Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

Bild:
<< vorherige Seite

hie und da vor der Gewerbfreiheit zu verpallisadiren wußte, der aber doch überall früher oder später einer Zeit zum Opfer gebracht werden muß, welche die Rennbahn der Konkurrenz jedem Talente, jedem Jnteresse freigegeben hat. Endlich bestände das dritte Treffen aus den jüdischen Lazaroni's, welche bekanntlich durch ihren Schachergeist den Christen eine so große Plage sind, daß man froh seyn sollte, wenn dem Staate Zwangsmittel zu Gebote stünden, diese faulen Straßenwucherer aus ihrem die Judengassen verpestenden Dolce farniente zu ziehen und sie zu andern Arbeiten anzuhalten, als zu dem Lotterhandel auf dem platten Land und in den Winkeln der Städte. Es ist wahr, die gemeinen Juden sind entsetzlich faul; sie spielen alle die großen Herren und scheuen die Arbeit. Der Druck, in welchem der Staat sie erhält, bestärkt sie darin. Die Emanzipation würde ihm das Recht geben und die Pflicht auferlegen, diese Liederlichkeit zu hintertreiben und die Juden zur Arbeit zwangsweise anzuhalten.

Gewöhnlich will man die Emanzipation von der Bildung, die sich die Juden erst verschaffen sollen, abhängig machen; man sagt ihnen wohl: "emanzipirt euch selbst, dann soll euch die politische Freiheit nicht fehlen!" Allein hier übersieht man, daß gerade jene Bildung, die wir an den Juden vermissen, jene Bildung, die sie mit uns gleich machen und den scharfen Accent des Unterschieds aufheben soll, daß sie nicht

hie und da vor der Gewerbfreiheit zu verpallisadiren wußte, der aber doch überall früher oder später einer Zeit zum Opfer gebracht werden muß, welche die Rennbahn der Konkurrenz jedem Talente, jedem Jnteresse freigegeben hat. Endlich bestände das dritte Treffen aus den jüdischen Lazaroni’s, welche bekanntlich durch ihren Schachergeist den Christen eine so große Plage sind, daß man froh seyn sollte, wenn dem Staate Zwangsmittel zu Gebote stünden, diese faulen Straßenwucherer aus ihrem die Judengassen verpestenden Dolce farniente zu ziehen und sie zu andern Arbeiten anzuhalten, als zu dem Lotterhandel auf dem platten Land und in den Winkeln der Städte. Es ist wahr, die gemeinen Juden sind entsetzlich faul; sie spielen alle die großen Herren und scheuen die Arbeit. Der Druck, in welchem der Staat sie erhält, bestärkt sie darin. Die Emanzipation würde ihm das Recht geben und die Pflicht auferlegen, diese Liederlichkeit zu hintertreiben und die Juden zur Arbeit zwangsweise anzuhalten.

Gewöhnlich will man die Emanzipation von der Bildung, die sich die Juden erst verschaffen sollen, abhängig machen; man sagt ihnen wohl: "emanzipirt euch selbst, dann soll euch die politische Freiheit nicht fehlen!" Allein hier übersieht man, daß gerade jene Bildung, die wir an den Juden vermissen, jene Bildung, die sie mit uns gleich machen und den scharfen Accent des Unterschieds aufheben soll, daß sie nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0226" n="224"/>
hie und da vor der Gewerbfreiheit zu verpallisadiren wußte, der aber doch überall früher oder später einer Zeit zum Opfer gebracht werden muß, welche die Rennbahn der Konkurrenz jedem Talente, jedem Jnteresse freigegeben hat. Endlich bestände das dritte Treffen aus den jüdischen Lazaroni&#x2019;s, welche bekanntlich durch ihren Schachergeist den Christen eine so große Plage sind, daß man froh seyn sollte, wenn dem Staate Zwangsmittel zu Gebote stünden, diese faulen Straßenwucherer aus ihrem die Judengassen verpestenden <hi rendition="#aq">Dolce farniente</hi> zu ziehen und sie zu andern Arbeiten anzuhalten, als zu dem Lotterhandel auf dem platten Land und in den Winkeln der Städte. Es ist wahr, die gemeinen Juden sind entsetzlich faul; sie spielen alle die großen Herren und scheuen die Arbeit. Der Druck, in welchem der Staat sie erhält, bestärkt sie darin. Die Emanzipation würde ihm das Recht geben und die Pflicht auferlegen, diese Liederlichkeit zu hintertreiben und die Juden zur Arbeit zwangsweise anzuhalten.</p>
        <p>Gewöhnlich will man die Emanzipation von der Bildung, die sich die Juden erst verschaffen sollen, abhängig machen; man sagt ihnen wohl: "emanzipirt euch selbst, dann soll euch die politische Freiheit nicht fehlen!" Allein hier übersieht man, daß gerade jene Bildung, die wir an den Juden vermissen, jene Bildung, die sie mit uns gleich machen und den scharfen Accent des Unterschieds aufheben soll, daß sie nicht
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0226] hie und da vor der Gewerbfreiheit zu verpallisadiren wußte, der aber doch überall früher oder später einer Zeit zum Opfer gebracht werden muß, welche die Rennbahn der Konkurrenz jedem Talente, jedem Jnteresse freigegeben hat. Endlich bestände das dritte Treffen aus den jüdischen Lazaroni’s, welche bekanntlich durch ihren Schachergeist den Christen eine so große Plage sind, daß man froh seyn sollte, wenn dem Staate Zwangsmittel zu Gebote stünden, diese faulen Straßenwucherer aus ihrem die Judengassen verpestenden Dolce farniente zu ziehen und sie zu andern Arbeiten anzuhalten, als zu dem Lotterhandel auf dem platten Land und in den Winkeln der Städte. Es ist wahr, die gemeinen Juden sind entsetzlich faul; sie spielen alle die großen Herren und scheuen die Arbeit. Der Druck, in welchem der Staat sie erhält, bestärkt sie darin. Die Emanzipation würde ihm das Recht geben und die Pflicht auferlegen, diese Liederlichkeit zu hintertreiben und die Juden zur Arbeit zwangsweise anzuhalten. Gewöhnlich will man die Emanzipation von der Bildung, die sich die Juden erst verschaffen sollen, abhängig machen; man sagt ihnen wohl: "emanzipirt euch selbst, dann soll euch die politische Freiheit nicht fehlen!" Allein hier übersieht man, daß gerade jene Bildung, die wir an den Juden vermissen, jene Bildung, die sie mit uns gleich machen und den scharfen Accent des Unterschieds aufheben soll, daß sie nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-09-13T12:39:16Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-09-13T12:39:16Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-09-13T12:39:16Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/226
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/226>, abgerufen am 21.11.2024.