Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.hatte doch so viel Angst ausgestanden, daß sie sich entschloß, noch eine Stunde auf der Station zu rasten, ehe sie weiter reisen wollte. Für die fernere Reise erhielten wir noch einen Gefährten, dem ich durchaus keine äußern Anzeichen eines Uebelbefindens ansah, der aber nichtsdestoweniger von einem Bedienten, wie ein in Baumwollen gepackter, zerbrechlicher Postgegenstand behandelt wurde. Er hatte ein ganz heitres und vergnügtes Wesen, und nahm sich sorgfältig vor jeder Bewegung in Acht, die seine Glieder hätte in Verwirrung bringen können. Die mechanische Schriftstellerin, welche sich von ihrem verunglückten Rettungsversuche allmählig zu erholen anfing, berücksichtigte den neuen Ankömmling mit mehr als gewöhnlicher Aufmerksamkeit. Während dieser Mann steif, wie eine Puppe aus Holz, dasaß und in jeder ihm zufällig noth werdenden Bewegung aussah, als würde sie von einem unsichtbaren Drahtfaden geleitet, sprach sie weit weniger mit diesem Unbekannten, als sie ihr Auge mit einer wirklich bis in's Auffallende gehenden Neugierde auf ihm ruhen ließ. Jch stieß sie mehrmals an, um mir ihr verdächtiges und scheinbar auf eine Eroberung gerichtetes Benehmen zu verbitten. Es wurde mir aber selbst unheimlich, als ich sah, daß auch diese ziemlich deutlichen Verweise, die ich meiner Nachbarin gab, auf den Mann keinen Eindruck machten. Er rückte und rührte sich nicht. Er saß wie in die Wagenlehne eingemauert, während er doch mit vieler Freundlichkeit unsre zufälligen hatte doch so viel Angst ausgestanden, daß sie sich entschloß, noch eine Stunde auf der Station zu rasten, ehe sie weiter reisen wollte. Für die fernere Reise erhielten wir noch einen Gefährten, dem ich durchaus keine äußern Anzeichen eines Uebelbefindens ansah, der aber nichtsdestoweniger von einem Bedienten, wie ein in Baumwollen gepackter, zerbrechlicher Postgegenstand behandelt wurde. Er hatte ein ganz heitres und vergnügtes Wesen, und nahm sich sorgfältig vor jeder Bewegung in Acht, die seine Glieder hätte in Verwirrung bringen können. Die mechanische Schriftstellerin, welche sich von ihrem verunglückten Rettungsversuche allmählig zu erholen anfing, berücksichtigte den neuen Ankömmling mit mehr als gewöhnlicher Aufmerksamkeit. Während dieser Mann steif, wie eine Puppe aus Holz, dasaß und in jeder ihm zufällig noth werdenden Bewegung aussah, als würde sie von einem unsichtbaren Drahtfaden geleitet, sprach sie weit weniger mit diesem Unbekannten, als sie ihr Auge mit einer wirklich bis in’s Auffallende gehenden Neugierde auf ihm ruhen ließ. Jch stieß sie mehrmals an, um mir ihr verdächtiges und scheinbar auf eine Eroberung gerichtetes Benehmen zu verbitten. Es wurde mir aber selbst unheimlich, als ich sah, daß auch diese ziemlich deutlichen Verweise, die ich meiner Nachbarin gab, auf den Mann keinen Eindruck machten. Er rückte und rührte sich nicht. Er saß wie in die Wagenlehne eingemauert, während er doch mit vieler Freundlichkeit unsre zufälligen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0452" n="424"/> hatte doch so viel Angst ausgestanden, daß sie sich entschloß, noch eine Stunde auf der Station zu rasten, ehe sie weiter reisen wollte.</p> <p>Für die fernere Reise erhielten wir noch einen Gefährten, dem ich durchaus keine äußern Anzeichen eines Uebelbefindens ansah, der aber nichtsdestoweniger von einem Bedienten, wie ein in Baumwollen gepackter, zerbrechlicher Postgegenstand behandelt wurde. Er hatte ein ganz heitres und vergnügtes Wesen, und nahm sich sorgfältig vor jeder Bewegung in Acht, die seine Glieder hätte in Verwirrung bringen können. Die mechanische Schriftstellerin, welche sich von ihrem verunglückten Rettungsversuche allmählig zu erholen anfing, berücksichtigte den neuen Ankömmling mit mehr als gewöhnlicher Aufmerksamkeit. Während dieser Mann steif, wie eine Puppe aus Holz, dasaß und in jeder ihm zufällig noth werdenden Bewegung aussah, als würde sie von einem unsichtbaren Drahtfaden geleitet, <hi rendition="#g">sprach</hi> sie weit weniger mit diesem Unbekannten, als sie ihr Auge mit einer wirklich bis in’s Auffallende gehenden Neugierde auf ihm ruhen ließ. Jch stieß sie mehrmals an, um mir ihr verdächtiges und scheinbar auf eine Eroberung gerichtetes Benehmen zu verbitten. Es wurde mir aber selbst unheimlich, als ich sah, daß auch diese ziemlich deutlichen Verweise, die ich meiner Nachbarin gab, auf den Mann keinen Eindruck machten. Er rückte und rührte sich nicht. Er saß wie in die Wagenlehne eingemauert, während er doch mit vieler Freundlichkeit unsre zufälligen </p> </div> </body> </text> </TEI> [424/0452]
hatte doch so viel Angst ausgestanden, daß sie sich entschloß, noch eine Stunde auf der Station zu rasten, ehe sie weiter reisen wollte.
Für die fernere Reise erhielten wir noch einen Gefährten, dem ich durchaus keine äußern Anzeichen eines Uebelbefindens ansah, der aber nichtsdestoweniger von einem Bedienten, wie ein in Baumwollen gepackter, zerbrechlicher Postgegenstand behandelt wurde. Er hatte ein ganz heitres und vergnügtes Wesen, und nahm sich sorgfältig vor jeder Bewegung in Acht, die seine Glieder hätte in Verwirrung bringen können. Die mechanische Schriftstellerin, welche sich von ihrem verunglückten Rettungsversuche allmählig zu erholen anfing, berücksichtigte den neuen Ankömmling mit mehr als gewöhnlicher Aufmerksamkeit. Während dieser Mann steif, wie eine Puppe aus Holz, dasaß und in jeder ihm zufällig noth werdenden Bewegung aussah, als würde sie von einem unsichtbaren Drahtfaden geleitet, sprach sie weit weniger mit diesem Unbekannten, als sie ihr Auge mit einer wirklich bis in’s Auffallende gehenden Neugierde auf ihm ruhen ließ. Jch stieß sie mehrmals an, um mir ihr verdächtiges und scheinbar auf eine Eroberung gerichtetes Benehmen zu verbitten. Es wurde mir aber selbst unheimlich, als ich sah, daß auch diese ziemlich deutlichen Verweise, die ich meiner Nachbarin gab, auf den Mann keinen Eindruck machten. Er rückte und rührte sich nicht. Er saß wie in die Wagenlehne eingemauert, während er doch mit vieler Freundlichkeit unsre zufälligen
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/452>, abgerufen am 25.06.2024. |