen einzigen Schnitt in zwei gleiche Theile, die sich dann wie
rechte und linke Hand verhalten, getheilt werden können." E. Meyer
nennt die ersteren (die regulären Formen) concentrische, die letz-
teren ebenfalls symmetrische, und unterscheidet als eine dritte
Form die diaphorischen (unseren Dysdipleura entsprechend), bei
welcher rechte und linke Hälfte einen organischen Gegensatz (durch
ungleiches Wachsthum) bildet, durch welchen ihre Symmetrie theil-
weis wieder aufgehoben wird. Auch Hugo von Mohl hat in seiner
Dissertation "über die Symmetrie der Pflanzen" (1836) nur diese drei
verschiedenen Grundformen betrachtet und mit besonderer Rücksicht auf
ihre Beziehungen zum Wachsthume und zur Differenzirung (besonders
bei den niederen Pflanzen) erläutert, obwohl seine schönen Unter-
suchungen über den Pollen (1834) ihn hätten veranlassen können, die
Frage auch von einem weiteren Gesichtspunkte aus zu behandeln und
namentlich die rein stereometrische Grundform vieler Zellen hervorzu-
heben. Er behandelt aber nur die Symmetrie des Thallus, des Sten-
gels und Blattes und die allmähligen Uebergänge der symmetrischen
einerseits in die regulären ("concentrischen") andererseits in die dia-
phorischen (asymmetrischen, unsere dysdipleuren) Formen.

Weit allgemeiner und eingehender, als die Botaniker, haben sich
die Zoologen mit den organischen Grundformen hinsichtlich ihrer Ein-

Begriff und Aufgabe der Promorphologie.
Krystallographie sei, bei den Thieren und Pflanzen auf unüberwind-
liche Hindernisse stosse. Entweder sollen geometrisch reine Formen,
wie die meisten Krystalle (aber auch nur annähernd!) darstellen, im
Organismus gar nicht vorkommen, oder ihre Regelmässigkeit soll sich
darauf beschränken, dass die eine Gruppe der Formen symmetrisch
oder bilateral, d. h. aus zwei gleichen Hälften zusammengesetzt, die
andere Gruppe dagegen regulär oder radial, d. h. aus mehr als
zwei gleichen Stücken zusammengesetzt sei. Dem entsprechend wer-
den sämmtliche organische Formen von den meisten Morphologen in
drei grosse Gruppen gebracht: I. absolut unregelmässige Formen
(nicht halbirbar); II. regelmässige (oder strahlige) Formen (in zwei
oder mehreren Richtungen halbirbar); III. symmetrische (oder zwei-
seitige) Formen (nur in einer einzigen Richtung halbirbar).

Am wenigsten hat bisher die Frage nach der stereometrischen
Grundform des Organismus die Botaniker beschäftigt, obschon in vie-
len Pflanzen dieselbe überraschend rein und scharf ausgesprochen ist,
allerdings mehr in einzelnen Theilen (z. B. symmetrischen Blättern,
pyramidalen Früchten, tetraedrischen und dodecandrischen Pollen-Zellen),
als in ganzen Pflanzen höherer Form-Ordnung. Schleiden sagt bloss:
Regelmässig nennt man bei der Pflanze solche Formen, die sich
mit vielen Schnitten durch eine angenommene Axe in zwei gleiche
Theile theilen lassen, symmetrisch dagegen solche, die nur durch
einen einzigen Schnitt in zwei gleiche Theile, die sich dann wie
rechte und linke Hand verhalten, getheilt werden können.“ E. Meyer
nennt die ersteren (die regulären Formen) concentrische, die letz-
teren ebenfalls symmetrische, und unterscheidet als eine dritte
Form die diaphorischen (unseren Dysdipleura entsprechend), bei
welcher rechte und linke Hälfte einen organischen Gegensatz (durch
ungleiches Wachsthum) bildet, durch welchen ihre Symmetrie theil-
weis wieder aufgehoben wird. Auch Hugo von Mohl hat in seiner
Dissertation „über die Symmetrie der Pflanzen“ (1836) nur diese drei
verschiedenen Grundformen betrachtet und mit besonderer Rücksicht auf
ihre Beziehungen zum Wachsthume und zur Differenzirung (besonders
bei den niederen Pflanzen) erläutert, obwohl seine schönen Unter-
suchungen über den Pollen (1834) ihn hätten veranlassen können, die
Frage auch von einem weiteren Gesichtspunkte aus zu behandeln und
namentlich die rein stereometrische Grundform vieler Zellen hervorzu-
heben. Er behandelt aber nur die Symmetrie des Thallus, des Sten-
gels und Blattes und die allmähligen Uebergänge der symmetrischen
einerseits in die regulären („concentrischen“) andererseits in die dia-
phorischen (asymmetrischen, unsere dysdipleuren) Formen.

