Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Herz war, so schlecht war seine Handschrift und Cnox blieb seiner undeutlichen Schriftzüge wegen mehrmals stecken. Er war so rauhen Herzens, daß er Job noch Vorwürfe machte, die dieser mit Sanftmuth ertrug, weil er sich verliebt hatte und nichts sehnlicher wünschte, als eine Pfarre. Cnox machte seine Carriere schneller als er gepredigt hatte. Er wurde geistlicher Präbendar in Jrland, stieg von Jahr zu Jahr, erhielt die Bischofsmütze, den Doktorhut und Sitz und Stimme im Parlament. Dr. Cnox ist eine unzurechnungsfähige, träge, gesellschaftliche Drohne. Er schwebt wie ein Schatten zwischen seiner Frau, einem rohen Weibe, seiner ehemaligen Wirthschafterin und dem Gedränge der politischen Zumuthungen, die man an seine Nullität macht. Er hat seinen Bischofssitz nach wie vor in Jrland, zieht 30,000 Pfund jährlich aus dem armseligen Lande, 30,000 Pfund, wo nicht 1000 Pfund von Protestanten und alle übrigen von Katholiken kommen, und, wenn Freunde der Aufklärung und des Vaterlandes vor die Schranken des Hauses treten und eine Bill zur Besserung der irischen Mißverhältnisse einbringen, so nimmt er eine gelehrte Miene an, räuspert sich, blättert gleichsam in seinen Oxforder Collegienheften und erklärt: Quod non! gleichsam als wenn ihn theoretische und nicht praktische Gründe bestimmten, für sein leibliches Jnteresse zu stimmen! Dr. Cnox hält jährlich einmal eine Rede in seiner Pfarrkirche. Er liest sie aus dem Concept Herz war, so schlecht war seine Handschrift und Cnox blieb seiner undeutlichen Schriftzüge wegen mehrmals stecken. Er war so rauhen Herzens, daß er Job noch Vorwürfe machte, die dieser mit Sanftmuth ertrug, weil er sich verliebt hatte und nichts sehnlicher wünschte, als eine Pfarre. Cnox machte seine Carrière schneller als er gepredigt hatte. Er wurde geistlicher Präbendar in Jrland, stieg von Jahr zu Jahr, erhielt die Bischofsmütze, den Doktorhut und Sitz und Stimme im Parlament. Dr. Cnox ist eine unzurechnungsfähige, träge, gesellschaftliche Drohne. Er schwebt wie ein Schatten zwischen seiner Frau, einem rohen Weibe, seiner ehemaligen Wirthschafterin und dem Gedränge der politischen Zumuthungen, die man an seine Nullität macht. Er hat seinen Bischofssitz nach wie vor in Jrland, zieht 30,000 Pfund jährlich aus dem armseligen Lande, 30,000 Pfund, wo nicht 1000 Pfund von Protestanten und alle übrigen von Katholiken kommen, und, wenn Freunde der Aufklärung und des Vaterlandes vor die Schranken des Hauses treten und eine Bill zur Besserung der irischen Mißverhältnisse einbringen, so nimmt er eine gelehrte Miene an, räuspert sich, blättert gleichsam in seinen Oxforder Collegienheften und erklärt: Quod non! gleichsam als wenn ihn theoretische und nicht praktische Gründe bestimmten, für sein leibliches Jnteresse zu stimmen! Dr. Cnox hält jährlich einmal eine Rede in seiner Pfarrkirche. Er liest sie aus dem Concept <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0129" n="127"/> Herz war, so schlecht war seine Handschrift und <hi rendition="#g">Cnox</hi> blieb seiner undeutlichen Schriftzüge wegen mehrmals stecken. Er war so rauhen Herzens, daß er <hi rendition="#g">Job</hi> noch Vorwürfe machte, die dieser mit Sanftmuth ertrug, weil er sich verliebt hatte und nichts sehnlicher wünschte, als eine Pfarre. <hi rendition="#g">Cnox</hi> machte seine Carrière schneller als er gepredigt hatte. Er wurde geistlicher Präbendar in Jrland, stieg von Jahr zu Jahr, erhielt die Bischofsmütze, den Doktorhut und Sitz und Stimme im Parlament. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Cnox</hi> ist eine unzurechnungsfähige, träge, gesellschaftliche Drohne. Er schwebt wie ein Schatten zwischen seiner Frau, einem rohen Weibe, seiner ehemaligen Wirthschafterin und dem Gedränge der politischen Zumuthungen, die man an seine Nullität macht. Er hat seinen Bischofssitz nach wie vor in Jrland, zieht 30,000 Pfund jährlich aus dem armseligen Lande, 30,000 Pfund, wo nicht 1000 Pfund von Protestanten und alle übrigen von Katholiken kommen, und, wenn Freunde der Aufklärung und des Vaterlandes vor die Schranken des Hauses treten und eine Bill zur Besserung der irischen Mißverhältnisse einbringen, so nimmt er eine gelehrte Miene an, räuspert sich, blättert gleichsam in seinen Oxforder Collegienheften und erklärt: <hi rendition="#aq">Quod non!</hi> gleichsam als wenn ihn theoretische und nicht praktische Gründe bestimmten, für sein leibliches Jnteresse zu stimmen! <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Cnox</hi> hält jährlich einmal eine Rede in seiner Pfarrkirche. Er liest sie aus dem Concept </p> </div> </body> </text> </TEI> [127/0129]
Herz war, so schlecht war seine Handschrift und Cnox blieb seiner undeutlichen Schriftzüge wegen mehrmals stecken. Er war so rauhen Herzens, daß er Job noch Vorwürfe machte, die dieser mit Sanftmuth ertrug, weil er sich verliebt hatte und nichts sehnlicher wünschte, als eine Pfarre. Cnox machte seine Carrière schneller als er gepredigt hatte. Er wurde geistlicher Präbendar in Jrland, stieg von Jahr zu Jahr, erhielt die Bischofsmütze, den Doktorhut und Sitz und Stimme im Parlament. Dr. Cnox ist eine unzurechnungsfähige, träge, gesellschaftliche Drohne. Er schwebt wie ein Schatten zwischen seiner Frau, einem rohen Weibe, seiner ehemaligen Wirthschafterin und dem Gedränge der politischen Zumuthungen, die man an seine Nullität macht. Er hat seinen Bischofssitz nach wie vor in Jrland, zieht 30,000 Pfund jährlich aus dem armseligen Lande, 30,000 Pfund, wo nicht 1000 Pfund von Protestanten und alle übrigen von Katholiken kommen, und, wenn Freunde der Aufklärung und des Vaterlandes vor die Schranken des Hauses treten und eine Bill zur Besserung der irischen Mißverhältnisse einbringen, so nimmt er eine gelehrte Miene an, räuspert sich, blättert gleichsam in seinen Oxforder Collegienheften und erklärt: Quod non! gleichsam als wenn ihn theoretische und nicht praktische Gründe bestimmten, für sein leibliches Jnteresse zu stimmen! Dr. Cnox hält jährlich einmal eine Rede in seiner Pfarrkirche. Er liest sie aus dem Concept
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/129>, abgerufen am 27.07.2024. |