wie jesuitische Aale theoretisch winden und hin- und hersträuben, praktisch aber sich immer wieder in ihren homiletischen Schleim verstecken.
Schelling und Hegel, jener von katholischer, dieser von protestantischer Seite, stellten den letzten Versuch an, die Philosophie mit der Of¬ fenbarung in Einklang zu bringen. Schelling übertrug allerhand Analogien des Naturprozes¬ ses auf die Geheimnißlehren des Christenthums: er wußte Opfer, Menschwerdung u. s. f. durch witzige Bilder von Seiten der Phantasie an¬ nehmlich zu machen. Hegel stützte sich auf den Geschichtsprozeß, auf die innerlichen Ruhe¬ momente seiner metaphysischen Logik, deren gan¬ zes Schema allein schon den Begriff der Trini¬ tät ausdrückte. Hegel's Philosophie scheint mir auch wahrlich die einzige, die im Stande ist, das Christenthum zu beurtheilen. Ihr Standpunkt ist der historische. Sie bringt ei¬ nen Schematismus in die Begebenheiten, wel¬
wie jeſuitiſche Aale theoretiſch winden und hin- und herſträuben, praktiſch aber ſich immer wieder in ihren homiletiſchen Schleim verſtecken.
Schelling und Hegel, jener von katholiſcher, dieſer von proteſtantiſcher Seite, ſtellten den letzten Verſuch an, die Philoſophie mit der Of¬ fenbarung in Einklang zu bringen. Schelling übertrug allerhand Analogien des Naturprozeſ¬ ſes auf die Geheimnißlehren des Chriſtenthums: er wußte Opfer, Menſchwerdung u. ſ. f. durch witzige Bilder von Seiten der Phantaſie an¬ nehmlich zu machen. Hegel ſtützte ſich auf den Geſchichtsprozeß, auf die innerlichen Ruhe¬ momente ſeiner metaphyſiſchen Logik, deren gan¬ zes Schema allein ſchon den Begriff der Trini¬ tät ausdrückte. Hegel's Philoſophie ſcheint mir auch wahrlich die einzige, die im Stande iſt, das Chriſtenthum zu beurtheilen. Ihr Standpunkt iſt der hiſtoriſche. Sie bringt ei¬ nen Schematismus in die Begebenheiten, wel¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0305"n="298[296]"/>
wie jeſuitiſche Aale theoretiſch winden und<lb/>
hin- und herſträuben, praktiſch aber ſich immer<lb/>
wieder in ihren homiletiſchen Schleim verſtecken.</p><lb/><p>Schelling und Hegel, jener von katholiſcher,<lb/>
dieſer von proteſtantiſcher Seite, ſtellten den<lb/>
letzten Verſuch an, die Philoſophie mit der Of¬<lb/>
fenbarung in Einklang zu bringen. Schelling<lb/>
übertrug allerhand Analogien des Naturprozeſ¬<lb/>ſes auf die Geheimnißlehren des Chriſtenthums:<lb/>
er wußte Opfer, Menſchwerdung u. ſ. f. durch<lb/>
witzige Bilder von Seiten der Phantaſie an¬<lb/>
nehmlich zu machen. Hegel ſtützte ſich auf<lb/>
den Geſchichtsprozeß, auf die innerlichen Ruhe¬<lb/>
momente ſeiner metaphyſiſchen Logik, deren gan¬<lb/>
zes Schema allein ſchon den Begriff der Trini¬<lb/>
tät ausdrückte. Hegel's Philoſophie ſcheint<lb/>
mir auch wahrlich die einzige, die im Stande<lb/>
iſt, das Chriſtenthum zu beurtheilen. Ihr<lb/>
Standpunkt iſt der hiſtoriſche. Sie bringt ei¬<lb/>
nen Schematismus in die Begebenheiten, wel¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[298[296]/0305]
wie jeſuitiſche Aale theoretiſch winden und
hin- und herſträuben, praktiſch aber ſich immer
wieder in ihren homiletiſchen Schleim verſtecken.
Schelling und Hegel, jener von katholiſcher,
dieſer von proteſtantiſcher Seite, ſtellten den
letzten Verſuch an, die Philoſophie mit der Of¬
fenbarung in Einklang zu bringen. Schelling
übertrug allerhand Analogien des Naturprozeſ¬
ſes auf die Geheimnißlehren des Chriſtenthums:
er wußte Opfer, Menſchwerdung u. ſ. f. durch
witzige Bilder von Seiten der Phantaſie an¬
nehmlich zu machen. Hegel ſtützte ſich auf
den Geſchichtsprozeß, auf die innerlichen Ruhe¬
momente ſeiner metaphyſiſchen Logik, deren gan¬
zes Schema allein ſchon den Begriff der Trini¬
tät ausdrückte. Hegel's Philoſophie ſcheint
mir auch wahrlich die einzige, die im Stande
iſt, das Chriſtenthum zu beurtheilen. Ihr
Standpunkt iſt der hiſtoriſche. Sie bringt ei¬
nen Schematismus in die Begebenheiten, wel¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 298[296]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/305>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.