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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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bleibt immer todt und dumpf, wenn die Unterthanen nicht auch Alles, was sie wollen, lesen, und Alles, was sie wollen, schreiben können.

Die Tugenden der Alten hatten gerade durch ihre Jnstitutionen und ihre Geschichte alle einen öffentlichen Charakter. Die Menschen lehnten sich aneinander an, ihre Bestrebungen waren massenhaft, sie bedurften sich Einer den Andern, um ihre Bestimmung zu erreichen. Der Feind unsrer Moral ist die Zersplitterung. Der Jsolirte hält sich schwerer aufrecht, als der, welcher sich auf einen Andern lehnen kann. An wen darf man sich in jetziger Zeit lehnen? An seinen eigenen Schatten. Alles Andre weicht; Jedermann verbittet sich eine allzunahe Berührung. Es ist richtiger Takt, Niemanden anzureden, dem man nicht vorgestellt ist. Hundert Reisende können in einem Gasthofe zu gleicher Zeit am Tische sitzen, und Niemand spricht mit seinem Nachbar. Unter solchen Verhältnissen als Einzelner für sich einstehen zu können, ist schwer, und mit allen äußern Unterrichtsmethoden, mit all unsern statistischen Tabellen über den vermehrten Schulbesuch sind wir doch noch nicht reif genug, um so Jeden selbstständig sich selbst überlassen zu können. Von dieser Ueberzeugung muß die Erziehung ausgehen, und wenn sie sagt, daß sie, um in dem hier angedeuteten Betracht wirken zu können, der Hülfe des Staates und der Geschichte bedarf, so müssen wir aufhorchen und nachdenken, was zu thun ist.

Gemeinsame Bänder fehlen, sagten wir. Welche

bleibt immer todt und dumpf, wenn die Unterthanen nicht auch Alles, was sie wollen, lesen, und Alles, was sie wollen, schreiben können.

Die Tugenden der Alten hatten gerade durch ihre Jnstitutionen und ihre Geschichte alle einen öffentlichen Charakter. Die Menschen lehnten sich aneinander an, ihre Bestrebungen waren massenhaft, sie bedurften sich Einer den Andern, um ihre Bestimmung zu erreichen. Der Feind unsrer Moral ist die Zersplitterung. Der Jsolirte hält sich schwerer aufrecht, als der, welcher sich auf einen Andern lehnen kann. An wen darf man sich in jetziger Zeit lehnen? An seinen eigenen Schatten. Alles Andre weicht; Jedermann verbittet sich eine allzunahe Berührung. Es ist richtiger Takt, Niemanden anzureden, dem man nicht vorgestellt ist. Hundert Reisende können in einem Gasthofe zu gleicher Zeit am Tische sitzen, und Niemand spricht mit seinem Nachbar. Unter solchen Verhältnissen als Einzelner für sich einstehen zu können, ist schwer, und mit allen äußern Unterrichtsmethoden, mit all unsern statistischen Tabellen über den vermehrten Schulbesuch sind wir doch noch nicht reif genug, um so Jeden selbstständig sich selbst überlassen zu können. Von dieser Ueberzeugung muß die Erziehung ausgehen, und wenn sie sagt, daß sie, um in dem hier angedeuteten Betracht wirken zu können, der Hülfe des Staates und der Geschichte bedarf, so müssen wir aufhorchen und nachdenken, was zu thun ist.

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[384/0412] bleibt immer todt und dumpf, wenn die Unterthanen nicht auch Alles, was sie wollen, lesen, und Alles, was sie wollen, schreiben können. Die Tugenden der Alten hatten gerade durch ihre Jnstitutionen und ihre Geschichte alle einen öffentlichen Charakter. Die Menschen lehnten sich aneinander an, ihre Bestrebungen waren massenhaft, sie bedurften sich Einer den Andern, um ihre Bestimmung zu erreichen. Der Feind unsrer Moral ist die Zersplitterung. Der Jsolirte hält sich schwerer aufrecht, als der, welcher sich auf einen Andern lehnen kann. An wen darf man sich in jetziger Zeit lehnen? An seinen eigenen Schatten. Alles Andre weicht; Jedermann verbittet sich eine allzunahe Berührung. Es ist richtiger Takt, Niemanden anzureden, dem man nicht vorgestellt ist. Hundert Reisende können in einem Gasthofe zu gleicher Zeit am Tische sitzen, und Niemand spricht mit seinem Nachbar. Unter solchen Verhältnissen als Einzelner für sich einstehen zu können, ist schwer, und mit allen äußern Unterrichtsmethoden, mit all unsern statistischen Tabellen über den vermehrten Schulbesuch sind wir doch noch nicht reif genug, um so Jeden selbstständig sich selbst überlassen zu können. Von dieser Ueberzeugung muß die Erziehung ausgehen, und wenn sie sagt, daß sie, um in dem hier angedeuteten Betracht wirken zu können, der Hülfe des Staates und der Geschichte bedarf, so müssen wir aufhorchen und nachdenken, was zu thun ist. Gemeinsame Bänder fehlen, sagten wir. Welche

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/412>, abgerufen am 22.11.2024.