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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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schwer seyn, zu bestimmen, wessen wir uns gewärtig halten dürfen. Was wird uns das Jahrhundert im Ganzen und Großen bringen, welche Grundsätze werden sich befestigen, welches wird der Same seyn, den künftige Zeiten von den unsrigen erben werden?

Der Jnhalt unseres ganzen Werkes kam darauf hinaus, daß unsere Zeit die Resultate der Revolution sich auf gesetzmäßige Weise sichern will. Friedlich wird der Charakter unseres Jahrhunderts bleiben. Es hat am Kriege erlebt, wie wenig er die Freiheit sichert, wie sehr er das allgemeine Wohl der einzelnen Willkür preisgibt, selbst wenn diese das schöne Schauspiel darbietet, mit Genie verbunden zu seyn. Was zur Befestigung des Nationalwohles gehört, hat sich schon über die Untersuchung erhoben. Man rechnet dazu die rechtlich gesicherten Verfassungen der Staaten, die Erleichterungen der Existenz, die Abschaffung der Geburtsprivilegien, die Abschaffung der Priestervorrechte. Wer wird läugnen, daß dies die Resultate der Revolution sind? Allein verschieden vom vorigen Jahrhundert wird sich das unsrige dadurch auszeichnen, daß es den Geist der Liebe und Versöhnung wieder walten ließ, daß es die Befreiung der einen nicht ohne Entschädigung der andern lassen will, daß es einen Abscheu empfindet, die Saatfelder der Humanität mit Blut zu düngen. Weil das, was unser Jahrhundert erstrebt, im Staate nur sich bilden kann, so umgeht

schwer seyn, zu bestimmen, wessen wir uns gewärtig halten dürfen. Was wird uns das Jahrhundert im Ganzen und Großen bringen, welche Grundsätze werden sich befestigen, welches wird der Same seyn, den künftige Zeiten von den unsrigen erben werden?

Der Jnhalt unseres ganzen Werkes kam darauf hinaus, daß unsere Zeit die Resultate der Revolution sich auf gesetzmäßige Weise sichern will. Friedlich wird der Charakter unseres Jahrhunderts bleiben. Es hat am Kriege erlebt, wie wenig er die Freiheit sichert, wie sehr er das allgemeine Wohl der einzelnen Willkür preisgibt, selbst wenn diese das schöne Schauspiel darbietet, mit Genie verbunden zu seyn. Was zur Befestigung des Nationalwohles gehört, hat sich schon über die Untersuchung erhoben. Man rechnet dazu die rechtlich gesicherten Verfassungen der Staaten, die Erleichterungen der Existenz, die Abschaffung der Geburtsprivilegien, die Abschaffung der Priestervorrechte. Wer wird läugnen, daß dies die Resultate der Revolution sind? Allein verschieden vom vorigen Jahrhundert wird sich das unsrige dadurch auszeichnen, daß es den Geist der Liebe und Versöhnung wieder walten ließ, daß es die Befreiung der einen nicht ohne Entschädigung der andern lassen will, daß es einen Abscheu empfindet, die Saatfelder der Humanität mit Blut zu düngen. Weil das, was unser Jahrhundert erstrebt, im Staate nur sich bilden kann, so umgeht

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[373/0375] schwer seyn, zu bestimmen, wessen wir uns gewärtig halten dürfen. Was wird uns das Jahrhundert im Ganzen und Großen bringen, welche Grundsätze werden sich befestigen, welches wird der Same seyn, den künftige Zeiten von den unsrigen erben werden? Der Jnhalt unseres ganzen Werkes kam darauf hinaus, daß unsere Zeit die Resultate der Revolution sich auf gesetzmäßige Weise sichern will. Friedlich wird der Charakter unseres Jahrhunderts bleiben. Es hat am Kriege erlebt, wie wenig er die Freiheit sichert, wie sehr er das allgemeine Wohl der einzelnen Willkür preisgibt, selbst wenn diese das schöne Schauspiel darbietet, mit Genie verbunden zu seyn. Was zur Befestigung des Nationalwohles gehört, hat sich schon über die Untersuchung erhoben. Man rechnet dazu die rechtlich gesicherten Verfassungen der Staaten, die Erleichterungen der Existenz, die Abschaffung der Geburtsprivilegien, die Abschaffung der Priestervorrechte. Wer wird läugnen, daß dies die Resultate der Revolution sind? Allein verschieden vom vorigen Jahrhundert wird sich das unsrige dadurch auszeichnen, daß es den Geist der Liebe und Versöhnung wieder walten ließ, daß es die Befreiung der einen nicht ohne Entschädigung der andern lassen will, daß es einen Abscheu empfindet, die Saatfelder der Humanität mit Blut zu düngen. Weil das, was unser Jahrhundert erstrebt, im Staate nur sich bilden kann, so umgeht

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/375>, abgerufen am 22.11.2024.