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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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Man mag nun von dem Constitutionalismus, der jezt über die Spanier gekommen ist, denken, was man will, so muß man doch einräumen, daß er nichts Gezwungenes und Gemachtes ist, sondern mit jener Jdee zusammenhängt, welche man in Spanien von Culturfortschritten überhaupt hat. Dieser Constitutionalismus ignorirt aber das religiöse Leben mit vollkommnem Gleichmuth. Er wirft dem gemeinen Volk einen Knochen hin, woran es nagen mag, denkt aber, trotz des über ihn gekommenen Reformationseifers, nicht im Entferntesten daran, auch noch die Kirche als etwas Wesentliches anzusehen, worauf es im Völkerleben groß ankäme.

Und blickt man dahin, wo in Religionssachen nicht mehr die unmittelbare gotttrunkene Vision des Himmels sich zeigt, sondern Prämissen und Brücken gebaut sind, um in das Allerheiligste einzusteigen, so sieht man dort eben hinlänglich, daß Religion und Christenthum überall da, wo sie etwas Wirksames vorstellen, vermittelt sind, vermittelt durch die Verachtung der Welt, vermittelt durch die Armuth, vermittelt durch die Schwärmerei, durch die Philosophie. Und in dem Gebiete der Lehre selbst, wie auch in dem gebildeten Theile der Gemeinde, herrscht so heftiger Prinzipienstreit über die Erkenntniß des Göttlichen und die dem Verstand und der Phantasie gesezten Grenzen, daß in der That das religiöse Bewußtseyn nicht nur überall ein kämpfendes ist, sondern auch für sich abgeschlossen und vereinzelt dasteht.

Man mag nun von dem Constitutionalismus, der jezt über die Spanier gekommen ist, denken, was man will, so muß man doch einräumen, daß er nichts Gezwungenes und Gemachtes ist, sondern mit jener Jdee zusammenhängt, welche man in Spanien von Culturfortschritten überhaupt hat. Dieser Constitutionalismus ignorirt aber das religiöse Leben mit vollkommnem Gleichmuth. Er wirft dem gemeinen Volk einen Knochen hin, woran es nagen mag, denkt aber, trotz des über ihn gekommenen Reformationseifers, nicht im Entferntesten daran, auch noch die Kirche als etwas Wesentliches anzusehen, worauf es im Völkerleben groß ankäme.

Und blickt man dahin, wo in Religionssachen nicht mehr die unmittelbare gotttrunkene Vision des Himmels sich zeigt, sondern Prämissen und Brücken gebaut sind, um in das Allerheiligste einzusteigen, so sieht man dort eben hinlänglich, daß Religion und Christenthum überall da, wo sie etwas Wirksames vorstellen, vermittelt sind, vermittelt durch die Verachtung der Welt, vermittelt durch die Armuth, vermittelt durch die Schwärmerei, durch die Philosophie. Und in dem Gebiete der Lehre selbst, wie auch in dem gebildeten Theile der Gemeinde, herrscht so heftiger Prinzipienstreit über die Erkenntniß des Göttlichen und die dem Verstand und der Phantasie gesezten Grenzen, daß in der That das religiöse Bewußtseyn nicht nur überall ein kämpfendes ist, sondern auch für sich abgeschlossen und vereinzelt dasteht.

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Man mag nun von dem Constitutionalismus, der jezt über die Spanier gekommen ist, denken, was man will, so muß man doch einräumen, daß er nichts Gezwungenes und Gemachtes ist, sondern mit jener Jdee zusammenhängt, welche man in Spanien von Culturfortschritten überhaupt hat. Dieser Constitutionalismus ignorirt aber das religiöse Leben mit vollkommnem Gleichmuth. Er wirft dem gemeinen Volk einen Knochen hin, woran es nagen mag, denkt aber, trotz des über ihn gekommenen Reformationseifers, nicht im Entferntesten daran, auch noch die Kirche als etwas Wesentliches anzusehen, worauf es im Völkerleben groß ankäme.</p>
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[146/0148] Man mag nun von dem Constitutionalismus, der jezt über die Spanier gekommen ist, denken, was man will, so muß man doch einräumen, daß er nichts Gezwungenes und Gemachtes ist, sondern mit jener Jdee zusammenhängt, welche man in Spanien von Culturfortschritten überhaupt hat. Dieser Constitutionalismus ignorirt aber das religiöse Leben mit vollkommnem Gleichmuth. Er wirft dem gemeinen Volk einen Knochen hin, woran es nagen mag, denkt aber, trotz des über ihn gekommenen Reformationseifers, nicht im Entferntesten daran, auch noch die Kirche als etwas Wesentliches anzusehen, worauf es im Völkerleben groß ankäme. Und blickt man dahin, wo in Religionssachen nicht mehr die unmittelbare gotttrunkene Vision des Himmels sich zeigt, sondern Prämissen und Brücken gebaut sind, um in das Allerheiligste einzusteigen, so sieht man dort eben hinlänglich, daß Religion und Christenthum überall da, wo sie etwas Wirksames vorstellen, vermittelt sind, vermittelt durch die Verachtung der Welt, vermittelt durch die Armuth, vermittelt durch die Schwärmerei, durch die Philosophie. Und in dem Gebiete der Lehre selbst, wie auch in dem gebildeten Theile der Gemeinde, herrscht so heftiger Prinzipienstreit über die Erkenntniß des Göttlichen und die dem Verstand und der Phantasie gesezten Grenzen, daß in der That das religiöse Bewußtseyn nicht nur überall ein kämpfendes ist, sondern auch für sich abgeschlossen und vereinzelt dasteht.

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/148>, abgerufen am 22.11.2024.