Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.dies geschah, die beispiellose Dreistigkeit, mit der man an Sätze hielt, wo es kaum etwas Menschenmögliches zu seyn scheint, daran zu glauben, diese Orthodoxie, welche nebenbei auch immer die Blasen des biblischen Styles trieb, hat uns so vielen Schreck eingejagt, daß wir in religiösen Dingen wie die Schulknaben dasitzen und entweder Nichts oder Alles glauben. Die Möglichkeit, wie das Unterhaus über die Motive, mit welchen Sir R. Agnew seine Sonntagsbill zu vertheidigen pflegt, nicht laut auflacht oder die Achseln zuckt, rührt nur von dieser kecken Theologie her, die sich bei uns trotz des fortschreitenden Zeitgeistes erhalten hat. Auch das, was die Dissenters für die Theologie leisten, ist gering. Wen sein Glaube glückselig macht, der fühlt kein Bedürfniß einer wissenschaftlichen Prüfung desselben. Die Literatur der Dissenters besteht aus religiösen Romanen und Erweckungsschriften, in welchem Gebiet die Doddridge und Baxter viel evangelisches Wasser ausgesintert haben. Trotz des Bannfluches, welchen Master Rose auf die deutsche Theologie geschleudert, werden unparteiische Forscher doch anerkennen, daß in der Schweiz, Deutschland und Holland das Meiste für die protestantische Theologie geschehen ist. Dort war das Christenthum nicht bloß, wie in England, die hochfahrende Grille der Geistlichkeit; sondern es wurde theils allerdings aus zweideutiger Stimmung gegen dasselbe, dies geschah, die beispiellose Dreistigkeit, mit der man an Sätze hielt, wo es kaum etwas Menschenmögliches zu seyn scheint, daran zu glauben, diese Orthodoxie, welche nebenbei auch immer die Blasen des biblischen Styles trieb, hat uns so vielen Schreck eingejagt, daß wir in religiösen Dingen wie die Schulknaben dasitzen und entweder Nichts oder Alles glauben. Die Möglichkeit, wie das Unterhaus über die Motive, mit welchen Sir R. Agnew seine Sonntagsbill zu vertheidigen pflegt, nicht laut auflacht oder die Achseln zuckt, rührt nur von dieser kecken Theologie her, die sich bei uns trotz des fortschreitenden Zeitgeistes erhalten hat. Auch das, was die Dissenters für die Theologie leisten, ist gering. Wen sein Glaube glückselig macht, der fühlt kein Bedürfniß einer wissenschaftlichen Prüfung desselben. Die Literatur der Dissenters besteht aus religiösen Romanen und Erweckungsschriften, in welchem Gebiet die Doddridge und Baxter viel evangelisches Wasser ausgesintert haben. Trotz des Bannfluches, welchen Master Rose auf die deutsche Theologie geschleudert, werden unparteiische Forscher doch anerkennen, daß in der Schweiz, Deutschland und Holland das Meiste für die protestantische Theologie geschehen ist. Dort war das Christenthum nicht bloß, wie in England, die hochfahrende Grille der Geistlichkeit; sondern es wurde theils allerdings aus zweideutiger Stimmung gegen dasselbe, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0169" n="167"/> dies geschah, die beispiellose Dreistigkeit, mit der man an Sätze hielt, wo es kaum etwas Menschenmögliches zu seyn scheint, daran zu glauben, diese Orthodoxie, welche nebenbei auch immer die Blasen des biblischen Styles trieb, hat uns so vielen Schreck eingejagt, daß wir in religiösen Dingen wie die Schulknaben dasitzen und entweder Nichts oder Alles glauben. Die Möglichkeit, wie das Unterhaus über die Motive, mit welchen Sir R. <hi rendition="#g">Agnew</hi> seine Sonntagsbill zu vertheidigen pflegt, nicht laut auflacht oder die Achseln zuckt, rührt nur von dieser kecken Theologie her, die sich bei uns trotz des fortschreitenden Zeitgeistes erhalten hat. Auch das, was die Dissenters für die Theologie leisten, ist gering. Wen sein Glaube glückselig macht, der fühlt kein Bedürfniß einer wissenschaftlichen Prüfung desselben. Die Literatur der Dissenters besteht aus religiösen Romanen und Erweckungsschriften, in welchem Gebiet die <hi rendition="#g">Doddridge</hi> und <hi rendition="#g">Baxter</hi> viel evangelisches Wasser ausgesintert haben.</p> <p>Trotz des Bannfluches, welchen Master <hi rendition="#g">Rose</hi> auf die deutsche Theologie geschleudert, werden unparteiische Forscher doch anerkennen, daß in der Schweiz, Deutschland und Holland das Meiste für die protestantische Theologie geschehen ist. Dort war das Christenthum nicht bloß, wie in England, die hochfahrende Grille der Geistlichkeit; sondern es wurde theils allerdings aus zweideutiger Stimmung gegen dasselbe, </p> </div> </body> </text> </TEI> [167/0169]
dies geschah, die beispiellose Dreistigkeit, mit der man an Sätze hielt, wo es kaum etwas Menschenmögliches zu seyn scheint, daran zu glauben, diese Orthodoxie, welche nebenbei auch immer die Blasen des biblischen Styles trieb, hat uns so vielen Schreck eingejagt, daß wir in religiösen Dingen wie die Schulknaben dasitzen und entweder Nichts oder Alles glauben. Die Möglichkeit, wie das Unterhaus über die Motive, mit welchen Sir R. Agnew seine Sonntagsbill zu vertheidigen pflegt, nicht laut auflacht oder die Achseln zuckt, rührt nur von dieser kecken Theologie her, die sich bei uns trotz des fortschreitenden Zeitgeistes erhalten hat. Auch das, was die Dissenters für die Theologie leisten, ist gering. Wen sein Glaube glückselig macht, der fühlt kein Bedürfniß einer wissenschaftlichen Prüfung desselben. Die Literatur der Dissenters besteht aus religiösen Romanen und Erweckungsschriften, in welchem Gebiet die Doddridge und Baxter viel evangelisches Wasser ausgesintert haben.
Trotz des Bannfluches, welchen Master Rose auf die deutsche Theologie geschleudert, werden unparteiische Forscher doch anerkennen, daß in der Schweiz, Deutschland und Holland das Meiste für die protestantische Theologie geschehen ist. Dort war das Christenthum nicht bloß, wie in England, die hochfahrende Grille der Geistlichkeit; sondern es wurde theils allerdings aus zweideutiger Stimmung gegen dasselbe,
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