Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Bekämpfung des Cölibats wiederholte, sondern noch eine viel härtere hinzufügte. Aus allen diesen historischen und juristischen Elementen setzte sich die römische Gesetzgebung über das Hagestolziat zusammen, wie wir sie in den Quellen derselben noch antreffen. Diejenigen, welche sich nicht verheiratheten, konnten von Fremden nichts erben, und die, welche zwar beweibt waren, aber keine Kinder hatten, konnten nur auf die Hälfte der Erbschaft Anspruch machen. Plutarch sagte sehr witzig: Die Römer heirathen, um Erben zu seyn, nicht, um selbst welche zu haben. Wenn sich ein Mann von seiner Frau entfernte, und die Veranlassung dazu nicht in Staatsgeschäften lag, so konnte sie ihn enterben. Wer seinen Kindern keine Mitgift zur Heirath gab, durfte durch die Behörden dazu gezwungen werden. Heirathen im höchsten Mannesalter kamen vor, aber die Männer mußten alle dem Marino Falieri gleichen und sich Angiolinen heirathen. Ein sechszigjähriger Mann durfte der Nachkommenschaft wegen keine sechzigjährige Frau heirathen. Andere kehrten es um und verboten gerade den Alten junge Frauen, weil sie unfruchtbar blieben. Es kam hier freilich immer auf die Umstände an. Das Christenthum stürzte durch sein Prinzip, daß es gut wäre, zu heirathen, aber besser, nicht, diese Gesetzgebung zum größten Theile um. Der Monachismus machte vollends aus dem unbeweibten Stande ein Sakrament. Wie aber die Vorsehung alle Gegensätze der Natur ausgleicht (die Gegensätze des Geistes sind auf Bekämpfung des Cölibats wiederholte, sondern noch eine viel härtere hinzufügte. Aus allen diesen historischen und juristischen Elementen setzte sich die römische Gesetzgebung über das Hagestolziat zusammen, wie wir sie in den Quellen derselben noch antreffen. Diejenigen, welche sich nicht verheiratheten, konnten von Fremden nichts erben, und die, welche zwar beweibt waren, aber keine Kinder hatten, konnten nur auf die Hälfte der Erbschaft Anspruch machen. Plutarch sagte sehr witzig: Die Römer heirathen, um Erben zu seyn, nicht, um selbst welche zu haben. Wenn sich ein Mann von seiner Frau entfernte, und die Veranlassung dazu nicht in Staatsgeschäften lag, so konnte sie ihn enterben. Wer seinen Kindern keine Mitgift zur Heirath gab, durfte durch die Behörden dazu gezwungen werden. Heirathen im höchsten Mannesalter kamen vor, aber die Männer mußten alle dem Marino Falieri gleichen und sich Angiolinen heirathen. Ein sechszigjähriger Mann durfte der Nachkommenschaft wegen keine sechzigjährige Frau heirathen. Andere kehrten es um und verboten gerade den Alten junge Frauen, weil sie unfruchtbar blieben. Es kam hier freilich immer auf die Umstände an. Das Christenthum stürzte durch sein Prinzip, daß es gut wäre, zu heirathen, aber besser, nicht, diese Gesetzgebung zum größten Theile um. Der Monachismus machte vollends aus dem unbeweibten Stande ein Sakrament. Wie aber die Vorsehung alle Gegensätze der Natur ausgleicht (die Gegensätze des Geistes sind auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0211" n="183"/> Bekämpfung des Cölibats wiederholte, sondern noch eine viel härtere hinzufügte. Aus allen diesen historischen und juristischen Elementen setzte sich die römische Gesetzgebung über das Hagestolziat zusammen, wie wir sie in den Quellen derselben noch antreffen. Diejenigen, welche sich nicht verheiratheten, konnten von Fremden nichts erben, und die, welche zwar beweibt waren, aber keine Kinder hatten, konnten nur auf die Hälfte der Erbschaft Anspruch machen. Plutarch sagte sehr witzig: Die Römer heirathen, um Erben zu seyn, nicht, um selbst welche zu haben. Wenn sich ein Mann von seiner Frau entfernte, und die Veranlassung dazu nicht in Staatsgeschäften lag, so konnte sie ihn enterben. Wer seinen Kindern keine Mitgift zur Heirath gab, durfte durch die Behörden dazu gezwungen werden. Heirathen im höchsten Mannesalter kamen vor, aber die Männer mußten alle dem Marino Falieri gleichen und sich Angiolinen heirathen. Ein sechszigjähriger Mann durfte der Nachkommenschaft wegen keine sechzigjährige Frau heirathen. Andere kehrten es um und verboten gerade den Alten junge Frauen, weil sie unfruchtbar blieben. Es kam hier freilich immer auf die Umstände an. </p> <p>Das Christenthum stürzte durch sein Prinzip, daß es gut wäre, zu heirathen, aber besser, nicht, diese Gesetzgebung zum größten Theile um. Der Monachismus machte vollends aus dem unbeweibten Stande ein Sakrament. Wie aber die Vorsehung alle Gegensätze der Natur ausgleicht (die Gegensätze des Geistes sind auf </p> </div> </body> </text> </TEI> [183/0211]
Bekämpfung des Cölibats wiederholte, sondern noch eine viel härtere hinzufügte. Aus allen diesen historischen und juristischen Elementen setzte sich die römische Gesetzgebung über das Hagestolziat zusammen, wie wir sie in den Quellen derselben noch antreffen. Diejenigen, welche sich nicht verheiratheten, konnten von Fremden nichts erben, und die, welche zwar beweibt waren, aber keine Kinder hatten, konnten nur auf die Hälfte der Erbschaft Anspruch machen. Plutarch sagte sehr witzig: Die Römer heirathen, um Erben zu seyn, nicht, um selbst welche zu haben. Wenn sich ein Mann von seiner Frau entfernte, und die Veranlassung dazu nicht in Staatsgeschäften lag, so konnte sie ihn enterben. Wer seinen Kindern keine Mitgift zur Heirath gab, durfte durch die Behörden dazu gezwungen werden. Heirathen im höchsten Mannesalter kamen vor, aber die Männer mußten alle dem Marino Falieri gleichen und sich Angiolinen heirathen. Ein sechszigjähriger Mann durfte der Nachkommenschaft wegen keine sechzigjährige Frau heirathen. Andere kehrten es um und verboten gerade den Alten junge Frauen, weil sie unfruchtbar blieben. Es kam hier freilich immer auf die Umstände an.
Das Christenthum stürzte durch sein Prinzip, daß es gut wäre, zu heirathen, aber besser, nicht, diese Gesetzgebung zum größten Theile um. Der Monachismus machte vollends aus dem unbeweibten Stande ein Sakrament. Wie aber die Vorsehung alle Gegensätze der Natur ausgleicht (die Gegensätze des Geistes sind auf
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/211>, abgerufen am 28.07.2024. |