Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Die Erziehung. Wir sind allmählig, was den Faden unsrer Betrachtungen betrifft, aus der materiellen Sphäre in die moralische gestiegen. Unserm früher entworfenen Plane gemäß sollen jetzt die Beziehungen, welche sich an die menschliche Seele anknüpfen, die zweite Reihe unsrer Unterhaltungen bilden. Erziehung, Sitte und Moral werden uns in drei hintereinander folgenden Kapiteln beschäftigen, eine Reihe von Gedankenvariationen, welche zwischen der Materie und der Reflexion die Mitte halten und alle das menschliche Gemüth zum Grundthema haben. Allgemeinheiten über die Erziehung vorzubringen halt' ich eines Schriftstellers, der im vollen Bewußtseyn seiner Kräfte ist, für unwürdig. Die meisten Gemeinplätze finden sich in den Erziehungstheorien; die unbeholfensten Geister nehmen einen Schein von praktischem Talente an, wenn sie über Erziehung sprechen. Wären wir über diesen Gegenstand nur erst in die Nähe jenes Ziels gekommen, welches das achtzehnte Jahrhundert deutlich genug vorgezeichnet hat! Der Humanitätsenthusiasmus jener Zeit war hauptsächlich auf ein verbessertes und Die Erziehung. Wir sind allmählig, was den Faden unsrer Betrachtungen betrifft, aus der materiellen Sphäre in die moralische gestiegen. Unserm früher entworfenen Plane gemäß sollen jetzt die Beziehungen, welche sich an die menschliche Seele anknüpfen, die zweite Reihe unsrer Unterhaltungen bilden. Erziehung, Sitte und Moral werden uns in drei hintereinander folgenden Kapiteln beschäftigen, eine Reihe von Gedankenvariationen, welche zwischen der Materie und der Reflexion die Mitte halten und alle das menschliche Gemüth zum Grundthema haben. Allgemeinheiten über die Erziehung vorzubringen halt’ ich eines Schriftstellers, der im vollen Bewußtseyn seiner Kräfte ist, für unwürdig. Die meisten Gemeinplätze finden sich in den Erziehungstheorien; die unbeholfensten Geister nehmen einen Schein von praktischem Talente an, wenn sie über Erziehung sprechen. Wären wir über diesen Gegenstand nur erst in die Nähe jenes Ziels gekommen, welches das achtzehnte Jahrhundert deutlich genug vorgezeichnet hat! Der Humanitätsenthusiasmus jener Zeit war hauptsächlich auf ein verbessertes und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0378" n="350"/> <head> <hi rendition="#b">Die Erziehung.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Wir sind allmählig, was den Faden unsrer Betrachtungen betrifft, aus der materiellen Sphäre in die moralische gestiegen. Unserm früher entworfenen Plane gemäß sollen jetzt die Beziehungen, welche sich an die menschliche Seele anknüpfen, die zweite Reihe unsrer Unterhaltungen bilden. Erziehung, Sitte und Moral werden uns in drei hintereinander folgenden Kapiteln beschäftigen, eine Reihe von Gedankenvariationen, welche zwischen der Materie und der Reflexion die Mitte halten und alle das menschliche Gemüth zum Grundthema haben.</p> <p>Allgemeinheiten über die Erziehung vorzubringen halt’ ich eines Schriftstellers, der im vollen Bewußtseyn seiner Kräfte ist, für unwürdig. Die meisten Gemeinplätze finden sich in den Erziehungstheorien; die unbeholfensten Geister nehmen einen Schein von praktischem Talente an, wenn sie über Erziehung sprechen. Wären wir über diesen Gegenstand nur erst in die Nähe jenes Ziels gekommen, welches das achtzehnte Jahrhundert deutlich genug vorgezeichnet hat! Der Humanitätsenthusiasmus jener Zeit war hauptsächlich auf ein verbessertes und </p> </div> </body> </text> </TEI> [350/0378]
Die Erziehung.
Wir sind allmählig, was den Faden unsrer Betrachtungen betrifft, aus der materiellen Sphäre in die moralische gestiegen. Unserm früher entworfenen Plane gemäß sollen jetzt die Beziehungen, welche sich an die menschliche Seele anknüpfen, die zweite Reihe unsrer Unterhaltungen bilden. Erziehung, Sitte und Moral werden uns in drei hintereinander folgenden Kapiteln beschäftigen, eine Reihe von Gedankenvariationen, welche zwischen der Materie und der Reflexion die Mitte halten und alle das menschliche Gemüth zum Grundthema haben.
Allgemeinheiten über die Erziehung vorzubringen halt’ ich eines Schriftstellers, der im vollen Bewußtseyn seiner Kräfte ist, für unwürdig. Die meisten Gemeinplätze finden sich in den Erziehungstheorien; die unbeholfensten Geister nehmen einen Schein von praktischem Talente an, wenn sie über Erziehung sprechen. Wären wir über diesen Gegenstand nur erst in die Nähe jenes Ziels gekommen, welches das achtzehnte Jahrhundert deutlich genug vorgezeichnet hat! Der Humanitätsenthusiasmus jener Zeit war hauptsächlich auf ein verbessertes und
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