Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Näschereien, in dem Sinne, daß er von hundert verschiedenen Viktualien des Tages ein kleines Stück, und zwar nur zur Probe, ißt. Man gehe nur an den Strand und sehe, welche Rolle unser Jndustrieritter in den Docks spielt. Er ist ein Waarenmakler, er hat Aufträge zu besorgen für hundert Firmen, welche in Kaviar, Austern, Butter, Käse, Portwein, kurz in den nährendsten und kräftigendsten Gegenständen des Groß- und Kleinhandels Geschäfte machen. Sir Thomas gibt sich für einen Agenten dieser Häuser aus. Sein ärmliches Aeußere, in Verbindung mit der strotzenden Wohlgenährtheit, gibt ihm das Ansehen einer gewissen soliden Bürgerlichkeit, die aufs Aeußere nicht viel hält, aber ihre Rippen gut zu kräftigen weiß. So geht er von einem Faß zum andern und probirt. Wenn es ihm am herrlichsten schmeckt, verzieht er den Mund, als sey ein Fehler an dem Kaviar; hat er den Rücken eines Härings rein heruntergegessen, so erklärt er mit bedenklichem Kopfschütteln: "er empfinde einen thranigen Geschmack;" niemals winkt er mit dem Auge zu und läßt sein inneres Wohlbehagen über die frischen Leckerbissen laut werden, weil er sonst in die Verlegenheit käme, einen Preis akkordiren zu müssen. Wenn eine Auktion angekündigt ist mit der Bemerkung: Proben werden gratis verabreicht, so wird man ihn immer mit affektirt mürrischem Gesicht dorthin wandeln sehen. Er kömmt so eben vom Strande, wo er sich an einer Mosaik der herrlichsten Einzelgenüsse im Ganzen sattgegessen hat; er wischt sich Näschereien, in dem Sinne, daß er von hundert verschiedenen Viktualien des Tages ein kleines Stück, und zwar nur zur Probe, ißt. Man gehe nur an den Strand und sehe, welche Rolle unser Jndustrieritter in den Docks spielt. Er ist ein Waarenmakler, er hat Aufträge zu besorgen für hundert Firmen, welche in Kaviar, Austern, Butter, Käse, Portwein, kurz in den nährendsten und kräftigendsten Gegenständen des Groß- und Kleinhandels Geschäfte machen. Sir Thomas gibt sich für einen Agenten dieser Häuser aus. Sein ärmliches Aeußere, in Verbindung mit der strotzenden Wohlgenährtheit, gibt ihm das Ansehen einer gewissen soliden Bürgerlichkeit, die aufs Aeußere nicht viel hält, aber ihre Rippen gut zu kräftigen weiß. So geht er von einem Faß zum andern und probirt. Wenn es ihm am herrlichsten schmeckt, verzieht er den Mund, als sey ein Fehler an dem Kaviar; hat er den Rücken eines Härings rein heruntergegessen, so erklärt er mit bedenklichem Kopfschütteln: "er empfinde einen thranigen Geschmack;" niemals winkt er mit dem Auge zu und läßt sein inneres Wohlbehagen über die frischen Leckerbissen laut werden, weil er sonst in die Verlegenheit käme, einen Preis akkordiren zu müssen. Wenn eine Auktion angekündigt ist mit der Bemerkung: Proben werden gratis verabreicht, so wird man ihn immer mit affektirt mürrischem Gesicht dorthin wandeln sehen. Er kömmt so eben vom Strande, wo er sich an einer Mosaik der herrlichsten Einzelgenüsse im Ganzen sattgegessen hat; er wischt sich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0278" n="250"/> Näschereien, in dem Sinne, daß er von hundert verschiedenen Viktualien des Tages ein kleines Stück, und zwar nur zur Probe, ißt. Man gehe nur an den Strand und sehe, welche Rolle unser Jndustrieritter in den Docks spielt. Er ist ein Waarenmakler, er hat Aufträge zu besorgen für hundert Firmen, welche in Kaviar, Austern, Butter, Käse, Portwein, kurz in den nährendsten und kräftigendsten Gegenständen des Groß- und Kleinhandels Geschäfte machen. Sir Thomas gibt sich für einen Agenten dieser Häuser aus. Sein ärmliches Aeußere, in Verbindung mit der strotzenden Wohlgenährtheit, gibt ihm das Ansehen einer gewissen soliden Bürgerlichkeit, die aufs Aeußere nicht viel hält, aber ihre Rippen gut zu kräftigen weiß. So geht er von einem Faß zum andern und probirt. Wenn es ihm am herrlichsten schmeckt, verzieht er den Mund, als sey ein Fehler an dem Kaviar; hat er den Rücken eines Härings rein heruntergegessen, so erklärt er mit bedenklichem Kopfschütteln: "er empfinde einen thranigen Geschmack;" niemals winkt er mit dem Auge zu und läßt sein inneres Wohlbehagen über die frischen Leckerbissen laut werden, weil er sonst in die Verlegenheit käme, einen Preis akkordiren zu müssen. Wenn eine Auktion angekündigt ist mit der Bemerkung: Proben werden <hi rendition="#aq">gratis</hi> verabreicht, so wird man ihn immer mit affektirt mürrischem Gesicht dorthin wandeln sehen. Er kömmt so eben vom Strande, wo er sich an einer Mosaik der herrlichsten Einzelgenüsse im Ganzen sattgegessen hat; er wischt sich </p> </div> </body> </text> </TEI> [250/0278]
Näschereien, in dem Sinne, daß er von hundert verschiedenen Viktualien des Tages ein kleines Stück, und zwar nur zur Probe, ißt. Man gehe nur an den Strand und sehe, welche Rolle unser Jndustrieritter in den Docks spielt. Er ist ein Waarenmakler, er hat Aufträge zu besorgen für hundert Firmen, welche in Kaviar, Austern, Butter, Käse, Portwein, kurz in den nährendsten und kräftigendsten Gegenständen des Groß- und Kleinhandels Geschäfte machen. Sir Thomas gibt sich für einen Agenten dieser Häuser aus. Sein ärmliches Aeußere, in Verbindung mit der strotzenden Wohlgenährtheit, gibt ihm das Ansehen einer gewissen soliden Bürgerlichkeit, die aufs Aeußere nicht viel hält, aber ihre Rippen gut zu kräftigen weiß. So geht er von einem Faß zum andern und probirt. Wenn es ihm am herrlichsten schmeckt, verzieht er den Mund, als sey ein Fehler an dem Kaviar; hat er den Rücken eines Härings rein heruntergegessen, so erklärt er mit bedenklichem Kopfschütteln: "er empfinde einen thranigen Geschmack;" niemals winkt er mit dem Auge zu und läßt sein inneres Wohlbehagen über die frischen Leckerbissen laut werden, weil er sonst in die Verlegenheit käme, einen Preis akkordiren zu müssen. Wenn eine Auktion angekündigt ist mit der Bemerkung: Proben werden gratis verabreicht, so wird man ihn immer mit affektirt mürrischem Gesicht dorthin wandeln sehen. Er kömmt so eben vom Strande, wo er sich an einer Mosaik der herrlichsten Einzelgenüsse im Ganzen sattgegessen hat; er wischt sich
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/278>, abgerufen am 28.07.2024. |