Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.die Differenzen. Jm zweiten hält er bei der zweiten Einzahlung nicht mehr aus, und thut dieß, wie viele ehrliche Leute, von denen man bei einem solchen Verfahren nicht gradezu sagte, daß "etwas faul ist im Staate Dänemark," sondern nur, daß sie kluge und gewandte Geschäftsleute, keine Schwindelhändler, im Gegentheil Männer wären, die für ihre Familie Sorge trügen. Das dritte Geschäft endlich braucht das meiste Geld; denn bei den Versteigerungen muß baar bezahlt werden. Was er hat, reicht aber gerade für den Jndigo hin. Für die Staatspapiere und die Aktien kann er sich das Geld nur durch Wechselreiterei und andere Künste zusammentreiben. Er stellt z. B. dem, welcher an ihn zu fordern hat, Mr. A., einen Wechsel zu auf Mr. B. Der Wechsel ist in vier Wochen fällig. Mr. A. frägt B., ob er den Wechsel honoriren werde? B. antwortet: Gewiß, wenn Mr. Robber mich bis dahin in Zahlungsstand versetzen wird. Es vergehen drei Wochen, da erhält Mr. B. einen Wechsel auf C., zahlbar in vier Wochen. B. frägt C.: Wirst du zahlen? Warum nicht, antwortet C., Mr. Robber ist ein ehrlicher Mann, ich werde bis dahin noch Summen für ihn beziehen können. Mr. B. besinnt sich demnach durchaus nicht, Mr. A. zu bezahlen. Wenn man nun sagt, daß dieß Verfahren die Art eines Bankeruttirers ist, so hängt dieß nur immer von dem Vorurtheile ab, ob auch ehrliche Leute einen solchen Weg einschlagen. Wer kann Mr. Robber in die Karten sehen? Er stellt jährlich auf die obige die Differenzen. Jm zweiten hält er bei der zweiten Einzahlung nicht mehr aus, und thut dieß, wie viele ehrliche Leute, von denen man bei einem solchen Verfahren nicht gradezu sagte, daß "etwas faul ist im Staate Dänemark," sondern nur, daß sie kluge und gewandte Geschäftsleute, keine Schwindelhändler, im Gegentheil Männer wären, die für ihre Familie Sorge trügen. Das dritte Geschäft endlich braucht das meiste Geld; denn bei den Versteigerungen muß baar bezahlt werden. Was er hat, reicht aber gerade für den Jndigo hin. Für die Staatspapiere und die Aktien kann er sich das Geld nur durch Wechselreiterei und andere Künste zusammentreiben. Er stellt z. B. dem, welcher an ihn zu fordern hat, Mr. A., einen Wechsel zu auf Mr. B. Der Wechsel ist in vier Wochen fällig. Mr. A. frägt B., ob er den Wechsel honoriren werde? B. antwortet: Gewiß, wenn Mr. Robber mich bis dahin in Zahlungsstand versetzen wird. Es vergehen drei Wochen, da erhält Mr. B. einen Wechsel auf C., zahlbar in vier Wochen. B. frägt C.: Wirst du zahlen? Warum nicht, antwortet C., Mr. Robber ist ein ehrlicher Mann, ich werde bis dahin noch Summen für ihn beziehen können. Mr. B. besinnt sich demnach durchaus nicht, Mr. A. zu bezahlen. Wenn man nun sagt, daß dieß Verfahren die Art eines Bankeruttirers ist, so hängt dieß nur immer von dem Vorurtheile ab, ob auch ehrliche Leute einen solchen Weg einschlagen. Wer kann Mr. Robber in die Karten sehen? Er stellt jährlich auf die obige <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0142" n="114"/> die Differenzen. Jm zweiten hält er bei der zweiten Einzahlung nicht mehr aus, und thut dieß, wie viele ehrliche Leute, von denen man bei einem solchen Verfahren nicht gradezu sagte, daß "etwas faul ist im Staate Dänemark," sondern nur, daß sie kluge und gewandte Geschäftsleute, keine Schwindelhändler, im Gegentheil Männer wären, die für ihre Familie Sorge trügen. Das dritte Geschäft endlich braucht das meiste Geld; denn bei den Versteigerungen muß baar bezahlt werden. Was er hat, reicht aber gerade für den Jndigo hin. Für die Staatspapiere und die Aktien kann er sich das Geld nur durch Wechselreiterei und andere Künste zusammentreiben. Er stellt z. B. dem, welcher an ihn zu fordern hat, Mr. A., einen Wechsel zu auf Mr. B. Der Wechsel ist in vier Wochen fällig. Mr. A. frägt B., ob er den Wechsel honoriren werde? B. antwortet: Gewiß, wenn Mr. Robber mich bis dahin in Zahlungsstand versetzen wird. Es vergehen drei Wochen, da erhält Mr. B. einen Wechsel auf C., zahlbar in vier Wochen. B. frägt C.: Wirst du zahlen? Warum nicht, antwortet C., Mr. Robber ist ein ehrlicher Mann, ich werde bis dahin noch Summen für ihn beziehen können. Mr. B. besinnt sich demnach durchaus nicht, Mr. A. zu bezahlen. Wenn man nun sagt, daß dieß Verfahren die Art eines Bankeruttirers ist, so hängt dieß nur immer von dem Vorurtheile ab, ob auch ehrliche Leute einen solchen Weg einschlagen. Wer kann Mr. Robber in die Karten sehen? Er stellt jährlich auf die obige </p> </div> </body> </text> </TEI> [114/0142]
die Differenzen. Jm zweiten hält er bei der zweiten Einzahlung nicht mehr aus, und thut dieß, wie viele ehrliche Leute, von denen man bei einem solchen Verfahren nicht gradezu sagte, daß "etwas faul ist im Staate Dänemark," sondern nur, daß sie kluge und gewandte Geschäftsleute, keine Schwindelhändler, im Gegentheil Männer wären, die für ihre Familie Sorge trügen. Das dritte Geschäft endlich braucht das meiste Geld; denn bei den Versteigerungen muß baar bezahlt werden. Was er hat, reicht aber gerade für den Jndigo hin. Für die Staatspapiere und die Aktien kann er sich das Geld nur durch Wechselreiterei und andere Künste zusammentreiben. Er stellt z. B. dem, welcher an ihn zu fordern hat, Mr. A., einen Wechsel zu auf Mr. B. Der Wechsel ist in vier Wochen fällig. Mr. A. frägt B., ob er den Wechsel honoriren werde? B. antwortet: Gewiß, wenn Mr. Robber mich bis dahin in Zahlungsstand versetzen wird. Es vergehen drei Wochen, da erhält Mr. B. einen Wechsel auf C., zahlbar in vier Wochen. B. frägt C.: Wirst du zahlen? Warum nicht, antwortet C., Mr. Robber ist ein ehrlicher Mann, ich werde bis dahin noch Summen für ihn beziehen können. Mr. B. besinnt sich demnach durchaus nicht, Mr. A. zu bezahlen. Wenn man nun sagt, daß dieß Verfahren die Art eines Bankeruttirers ist, so hängt dieß nur immer von dem Vorurtheile ab, ob auch ehrliche Leute einen solchen Weg einschlagen. Wer kann Mr. Robber in die Karten sehen? Er stellt jährlich auf die obige
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 1. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen01_1842/142>, abgerufen am 28.07.2024. |