Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

zu nehmen und wer kommt geistig weiter auseinander als Schulfreunde!

Ein Geistlicher hatte an dem grünen Tisch noch nie mitgetagt. Wie sollte das auch! Das Disciplinargesetz hängt wie ein Damoklesschwert über Schule und Kirche. Christenthumsdebatten kamen selten vor. Ascher Ascherson hatte sogar die Judendebatte schwierig gemacht. Er hatte gesagt: Es sei besser so; denn es würde den Juden viel zu viel geschmeichelt! Das ganze Christenthum sei eine einzige Schmeichelei für die Juden! An die neueste Thatsache, daß sich durch die Ausbreitung des Judenthums in allen Bereichen der Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst, die mannigfachsten Ueberlieferungen unseres Volksbewußtseins ändern müßten, hatte Sanitätsrath Eltester einmal angestreift, wenn er sagte: Wir bekommen noch den Zusatzparagraphen zur Verfassung: Die Christen bilden eine in Europa und mehreren Theilen Amerikas geduldete Religionsgemeinschaft. Die Christen, als eine nur noch geduldete Secte betrachtet, gaben zu komischen und ernsten Bildern Veranlassung.

Merkus saß still und horchte nur immer. Die listigen Aeuglein des kleinen Mannes gingen hin und her. Wolny hatte an Ottomar eine Aeußerung geschrieben, die sich herumgesprochen hatte. Er hätte, im Ganzen genommen, in der Welt die Tendenz vorgefunden,

zu nehmen und wer kommt geistig weiter auseinander als Schulfreunde!

Ein Geistlicher hatte an dem grünen Tisch noch nie mitgetagt. Wie sollte das auch! Das Disciplinargesetz hängt wie ein Damoklesschwert über Schule und Kirche. Christenthumsdebatten kamen selten vor. Ascher Ascherson hatte sogar die Judendebatte schwierig gemacht. Er hatte gesagt: Es sei besser so; denn es würde den Juden viel zu viel geschmeichelt! Das ganze Christenthum sei eine einzige Schmeichelei für die Juden! An die neueste Thatsache, daß sich durch die Ausbreitung des Judenthums in allen Bereichen der Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst, die mannigfachsten Ueberlieferungen unseres Volksbewußtseins ändern müßten, hatte Sanitätsrath Eltester einmal angestreift, wenn er sagte: Wir bekommen noch den Zusatzparagraphen zur Verfassung: Die Christen bilden eine in Europa und mehreren Theilen Amerikas geduldete Religionsgemeinschaft. Die Christen, als eine nur noch geduldete Secte betrachtet, gaben zu komischen und ernsten Bildern Veranlassung.

Merkus saß still und horchte nur immer. Die listigen Aeuglein des kleinen Mannes gingen hin und her. Wolny hatte an Ottomar eine Aeußerung geschrieben, die sich herumgesprochen hatte. Er hätte, im Ganzen genommen, in der Welt die Tendenz vorgefunden,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0082" n="76"/>
zu nehmen und wer kommt geistig weiter auseinander als Schulfreunde!</p>
        <p>Ein Geistlicher hatte an dem grünen Tisch noch nie mitgetagt. Wie sollte das auch! Das Disciplinargesetz hängt wie ein Damoklesschwert über Schule und Kirche. Christenthumsdebatten kamen selten vor. Ascher Ascherson hatte sogar die Judendebatte schwierig gemacht. Er hatte gesagt: Es sei besser so; denn es würde den Juden viel zu viel geschmeichelt! Das ganze Christenthum sei eine einzige Schmeichelei für die Juden! An die neueste Thatsache, daß sich durch die Ausbreitung des Judenthums in allen Bereichen der Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst, die mannigfachsten Ueberlieferungen unseres Volksbewußtseins ändern müßten, hatte Sanitätsrath Eltester einmal angestreift, wenn er sagte: Wir bekommen noch den Zusatzparagraphen zur Verfassung: Die Christen bilden eine in Europa und mehreren Theilen Amerikas geduldete Religionsgemeinschaft. Die Christen, als eine nur noch geduldete Secte betrachtet, gaben zu komischen und ernsten Bildern Veranlassung.</p>
        <p>Merkus saß still und horchte nur immer. Die listigen Aeuglein des kleinen Mannes gingen hin und her. Wolny hatte an Ottomar eine Aeußerung geschrieben, die sich herumgesprochen hatte. Er hätte, im Ganzen genommen, in der Welt die Tendenz vorgefunden,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0082] zu nehmen und wer kommt geistig weiter auseinander als Schulfreunde! Ein Geistlicher hatte an dem grünen Tisch noch nie mitgetagt. Wie sollte das auch! Das Disciplinargesetz hängt wie ein Damoklesschwert über Schule und Kirche. Christenthumsdebatten kamen selten vor. Ascher Ascherson hatte sogar die Judendebatte schwierig gemacht. Er hatte gesagt: Es sei besser so; denn es würde den Juden viel zu viel geschmeichelt! Das ganze Christenthum sei eine einzige Schmeichelei für die Juden! An die neueste Thatsache, daß sich durch die Ausbreitung des Judenthums in allen Bereichen der Gesellschaft, Wissenschaft und Kunst, die mannigfachsten Ueberlieferungen unseres Volksbewußtseins ändern müßten, hatte Sanitätsrath Eltester einmal angestreift, wenn er sagte: Wir bekommen noch den Zusatzparagraphen zur Verfassung: Die Christen bilden eine in Europa und mehreren Theilen Amerikas geduldete Religionsgemeinschaft. Die Christen, als eine nur noch geduldete Secte betrachtet, gaben zu komischen und ernsten Bildern Veranlassung. Merkus saß still und horchte nur immer. Die listigen Aeuglein des kleinen Mannes gingen hin und her. Wolny hatte an Ottomar eine Aeußerung geschrieben, die sich herumgesprochen hatte. Er hätte, im Ganzen genommen, in der Welt die Tendenz vorgefunden,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T11:57:26Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>) (2014-02-19T11:57:26Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/82
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/82>, abgerufen am 03.12.2024.