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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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VI. Morphologische Individuen sechster Ordnung: Stöcke.
sechster Ordnung und jenen falschen Scheinstöcken fünfter Ordnung
(Personen) oder zweiter Ordnung (Organen) zu erkennen. Der Aus-
druck Colonie oder Gemeinde (Synusie) lässt sich auf alle
diese stockartigen Verbindungen gemeinsam anwenden und bedeutet
nichts als die Vereinigung einer Vielheit von Individuen niederer Ord-
nung zu einer morphologischen Einheit höherer Ordnung. Der echte
Stock oder Cormus
aber ist eine ganz bestimmte Art dieser Colo-
nieen, nämlich nur diejenige, höchste und vollkommenste Art, welche
aus Individuen fünfter Ordnung oder Personen zusammengesetzt ist.

Da der Cormus die höchste und letzte von allen sechs Indivi-
dualitäts-Ordnungen ist, so kann er niemals als integrirender Bestand-
theil einer höheren Ordnung auftreten, wie alle fünf untergeordneten
Individualitäten und es fällt daher in gewissem Sinne stets die mor-
phologische und physiologische Individualität in ihm zusammen. Da
der morphologische Character der Person oder des Sprosses, wie wir
vorher sahen, ein ganz bestimmter ist, so muss auch gleicherweise
derjenige des Stockes, welcher stets eine Vielheit von Sprossen ist,
vollkommen fest bestimmt sein. Jeder Stock besteht demnach nicht
allein aus einer Mehrheit von Personen, sondern auch natürlich
aus einer Mehrheit von Metameren, Antimeren, Organen und Pla-
stiden, weil ja jeder einzelne Spross allein schon eine Vielheit von
diesen vier untergeordneten Individualitäten repräsentirt.

Die echten Stöcke oder Cormen erreichen ihre höchste Entwicke-
lung und weiteste Verbreitung im Pflanzenreiche, wo die allermei-
sten Phanerogamen und höheren Cryptogamen sich zu festsitzenden
Stöcken entwickeln. Nur sehr wenige Phanerogamen bleiben auf
einer niedrigeren Stufe der Individualität stehen, wie z. B. Viscum
(als Busch-Person) und die "einfachen" (nicht verästelten) Pflanzen
(als Ketten-Personen) auf der Stufe der Person. Ausnahmsweise kom-
men solche ganz einfache Personen (astlose Hauptsprosse mit einer
einzigen einfachen Blüthe) auch bei solchen Species vor, die gewöhn-
lich einen verzweigten Stock bilden, z. B. Radiola millegrana, Ery-
thraea pulchella, Saxifraga tridactylites.
Constant auf der Stufe des
Metameres (oder selbst des Antimeres?) bleibt das actuelle Bion bei
Lemna stehen.

Im Protistenreiche scheinen echte Stockbildungen im Ganzen
sehr selten zu sein. Es lassen sich, wie oben bemerkt wurde, nur die
Colonieen der Radiolarien (Polycyttarien) und der Spongien mit vielen
Osculis (Clathria, Halichondria etc.) dahin rechnen. Jedoch verharrt
auch hier, wie bei den meisten Protisten, die Individualität überhaupt
auf einer so niederen Stufe der Differenzirung, dass man selbst ge-
gen jene Deutung erhebliche Zweifel geltend machen könnte. Die
meisten sogenannten Stöcke der Protisten (z. B. Diatomeen, Flagellaten)

VI. Morphologische Individuen sechster Ordnung: Stöcke.
sechster Ordnung und jenen falschen Scheinstöcken fünfter Ordnung
(Personen) oder zweiter Ordnung (Organen) zu erkennen. Der Aus-
druck Colonie oder Gemeinde (Synusie) lässt sich auf alle
diese stockartigen Verbindungen gemeinsam anwenden und bedeutet
nichts als die Vereinigung einer Vielheit von Individuen niederer Ord-
nung zu einer morphologischen Einheit höherer Ordnung. Der echte
Stock oder Cormus
aber ist eine ganz bestimmte Art dieser Colo-
nieen, nämlich nur diejenige, höchste und vollkommenste Art, welche
aus Individuen fünfter Ordnung oder Personen zusammengesetzt ist.

Da der Cormus die höchste und letzte von allen sechs Indivi-
dualitäts-Ordnungen ist, so kann er niemals als integrirender Bestand-
theil einer höheren Ordnung auftreten, wie alle fünf untergeordneten
Individualitäten und es fällt daher in gewissem Sinne stets die mor-
phologische und physiologische Individualität in ihm zusammen. Da
der morphologische Character der Person oder des Sprosses, wie wir
vorher sahen, ein ganz bestimmter ist, so muss auch gleicherweise
derjenige des Stockes, welcher stets eine Vielheit von Sprossen ist,
vollkommen fest bestimmt sein. Jeder Stock besteht demnach nicht
allein aus einer Mehrheit von Personen, sondern auch natürlich
aus einer Mehrheit von Metameren, Antimeren, Organen und Pla-
stiden, weil ja jeder einzelne Spross allein schon eine Vielheit von
diesen vier untergeordneten Individualitäten repräsentirt.

