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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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Allein es ist in Wahrheit unmöglich, einen allgemeinen Durchschnittscharakter zu zeichnen, da die besondern hier vorkommenden Nüancen so zahlreich wie die Lebensschicksale sind. Denn diesen mag ein großer Theil der Geschöpfe unterliegen. Sie mögen von treulosen Liebhabern betrogen seyn, sie mögen nicht wissen, woher sie Nahrung nehmen sollen. Fürchterlicher sind jene Fälle, wo das Laster schon durch die Erziehung eingeimpft ist und schon die Kinder angelernt werden, als Werkzeuge einer überreizten Sinnlichkeit zu dienen. Sieht man nicht alte triefäugige Weiber mit phantastisch gepuzten Kindern gehen, gleichsam als führten sie die schon im Mutterleib (denn die Mütter haben nicht selten dabei ihre Hand im Spiele!) verdorbenen Wesen in die Schule, während ihre Waare den spürenden Kennern schon verständlich ist! Bei den Meisten ist die Schuld des Fehltritts jedenfalls nur die Sinnlichkeit selbst, wenigstens begleitet sie alle übrigen Ursachen und gibt ihnen den Weg an, sich auf diese ehrlose Weise zu helfen. Mangel an moralischer Elastizität in den untern und zuweilen noch mehr in den mittlern Volksklassen erleichtert den gefährlichen Schritt; oft ist es auch die bloße Gedankenlosigkeit und Verstandesschwäche, die vielleicht nicht grade den ersten Schritt hervorruft, aber von den folgenden doch nicht zurückhält. Gedankenschwäche wird zulezt wenigstens etwas Stationäres bei diesen Geschöpfen. Sie erhalten einen Zug,

Allein es ist in Wahrheit unmöglich, einen allgemeinen Durchschnittscharakter zu zeichnen, da die besondern hier vorkommenden Nüancen so zahlreich wie die Lebensschicksale sind. Denn diesen mag ein großer Theil der Geschöpfe unterliegen. Sie mögen von treulosen Liebhabern betrogen seyn, sie mögen nicht wissen, woher sie Nahrung nehmen sollen. Fürchterlicher sind jene Fälle, wo das Laster schon durch die Erziehung eingeimpft ist und schon die Kinder angelernt werden, als Werkzeuge einer überreizten Sinnlichkeit zu dienen. Sieht man nicht alte triefäugige Weiber mit phantastisch gepuzten Kindern gehen, gleichsam als führten sie die schon im Mutterleib (denn die Mütter haben nicht selten dabei ihre Hand im Spiele!) verdorbenen Wesen in die Schule, während ihre Waare den spürenden Kennern schon verständlich ist! Bei den Meisten ist die Schuld des Fehltritts jedenfalls nur die Sinnlichkeit selbst, wenigstens begleitet sie alle übrigen Ursachen und gibt ihnen den Weg an, sich auf diese ehrlose Weise zu helfen. Mangel an moralischer Elastizität in den untern und zuweilen noch mehr in den mittlern Volksklassen erleichtert den gefährlichen Schritt; oft ist es auch die bloße Gedankenlosigkeit und Verstandesschwäche, die vielleicht nicht grade den ersten Schritt hervorruft, aber von den folgenden doch nicht zurückhält. Gedankenschwäche wird zulezt wenigstens etwas Stationäres bei diesen Geschöpfen. Sie erhalten einen Zug,

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[51/0053] Allein es ist in Wahrheit unmöglich, einen allgemeinen Durchschnittscharakter zu zeichnen, da die besondern hier vorkommenden Nüancen so zahlreich wie die Lebensschicksale sind. Denn diesen mag ein großer Theil der Geschöpfe unterliegen. Sie mögen von treulosen Liebhabern betrogen seyn, sie mögen nicht wissen, woher sie Nahrung nehmen sollen. Fürchterlicher sind jene Fälle, wo das Laster schon durch die Erziehung eingeimpft ist und schon die Kinder angelernt werden, als Werkzeuge einer überreizten Sinnlichkeit zu dienen. Sieht man nicht alte triefäugige Weiber mit phantastisch gepuzten Kindern gehen, gleichsam als führten sie die schon im Mutterleib (denn die Mütter haben nicht selten dabei ihre Hand im Spiele!) verdorbenen Wesen in die Schule, während ihre Waare den spürenden Kennern schon verständlich ist! Bei den Meisten ist die Schuld des Fehltritts jedenfalls nur die Sinnlichkeit selbst, wenigstens begleitet sie alle übrigen Ursachen und gibt ihnen den Weg an, sich auf diese ehrlose Weise zu helfen. Mangel an moralischer Elastizität in den untern und zuweilen noch mehr in den mittlern Volksklassen erleichtert den gefährlichen Schritt; oft ist es auch die bloße Gedankenlosigkeit und Verstandesschwäche, die vielleicht nicht grade den ersten Schritt hervorruft, aber von den folgenden doch nicht zurückhält. Gedankenschwäche wird zulezt wenigstens etwas Stationäres bei diesen Geschöpfen. Sie erhalten einen Zug,

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/53>, abgerufen am 25.11.2024.