ließ. Wally liebte jetzt Cäsar wahrhaftig, ohne sich darüber ein Geständniß zu machen. Sie hatte sich ihm auf ewig durch jene mystische Scene verpflichtet. Und doch war es weder Schaam, was sie an ihn fesselte, noch der Ge¬ danke, ihn besitzen zu wollen. So viel Unschuld bei so vieler Freiheit!
Als Jeronimo zu ihr eintrat, konnte sie mit Lachen seinen heißen Liebesbewerbungen zuhören, so heiter war sie. Jeronimo machte eine Miene, als wäre ihm ein großes Glück widerfahren, als hätte er ein Unterpfand, das ihn gegen Wally's Scherze sicherte. Sie sagte ihm: "Wie tief sind wir doch schon in den Wahnsinn der Liebe versunken! Bart, Kleidung, Alles seh' ich heute an Ihnen ver¬ nachlässigt! Sie gleichen jenen Shakspear'schen Liebenden in seinen Lustspielen, die so jämmer¬ lich von dem Schmerz ihrer Brust verzehrt sind, und je verliebter sie werden, desto länger ihre
ließ. Wally liebte jetzt Cäſar wahrhaftig, ohne ſich darüber ein Geſtändniß zu machen. Sie hatte ſich ihm auf ewig durch jene myſtiſche Scene verpflichtet. Und doch war es weder Schaam, was ſie an ihn feſſelte, noch der Ge¬ danke, ihn beſitzen zu wollen. So viel Unſchuld bei ſo vieler Freiheit!
Als Jeronimo zu ihr eintrat, konnte ſie mit Lachen ſeinen heißen Liebesbewerbungen zuhören, ſo heiter war ſie. Jeronimo machte eine Miene, als wäre ihm ein großes Glück widerfahren, als hätte er ein Unterpfand, das ihn gegen Wally's Scherze ſicherte. Sie ſagte ihm: „Wie tief ſind wir doch ſchon in den Wahnſinn der Liebe verſunken! Bart, Kleidung, Alles ſeh' ich heute an Ihnen ver¬ nachläſſigt! Sie gleichen jenen Shakſpear'ſchen Liebenden in ſeinen Luſtſpielen, die ſo jämmer¬ lich von dem Schmerz ihrer Bruſt verzehrt ſind, und je verliebter ſie werden, deſto länger ihre
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ließ. Wally liebte jetzt Cäſar wahrhaftig, ohne
ſich darüber ein Geſtändniß zu machen. Sie
hatte ſich ihm auf ewig durch jene myſtiſche
Scene verpflichtet. Und doch war es weder
Schaam, was ſie an ihn feſſelte, noch der Ge¬
danke, ihn beſitzen zu wollen. So viel Unſchuld
bei ſo vieler Freiheit!
Als Jeronimo zu ihr eintrat, konnte ſie
mit Lachen ſeinen heißen Liebesbewerbungen
zuhören, ſo heiter war ſie. Jeronimo machte
eine Miene, als wäre ihm ein großes Glück
widerfahren, als hätte er ein Unterpfand,
das ihn gegen Wally's Scherze ſicherte. Sie
ſagte ihm: „Wie tief ſind wir doch ſchon in
den Wahnſinn der Liebe verſunken! Bart,
Kleidung, Alles ſeh' ich heute an Ihnen ver¬
nachläſſigt! Sie gleichen jenen Shakſpear'ſchen
Liebenden in ſeinen Luſtſpielen, die ſo jämmer¬
lich von dem Schmerz ihrer Bruſt verzehrt ſind,
und je verliebter ſie werden, deſto länger ihre
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Gutzkow, Karl: Wally, die Zweiflerin. Mannheim, 1835, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_wally_1835/161>, abgerufen am 24.11.2024.
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