Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Ein Dritter zog die Zweite über das Glänzende und Spiegelblanke ihrer Toilette auf. Ein Vierter peinigte die Dritte, indem er das Benehmen dieser oder jener Dame hölzern nannte. Wie konnte auch, fuhr Hilary fort, dieser erbärmliche Pasquillant, gerade das gemeinste aller Gewerbe nehmen, um meine Herrschaft damit in Verbindung zu bringen? Beim Tanze wußten Milady und Töchter gar nicht mehr, wo sie mit ihren Füßen hin sollten. Die Mutter wurde einmal mitten im Contretanze ohnmächtig, weil sie, wie sie sagte, sich auf ihr Fundament gar nicht mehr verlassen könne und so viel hinunterdächte, daß ihr der Kopf ganz schwindelte. Als Hilary hinausgegangen war, traten mir die Thränen in die Augen, weil ich mir kein größres Unglück denken kann, als von einem Nichtswürdigen so plötzlich an den Pranger gestellt zu werden. Konnte ihn denn meine Schwester widerlegen? Konnte sie die Lüge, daß sie ihre sanfte Hand der rauhen eines Gerbers geben würde, in den öffentlichen Blättern widerrufen? Konnte sie überhaupt mit Freundinnen über den ganzen Gegenstand ein Gespräch anspinnen? Jch bedauerte nur, daß meine Schwester zu lange schlief, um sie recht schnell an mein theilnehmendes Herz zu drücken. Hilary sagte, vor eilf Uhr wäre keine Aussicht, mit ihr sprechen zu können, und wenn sie gar erst gegen mich die Gewohnheit beobachten wollte, sich nur im vollen Costüm zu zeigen, so würd' ich gar am Vormittag nicht zu ihr kommen. "Nun mein Gott", entgegnete ich, "meine Ein Dritter zog die Zweite über das Glänzende und Spiegelblanke ihrer Toilette auf. Ein Vierter peinigte die Dritte, indem er das Benehmen dieser oder jener Dame hölzern nannte. Wie konnte auch, fuhr Hilary fort, dieser erbärmliche Pasquillant, gerade das gemeinste aller Gewerbe nehmen, um meine Herrschaft damit in Verbindung zu bringen? Beim Tanze wußten Milady und Töchter gar nicht mehr, wo sie mit ihren Füßen hin sollten. Die Mutter wurde einmal mitten im Contretanze ohnmächtig, weil sie, wie sie sagte, sich auf ihr Fundament gar nicht mehr verlassen könne und so viel hinunterdächte, daß ihr der Kopf ganz schwindelte. Als Hilary hinausgegangen war, traten mir die Thränen in die Augen, weil ich mir kein größres Unglück denken kann, als von einem Nichtswürdigen so plötzlich an den Pranger gestellt zu werden. Konnte ihn denn meine Schwester widerlegen? Konnte sie die Lüge, daß sie ihre sanfte Hand der rauhen eines Gerbers geben würde, in den öffentlichen Blättern widerrufen? Konnte sie überhaupt mit Freundinnen über den ganzen Gegenstand ein Gespräch anspinnen? Jch bedauerte nur, daß meine Schwester zu lange schlief, um sie recht schnell an mein theilnehmendes Herz zu drücken. Hilary sagte, vor eilf Uhr wäre keine Aussicht, mit ihr sprechen zu können, und wenn sie gar erst gegen mich die Gewohnheit beobachten wollte, sich nur im vollen Costüm zu zeigen, so würd’ ich gar am Vormittag nicht zu ihr kommen. "Nun mein Gott", entgegnete ich, "meine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0475" n="447"/> Ein Dritter zog die Zweite über das Glänzende und Spiegelblanke ihrer Toilette auf. Ein Vierter peinigte die Dritte, indem er das Benehmen dieser oder jener Dame hölzern nannte. Wie konnte auch, fuhr Hilary fort, dieser erbärmliche Pasquillant, gerade das gemeinste aller Gewerbe nehmen, um meine Herrschaft damit in Verbindung zu bringen? Beim Tanze wußten Milady und Töchter gar nicht mehr, wo sie mit ihren Füßen hin sollten. Die Mutter wurde einmal mitten im Contretanze ohnmächtig, weil sie, wie sie sagte, sich auf ihr Fundament gar nicht mehr verlassen könne und so viel hinunterdächte, daß ihr der Kopf ganz schwindelte. Als Hilary hinausgegangen war, traten mir die Thränen in die Augen, weil ich mir kein größres Unglück denken kann, als von einem Nichtswürdigen so plötzlich an den Pranger gestellt zu werden. Konnte ihn denn meine Schwester widerlegen? Konnte sie die Lüge, daß sie ihre sanfte Hand der rauhen eines Gerbers geben würde, in den öffentlichen Blättern widerrufen? Konnte sie überhaupt mit Freundinnen über den ganzen Gegenstand ein Gespräch anspinnen? Jch bedauerte nur, daß meine Schwester zu lange schlief, um sie recht schnell an mein theilnehmendes Herz zu drücken. Hilary sagte, vor eilf Uhr wäre keine Aussicht, mit ihr sprechen zu können, und wenn sie gar erst gegen mich die Gewohnheit beobachten wollte, sich nur im vollen Costüm zu zeigen, so würd’ ich gar am Vormittag nicht zu ihr kommen. "Nun mein Gott", entgegnete ich, "meine </p> </div> </body> </text> </TEI> [447/0475]
Ein Dritter zog die Zweite über das Glänzende und Spiegelblanke ihrer Toilette auf. Ein Vierter peinigte die Dritte, indem er das Benehmen dieser oder jener Dame hölzern nannte. Wie konnte auch, fuhr Hilary fort, dieser erbärmliche Pasquillant, gerade das gemeinste aller Gewerbe nehmen, um meine Herrschaft damit in Verbindung zu bringen? Beim Tanze wußten Milady und Töchter gar nicht mehr, wo sie mit ihren Füßen hin sollten. Die Mutter wurde einmal mitten im Contretanze ohnmächtig, weil sie, wie sie sagte, sich auf ihr Fundament gar nicht mehr verlassen könne und so viel hinunterdächte, daß ihr der Kopf ganz schwindelte. Als Hilary hinausgegangen war, traten mir die Thränen in die Augen, weil ich mir kein größres Unglück denken kann, als von einem Nichtswürdigen so plötzlich an den Pranger gestellt zu werden. Konnte ihn denn meine Schwester widerlegen? Konnte sie die Lüge, daß sie ihre sanfte Hand der rauhen eines Gerbers geben würde, in den öffentlichen Blättern widerrufen? Konnte sie überhaupt mit Freundinnen über den ganzen Gegenstand ein Gespräch anspinnen? Jch bedauerte nur, daß meine Schwester zu lange schlief, um sie recht schnell an mein theilnehmendes Herz zu drücken. Hilary sagte, vor eilf Uhr wäre keine Aussicht, mit ihr sprechen zu können, und wenn sie gar erst gegen mich die Gewohnheit beobachten wollte, sich nur im vollen Costüm zu zeigen, so würd’ ich gar am Vormittag nicht zu ihr kommen. "Nun mein Gott", entgegnete ich, "meine
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/475>, abgerufen am 28.07.2024. |