Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.der des Offiziers lag. Dann gab sie nach, als er dieselbe festhielt. Ihr war es seltsam zu Muthe. Es geschah, was schon oft geschehen ist, daß zwei junge, unverdorbene Wesen mit heißem Blut, die sich zuvor nie sahen, sich plötzlich in einem Gefühl der Liebe zu einander befinden, daß ein Blick, ein leichtes Gespräch zwei Herzen fesselte, von denen vor einer Stunde noch keins gewußt, daß in der weiten Welt das andere schlage. Durch den Körper des jungen achtzehnjährigen Offiziers strömte es glühend und entzückert, und auch das Mädchen ließ ihm ihre zitternde Hand, die er heftig an seine Lippen drückte. Auch die Nacht mochte daran Schuld sein, die stille, heilige, trauliche Nacht, der Duft der Blumen und vor Allem auch die Liebeslieder der Nachtigallen. -- O diese Nachtigallen! -- -- Wie glücklich bin ich, sagte der Offizier, daß ich hierher kam, daß ich hier warten muß, und daß ich dich sah, Teresina. Mir ist es auch lieb, entgegnete das Mädchen, ach so lieb, ich weiß nicht wie? Nur möchte ich viel lieber weinen, als lachen. Dabei legte sie den Kopf vorwärts auf ihren Arm und ihre Stirne auf seine Hand, und er beugte sich zu ihr nieder und drückte einen Kuß auf ihren schlanken Hals. Die drei jungen Leute waren in diesem Angenblick so glücklich, der junge Reisende, das junge Mädchen und der Bambino in ihrem Schoß; denn letzterem war es nach einigen ver- der des Offiziers lag. Dann gab sie nach, als er dieselbe festhielt. Ihr war es seltsam zu Muthe. Es geschah, was schon oft geschehen ist, daß zwei junge, unverdorbene Wesen mit heißem Blut, die sich zuvor nie sahen, sich plötzlich in einem Gefühl der Liebe zu einander befinden, daß ein Blick, ein leichtes Gespräch zwei Herzen fesselte, von denen vor einer Stunde noch keins gewußt, daß in der weiten Welt das andere schlage. Durch den Körper des jungen achtzehnjährigen Offiziers strömte es glühend und entzückert, und auch das Mädchen ließ ihm ihre zitternde Hand, die er heftig an seine Lippen drückte. Auch die Nacht mochte daran Schuld sein, die stille, heilige, trauliche Nacht, der Duft der Blumen und vor Allem auch die Liebeslieder der Nachtigallen. — O diese Nachtigallen! — — Wie glücklich bin ich, sagte der Offizier, daß ich hierher kam, daß ich hier warten muß, und daß ich dich sah, Teresina. Mir ist es auch lieb, entgegnete das Mädchen, ach so lieb, ich weiß nicht wie? Nur möchte ich viel lieber weinen, als lachen. Dabei legte sie den Kopf vorwärts auf ihren Arm und ihre Stirne auf seine Hand, und er beugte sich zu ihr nieder und drückte einen Kuß auf ihren schlanken Hals. Die drei jungen Leute waren in diesem Angenblick so glücklich, der junge Reisende, das junge Mädchen und der Bambino in ihrem Schoß; denn letzterem war es nach einigen ver- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0028"/> der des Offiziers lag. Dann gab sie nach, als er dieselbe festhielt.</p><lb/> <p>Ihr war es seltsam zu Muthe. Es geschah, was schon oft geschehen ist, daß zwei junge, unverdorbene Wesen mit heißem Blut, die sich zuvor nie sahen, sich plötzlich in einem Gefühl der Liebe zu einander befinden, daß ein Blick, ein leichtes Gespräch zwei Herzen fesselte, von denen vor einer Stunde noch keins gewußt, daß in der weiten Welt das andere schlage.</p><lb/> <p>Durch den Körper des jungen achtzehnjährigen Offiziers strömte es glühend und entzückert, und auch das Mädchen ließ ihm ihre zitternde Hand, die er heftig an seine Lippen drückte. Auch die Nacht mochte daran Schuld sein, die stille, heilige, trauliche Nacht, der Duft der Blumen und vor Allem auch die Liebeslieder der Nachtigallen. — O diese Nachtigallen! — —</p><lb/> <p>Wie glücklich bin ich, sagte der Offizier, daß ich hierher kam, daß ich hier warten muß, und daß ich dich sah, Teresina.</p><lb/> <p>Mir ist es auch lieb, entgegnete das Mädchen, ach so lieb, ich weiß nicht wie? Nur möchte ich viel lieber weinen, als lachen. Dabei legte sie den Kopf vorwärts auf ihren Arm und ihre Stirne auf seine Hand, und er beugte sich zu ihr nieder und drückte einen Kuß auf ihren schlanken Hals. Die drei jungen Leute waren in diesem Angenblick so glücklich, der junge Reisende, das junge Mädchen und der Bambino in ihrem Schoß; denn letzterem war es nach einigen ver-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0028]
der des Offiziers lag. Dann gab sie nach, als er dieselbe festhielt.
Ihr war es seltsam zu Muthe. Es geschah, was schon oft geschehen ist, daß zwei junge, unverdorbene Wesen mit heißem Blut, die sich zuvor nie sahen, sich plötzlich in einem Gefühl der Liebe zu einander befinden, daß ein Blick, ein leichtes Gespräch zwei Herzen fesselte, von denen vor einer Stunde noch keins gewußt, daß in der weiten Welt das andere schlage.
Durch den Körper des jungen achtzehnjährigen Offiziers strömte es glühend und entzückert, und auch das Mädchen ließ ihm ihre zitternde Hand, die er heftig an seine Lippen drückte. Auch die Nacht mochte daran Schuld sein, die stille, heilige, trauliche Nacht, der Duft der Blumen und vor Allem auch die Liebeslieder der Nachtigallen. — O diese Nachtigallen! — —
Wie glücklich bin ich, sagte der Offizier, daß ich hierher kam, daß ich hier warten muß, und daß ich dich sah, Teresina.
Mir ist es auch lieb, entgegnete das Mädchen, ach so lieb, ich weiß nicht wie? Nur möchte ich viel lieber weinen, als lachen. Dabei legte sie den Kopf vorwärts auf ihren Arm und ihre Stirne auf seine Hand, und er beugte sich zu ihr nieder und drückte einen Kuß auf ihren schlanken Hals. Die drei jungen Leute waren in diesem Angenblick so glücklich, der junge Reisende, das junge Mädchen und der Bambino in ihrem Schoß; denn letzterem war es nach einigen ver-
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Zitationshilfe: | Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/28>, abgerufen am 28.07.2024. |