Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.auch nicht ganz in seiner journalistischen Roheit, doch in seinen Tendenzen, in ihr eigenes Bereich aufzunehmen? Doch geben wir diese Gedankenverbindung auf, und halten wir uns zunächst an das Reinformelle der Presse, welches in den Fragen über Schrifteigenthum, Nachdruck, Censur und Buchhandlungsmethode für unsre Zeit so außerordentlich wichtig geworden ist. Wenn die Presse politisch nicht gesichert ist, so liegt dies in dem für unsere Zeit schon natürlich gewordnen Verhältniß derselben zum Staate; der Staat ist Position, die Presse Negation. Wo jener ein Jnteresse der Befestigung hat, hat diese ein Jnteresse der Auflösung, und wenn Philosophen den Begriff des Werdens in die beiden Faktoren des Seyns und der Negation auflösen, so ist wohl gerade die Presse die Stütze und das weiteste Gewand jenes negativen Prinzipes, durch welches im Staate etwas wird. Allein daß die Presse noch nicht einmal juristisch bestimmt ist, daran ist vor allen Dingen die Bildung der Juristen schuld, die Tradition des Rechtes und vielleicht auch jene Gleichgültigkeit gegen die Jnteressen der Presse, welche man bei einem von ihr bedrohten Staate voraussetzen muß. Allerdings sind durch positive Gesetze Schrifteigenthum und Verlagsrecht gesichert, aber doch noch nicht überall, und völkerrechtlich nirgends. Nicht nur, daß die Amerikaner unsere englische Literatur, die Belgier die französische auch nicht ganz in seiner journalistischen Roheit, doch in seinen Tendenzen, in ihr eigenes Bereich aufzunehmen? Doch geben wir diese Gedankenverbindung auf, und halten wir uns zunächst an das Reinformelle der Presse, welches in den Fragen über Schrifteigenthum, Nachdruck, Censur und Buchhandlungsmethode für unsre Zeit so außerordentlich wichtig geworden ist. Wenn die Presse politisch nicht gesichert ist, so liegt dies in dem für unsere Zeit schon natürlich gewordnen Verhältniß derselben zum Staate; der Staat ist Position, die Presse Negation. Wo jener ein Jnteresse der Befestigung hat, hat diese ein Jnteresse der Auflösung, und wenn Philosophen den Begriff des Werdens in die beiden Faktoren des Seyns und der Negation auflösen, so ist wohl gerade die Presse die Stütze und das weiteste Gewand jenes negativen Prinzipes, durch welches im Staate etwas wird. Allein daß die Presse noch nicht einmal juristisch bestimmt ist, daran ist vor allen Dingen die Bildung der Juristen schuld, die Tradition des Rechtes und vielleicht auch jene Gleichgültigkeit gegen die Jnteressen der Presse, welche man bei einem von ihr bedrohten Staate voraussetzen muß. Allerdings sind durch positive Gesetze Schrifteigenthum und Verlagsrecht gesichert, aber doch noch nicht überall, und völkerrechtlich nirgends. Nicht nur, daß die Amerikaner unsere englische Literatur, die Belgier die französische <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0303" n="301"/> auch nicht ganz in seiner journalistischen Roheit, doch in seinen Tendenzen, in ihr eigenes Bereich aufzunehmen? Doch geben wir diese Gedankenverbindung auf, und halten wir uns zunächst an das Reinformelle der Presse, welches in den Fragen über Schrifteigenthum, Nachdruck, Censur und Buchhandlungsmethode für unsre Zeit so außerordentlich wichtig geworden ist.</p> <p>Wenn die Presse politisch nicht gesichert ist, so liegt dies in dem für unsere Zeit schon natürlich gewordnen Verhältniß derselben zum Staate; der Staat ist Position, die Presse Negation. Wo jener ein Jnteresse der Befestigung hat, hat diese ein Jnteresse der Auflösung, und wenn Philosophen den Begriff des Werdens in die beiden Faktoren des Seyns und der Negation auflösen, so ist wohl gerade die Presse die Stütze und das weiteste Gewand jenes negativen Prinzipes, durch welches im Staate etwas wird. Allein daß die Presse noch nicht einmal juristisch bestimmt ist, daran ist vor allen Dingen die Bildung der Juristen schuld, die Tradition des Rechtes und vielleicht auch jene Gleichgültigkeit gegen die Jnteressen der Presse, welche man bei einem von ihr bedrohten Staate voraussetzen muß. Allerdings sind durch positive Gesetze Schrifteigenthum und Verlagsrecht gesichert, aber doch noch nicht überall, und völkerrechtlich nirgends. Nicht nur, daß die Amerikaner unsere englische Literatur, die Belgier die französische </p> </div> </body> </text> </TEI> [301/0303]
auch nicht ganz in seiner journalistischen Roheit, doch in seinen Tendenzen, in ihr eigenes Bereich aufzunehmen? Doch geben wir diese Gedankenverbindung auf, und halten wir uns zunächst an das Reinformelle der Presse, welches in den Fragen über Schrifteigenthum, Nachdruck, Censur und Buchhandlungsmethode für unsre Zeit so außerordentlich wichtig geworden ist.
Wenn die Presse politisch nicht gesichert ist, so liegt dies in dem für unsere Zeit schon natürlich gewordnen Verhältniß derselben zum Staate; der Staat ist Position, die Presse Negation. Wo jener ein Jnteresse der Befestigung hat, hat diese ein Jnteresse der Auflösung, und wenn Philosophen den Begriff des Werdens in die beiden Faktoren des Seyns und der Negation auflösen, so ist wohl gerade die Presse die Stütze und das weiteste Gewand jenes negativen Prinzipes, durch welches im Staate etwas wird. Allein daß die Presse noch nicht einmal juristisch bestimmt ist, daran ist vor allen Dingen die Bildung der Juristen schuld, die Tradition des Rechtes und vielleicht auch jene Gleichgültigkeit gegen die Jnteressen der Presse, welche man bei einem von ihr bedrohten Staate voraussetzen muß. Allerdings sind durch positive Gesetze Schrifteigenthum und Verlagsrecht gesichert, aber doch noch nicht überall, und völkerrechtlich nirgends. Nicht nur, daß die Amerikaner unsere englische Literatur, die Belgier die französische
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/303 |
Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/303>, abgerufen am 16.07.2024. |