Die echten Stöcke oder Cormen erreichen ihre höchste Entwicke-
lung und weiteste Verbreitung im Pflanzenreiche, wo die allermei-
sten Phanerogamen und höheren Cryptogamen sich zu festsitzenden
Stöcken entwickeln. Nur sehr wenige Phanerogamen bleiben auf
einer niedrigeren Stufe der Individualität stehen, wie z. B. Viscum
(als Busch-Person) und die „einfachen“ (nicht verästelten) Pflanzen
(als Ketten-Personen) auf der Stufe der Person. Ausnahmsweise kom-
men solche ganz einfache Personen (astlose Hauptsprosse mit einer
einzigen einfachen Blüthe) auch bei solchen Species vor, die gewöhn-
lich einen verzweigten Stock bilden, z. B. Radiola millegrana, Ery-
thraea pulchella, Saxifraga tridactylites.
Constant auf der Stufe des
Metameres (oder selbst des Antimeres?) bleibt das actuelle Bion bei
Lemna stehen.

Im Protistenreiche scheinen echte Stockbildungen im Ganzen
sehr selten zu sein. Es lassen sich, wie oben bemerkt wurde, nur die
Colonieen der Radiolarien (Polycyttarien) und der Spongien mit vielen
Osculis (Clathria, Halichondria etc.) dahin rechnen. Jedoch verharrt
auch hier, wie bei den meisten Protisten, die Individualität überhaupt
auf einer so niederen Stufe der Differenzirung, dass man selbst ge-
gen jene Deutung erhebliche Zweifel geltend machen könnte. Die
meisten sogenannten Stöcke der Protisten (z. B. Diatomeen, Flagellaten)

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[327/0366] VI. Morphologische Individuen sechster Ordnung: Stöcke. sechster Ordnung und jenen falschen Scheinstöcken fünfter Ordnung (Personen) oder zweiter Ordnung (Organen) zu erkennen. Der Aus- druck Colonie oder Gemeinde (Synusie) lässt sich auf alle diese stockartigen Verbindungen gemeinsam anwenden und bedeutet nichts als die Vereinigung einer Vielheit von Individuen niederer Ord- nung zu einer morphologischen Einheit höherer Ordnung. Der echte Stock oder Cormus aber ist eine ganz bestimmte Art dieser Colo- nieen, nämlich nur diejenige, höchste und vollkommenste Art, welche aus Individuen fünfter Ordnung oder Personen zusammengesetzt ist. Da der Cormus die höchste und letzte von allen sechs Indivi- dualitäts-Ordnungen ist, so kann er niemals als integrirender Bestand- theil einer höheren Ordnung auftreten, wie alle fünf untergeordneten Individualitäten und es fällt daher in gewissem Sinne stets die mor- phologische und physiologische Individualität in ihm zusammen. Da der morphologische Character der Person oder des Sprosses, wie wir vorher sahen, ein ganz bestimmter ist, so muss auch gleicherweise derjenige des Stockes, welcher stets eine Vielheit von Sprossen ist, vollkommen fest bestimmt sein. Jeder Stock besteht demnach nicht allein aus einer Mehrheit von Personen, sondern auch natürlich aus einer Mehrheit von Metameren, Antimeren, Organen und Pla- stiden, weil ja jeder einzelne Spross allein schon eine Vielheit von diesen vier untergeordneten Individualitäten repräsentirt. Die echten Stöcke oder Cormen erreichen ihre höchste Entwicke- lung und weiteste Verbreitung im Pflanzenreiche, wo die allermei- sten Phanerogamen und höheren Cryptogamen sich zu festsitzenden Stöcken entwickeln. Nur sehr wenige Phanerogamen bleiben auf einer niedrigeren Stufe der Individualität stehen, wie z. B. Viscum (als Busch-Person) und die „einfachen“ (nicht verästelten) Pflanzen (als Ketten-Personen) auf der Stufe der Person. Ausnahmsweise kom- men solche ganz einfache Personen (astlose Hauptsprosse mit einer einzigen einfachen Blüthe) auch bei solchen Species vor, die gewöhn- lich einen verzweigten Stock bilden, z. B. Radiola millegrana, Ery- thraea pulchella, Saxifraga tridactylites. Constant auf der Stufe des Metameres (oder selbst des Antimeres?) bleibt das actuelle Bion bei Lemna stehen. Im Protistenreiche scheinen echte Stockbildungen im Ganzen sehr selten zu sein. Es lassen sich, wie oben bemerkt wurde, nur die Colonieen der Radiolarien (Polycyttarien) und der Spongien mit vielen Osculis (Clathria, Halichondria etc.) dahin rechnen. Jedoch verharrt auch hier, wie bei den meisten Protisten, die Individualität überhaupt auf einer so niederen Stufe der Differenzirung, dass man selbst ge- gen jene Deutung erhebliche Zweifel geltend machen könnte. Die meisten sogenannten Stöcke der Protisten (z. B. Diatomeen, Flagellaten)

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/366>, abgerufen am 23.11.2024.