Weit allgemeiner und eingehender, als die Botaniker, haben sich
die Zoologen mit den organischen Grundformen hinsichtlich ihrer Ein-

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[382/0421] Begriff und Aufgabe der Promorphologie. Krystallographie sei, bei den Thieren und Pflanzen auf unüberwind- liche Hindernisse stosse. Entweder sollen geometrisch reine Formen, wie die meisten Krystalle (aber auch nur annähernd!) darstellen, im Organismus gar nicht vorkommen, oder ihre Regelmässigkeit soll sich darauf beschränken, dass die eine Gruppe der Formen symmetrisch oder bilateral, d. h. aus zwei gleichen Hälften zusammengesetzt, die andere Gruppe dagegen regulär oder radial, d. h. aus mehr als zwei gleichen Stücken zusammengesetzt sei. Dem entsprechend wer- den sämmtliche organische Formen von den meisten Morphologen in drei grosse Gruppen gebracht: I. absolut unregelmässige Formen (nicht halbirbar); II. regelmässige (oder strahlige) Formen (in zwei oder mehreren Richtungen halbirbar); III. symmetrische (oder zwei- seitige) Formen (nur in einer einzigen Richtung halbirbar). Am wenigsten hat bisher die Frage nach der stereometrischen Grundform des Organismus die Botaniker beschäftigt, obschon in vie- len Pflanzen dieselbe überraschend rein und scharf ausgesprochen ist, allerdings mehr in einzelnen Theilen (z. B. symmetrischen Blättern, pyramidalen Früchten, tetraedrischen und dodecandrischen Pollen-Zellen), als in ganzen Pflanzen höherer Form-Ordnung. Schleiden sagt bloss: „Regelmässig nennt man bei der Pflanze solche Formen, die sich mit vielen Schnitten durch eine angenommene Axe in zwei gleiche Theile theilen lassen, symmetrisch dagegen solche, die nur durch einen einzigen Schnitt in zwei gleiche Theile, die sich dann wie rechte und linke Hand verhalten, getheilt werden können.“ E. Meyer nennt die ersteren (die regulären Formen) concentrische, die letz- teren ebenfalls symmetrische, und unterscheidet als eine dritte Form die diaphorischen (unseren Dysdipleura entsprechend), bei welcher rechte und linke Hälfte einen organischen Gegensatz (durch ungleiches Wachsthum) bildet, durch welchen ihre Symmetrie theil- weis wieder aufgehoben wird. Auch Hugo von Mohl hat in seiner Dissertation „über die Symmetrie der Pflanzen“ (1836) nur diese drei verschiedenen Grundformen betrachtet und mit besonderer Rücksicht auf ihre Beziehungen zum Wachsthume und zur Differenzirung (besonders bei den niederen Pflanzen) erläutert, obwohl seine schönen Unter- suchungen über den Pollen (1834) ihn hätten veranlassen können, die Frage auch von einem weiteren Gesichtspunkte aus zu behandeln und namentlich die rein stereometrische Grundform vieler Zellen hervorzu- heben. Er behandelt aber nur die Symmetrie des Thallus, des Sten- gels und Blattes und die allmähligen Uebergänge der symmetrischen einerseits in die regulären („concentrischen“) andererseits in die dia- phorischen (asymmetrischen, unsere dysdipleuren) Formen. Weit allgemeiner und eingehender, als die Botaniker, haben sich die Zoologen mit den organischen Grundformen hinsichtlich ihrer Ein-

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/421>, abgerufen am 23.11.2024.