Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Grade, wie es von Lord Byron hieß, daß er den Satanismus in die Poesie eingeführt hätte, so sollte Anacharsis dieß Prinzip in die Gesellschaft einführen. Jch kann aber die Versicherung geben, daß man dieser auffallenden Erscheinung Unrecht thut. Anacharsis ist nur der Urtypus jener Richtung, welche man vorzugsweise als die moderne bezeichnen kann. Man muß ihn sehen! Sein Antlitz ist leidend, sein Auge abwechselnd sanft und durchbohrend, das Haar und der starke Bart haben sich eine glänzende Schwärze erhalten können, die Lippen brennen heiß, die Haltung ist stolz, sein Benehmen wegwerfend. Wohin er tritt, scheint ihm eine magische Kraft zu folgen, die seine Atmosphäre eben so gefährlich, wie sicher für ihn selbst macht. Er würde ein Duell annehmen, wenn es einer Jdee gilt. Seine Person ist ihm gleichgültig. Da sieht man den Unterschied vom Dandy, der sich nur schießt, wenn es seiner Person gilt, und der in seiner Nähe Meinungen äußern hören kann, welche es seyn mögen. Jch halte es für eine persönliche Beleidigung, sagte mir Sir Anacharsis einmal, als ich ihn besuchte, wenn man in meiner Gegenwart dummes Zeug spricht. Die Dummheit ist die größte Unanständigkeit. Die Dummheit, schlecht vorgetragen, ist vollends eine Jnsulte. Jch war höchst angenehm überrascht von dem Eindruck, den Sir Anacharsis häusliche Einrichtung auf mich machte. Seine Umgebung war eben so comfortabel, wie modisch, und doch hatte Alles noch einen Beigeschmack, Grade, wie es von Lord Byron hieß, daß er den Satanismus in die Poesie eingeführt hätte, so sollte Anacharsis dieß Prinzip in die Gesellschaft einführen. Jch kann aber die Versicherung geben, daß man dieser auffallenden Erscheinung Unrecht thut. Anacharsis ist nur der Urtypus jener Richtung, welche man vorzugsweise als die moderne bezeichnen kann. Man muß ihn sehen! Sein Antlitz ist leidend, sein Auge abwechselnd sanft und durchbohrend, das Haar und der starke Bart haben sich eine glänzende Schwärze erhalten können, die Lippen brennen heiß, die Haltung ist stolz, sein Benehmen wegwerfend. Wohin er tritt, scheint ihm eine magische Kraft zu folgen, die seine Atmosphäre eben so gefährlich, wie sicher für ihn selbst macht. Er würde ein Duell annehmen, wenn es einer Jdee gilt. Seine Person ist ihm gleichgültig. Da sieht man den Unterschied vom Dandy, der sich nur schießt, wenn es seiner Person gilt, und der in seiner Nähe Meinungen äußern hören kann, welche es seyn mögen. Jch halte es für eine persönliche Beleidigung, sagte mir Sir Anacharsis einmal, als ich ihn besuchte, wenn man in meiner Gegenwart dummes Zeug spricht. Die Dummheit ist die größte Unanständigkeit. Die Dummheit, schlecht vorgetragen, ist vollends eine Jnsulte. Jch war höchst angenehm überrascht von dem Eindruck, den Sir Anacharsis häusliche Einrichtung auf mich machte. Seine Umgebung war eben so comfortabel, wie modisch, und doch hatte Alles noch einen Beigeschmack, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0194" n="166"/> Grade, wie es von Lord Byron hieß, daß er den Satanismus in die Poesie eingeführt hätte, so sollte Anacharsis dieß Prinzip in die Gesellschaft einführen. Jch kann aber die Versicherung geben, daß man dieser auffallenden Erscheinung Unrecht thut. Anacharsis ist nur der Urtypus jener Richtung, welche man vorzugsweise als die moderne bezeichnen kann.</p> <p>Man muß ihn sehen! Sein Antlitz ist leidend, sein Auge abwechselnd sanft und durchbohrend, das Haar und der starke Bart haben sich eine glänzende Schwärze erhalten können, die Lippen brennen heiß, die Haltung ist stolz, sein Benehmen wegwerfend. Wohin er tritt, scheint ihm eine magische Kraft zu folgen, die seine Atmosphäre eben so gefährlich, wie sicher für ihn selbst macht. Er würde ein Duell annehmen, wenn es einer Jdee gilt. Seine Person ist ihm gleichgültig. Da sieht man den Unterschied vom Dandy, der sich nur schießt, wenn es seiner Person gilt, und der in seiner Nähe Meinungen äußern hören kann, welche es seyn mögen. Jch halte es für eine persönliche Beleidigung, sagte mir Sir Anacharsis einmal, als ich ihn besuchte, wenn man in meiner Gegenwart dummes Zeug spricht. Die Dummheit ist die größte Unanständigkeit. Die Dummheit, schlecht vorgetragen, ist vollends eine Jnsulte.</p> <p>Jch war höchst angenehm überrascht von dem Eindruck, den Sir Anacharsis häusliche Einrichtung auf mich machte. Seine Umgebung war eben so comfortabel, wie modisch, und doch hatte Alles noch einen Beigeschmack, </p> </div> </body> </text> </TEI> [166/0194]
Grade, wie es von Lord Byron hieß, daß er den Satanismus in die Poesie eingeführt hätte, so sollte Anacharsis dieß Prinzip in die Gesellschaft einführen. Jch kann aber die Versicherung geben, daß man dieser auffallenden Erscheinung Unrecht thut. Anacharsis ist nur der Urtypus jener Richtung, welche man vorzugsweise als die moderne bezeichnen kann.
Man muß ihn sehen! Sein Antlitz ist leidend, sein Auge abwechselnd sanft und durchbohrend, das Haar und der starke Bart haben sich eine glänzende Schwärze erhalten können, die Lippen brennen heiß, die Haltung ist stolz, sein Benehmen wegwerfend. Wohin er tritt, scheint ihm eine magische Kraft zu folgen, die seine Atmosphäre eben so gefährlich, wie sicher für ihn selbst macht. Er würde ein Duell annehmen, wenn es einer Jdee gilt. Seine Person ist ihm gleichgültig. Da sieht man den Unterschied vom Dandy, der sich nur schießt, wenn es seiner Person gilt, und der in seiner Nähe Meinungen äußern hören kann, welche es seyn mögen. Jch halte es für eine persönliche Beleidigung, sagte mir Sir Anacharsis einmal, als ich ihn besuchte, wenn man in meiner Gegenwart dummes Zeug spricht. Die Dummheit ist die größte Unanständigkeit. Die Dummheit, schlecht vorgetragen, ist vollends eine Jnsulte.
Jch war höchst angenehm überrascht von dem Eindruck, den Sir Anacharsis häusliche Einrichtung auf mich machte. Seine Umgebung war eben so comfortabel, wie modisch, und doch hatte Alles noch einen Beigeschmack,
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/194>, abgerufen am 28.07.2024. |