Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.über die Klinge springen würde. Lieber, setzte ich mit meinem alten Stolze hinzu, will ich freiwillig gehen, groß, unbesiegt, mit einem: Ich verachte Euch! Nicht, daß diese Canaille mich absetzt!" Martha richtete sich im Bett hoch auf. Es war ihr, als hätte sie der Veitstanz ergriffen. Sie hätte wieder aufstehen und sich neu ankleiden mögen. Sie sah diese gräßliche Scene deutlich vor sich; ganz die ihr bekannte rasende Leidenschaft ihres Bruders, die Macht seiner halb erlogenen, halb wahren Ekstase. Und Edwina - "ruhig"? Sie hatte Mitleid mit dem armen bedrängten Mädchen! Mit zitternden Händen den Brief haltend, las sie weiter: "Eine Liebe, sagte ich zu Edwinen, die begeistert, wird mich auch begeistern zur steten Pflicht! Ich bin arbeitsam, Edwina! Ich verachte die Anerbietungen der Politiker, die mir eine große Rolle im Staatswesen voraussagen, wenn ich ihren verhetzenden Zwecken diene! Baares Geld giebt aber Niemand! Nur Worte, Worte, Worte! Ich verstehe mein Fach. Ich will einst den Gegenstand meiner Anbetung im leichten Cabriolet von zwei edlen silbergeschirrten Vollblut-Rossen gezogen sehen! Ich will, daß sie Nichts entbehrt, daß sie Alles besitzt, was sie nur wünscht! Darum arbeite ich - und höre nun, was mein Mädchen sagte. Der Engel sprach: über die Klinge springen würde. Lieber, setzte ich mit meinem alten Stolze hinzu, will ich freiwillig gehen, groß, unbesiegt, mit einem: Ich verachte Euch! Nicht, daß diese Canaille mich absetzt!“ Martha richtete sich im Bett hoch auf. Es war ihr, als hätte sie der Veitstanz ergriffen. Sie hätte wieder aufstehen und sich neu ankleiden mögen. Sie sah diese gräßliche Scene deutlich vor sich; ganz die ihr bekannte rasende Leidenschaft ihres Bruders, die Macht seiner halb erlogenen, halb wahren Ekstase. Und Edwina – „ruhig“? Sie hatte Mitleid mit dem armen bedrängten Mädchen! Mit zitternden Händen den Brief haltend, las sie weiter: „Eine Liebe, sagte ich zu Edwinen, die begeistert, wird mich auch begeistern zur steten Pflicht! Ich bin arbeitsam, Edwina! Ich verachte die Anerbietungen der Politiker, die mir eine große Rolle im Staatswesen voraussagen, wenn ich ihren verhetzenden Zwecken diene! Baares Geld giebt aber Niemand! Nur Worte, Worte, Worte! Ich verstehe mein Fach. Ich will einst den Gegenstand meiner Anbetung im leichten Cabriolet von zwei edlen silbergeschirrten Vollblut-Rossen gezogen sehen! Ich will, daß sie Nichts entbehrt, daß sie Alles besitzt, was sie nur wünscht! Darum arbeite ich – und höre nun, was mein Mädchen sagte. Der Engel sprach: <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0048" n="42"/> über die Klinge springen würde. Lieber, setzte ich mit meinem alten Stolze hinzu, will ich freiwillig gehen, groß, unbesiegt, mit einem: Ich verachte Euch! Nicht, daß diese Canaille mich absetzt!“</p> <p>Martha richtete sich im Bett hoch auf. Es war ihr, als hätte sie der Veitstanz ergriffen. Sie hätte wieder aufstehen und sich neu ankleiden mögen. Sie sah diese gräßliche Scene deutlich vor sich; ganz die ihr bekannte rasende Leidenschaft ihres Bruders, die Macht seiner halb erlogenen, halb wahren Ekstase. Und Edwina – „ruhig“? Sie hatte Mitleid mit dem armen bedrängten Mädchen! Mit zitternden Händen den Brief haltend, las sie weiter:</p> <p>„Eine Liebe, sagte ich zu Edwinen, die begeistert, wird mich auch begeistern zur steten Pflicht! Ich bin arbeitsam, Edwina! Ich verachte die Anerbietungen der Politiker, die mir eine große Rolle im Staatswesen voraussagen, wenn ich ihren verhetzenden Zwecken diene! Baares Geld giebt aber Niemand! Nur Worte, Worte, Worte! Ich verstehe mein Fach. Ich will einst den Gegenstand meiner Anbetung im leichten Cabriolet von zwei edlen silbergeschirrten Vollblut-Rossen gezogen sehen! Ich will, daß sie Nichts entbehrt, daß sie Alles besitzt, was sie nur wünscht! Darum arbeite ich – und höre nun, was mein Mädchen sagte. Der Engel sprach: </p> </div> </body> </text> </TEI> [42/0048]
über die Klinge springen würde. Lieber, setzte ich mit meinem alten Stolze hinzu, will ich freiwillig gehen, groß, unbesiegt, mit einem: Ich verachte Euch! Nicht, daß diese Canaille mich absetzt!“
Martha richtete sich im Bett hoch auf. Es war ihr, als hätte sie der Veitstanz ergriffen. Sie hätte wieder aufstehen und sich neu ankleiden mögen. Sie sah diese gräßliche Scene deutlich vor sich; ganz die ihr bekannte rasende Leidenschaft ihres Bruders, die Macht seiner halb erlogenen, halb wahren Ekstase. Und Edwina – „ruhig“? Sie hatte Mitleid mit dem armen bedrängten Mädchen! Mit zitternden Händen den Brief haltend, las sie weiter:
„Eine Liebe, sagte ich zu Edwinen, die begeistert, wird mich auch begeistern zur steten Pflicht! Ich bin arbeitsam, Edwina! Ich verachte die Anerbietungen der Politiker, die mir eine große Rolle im Staatswesen voraussagen, wenn ich ihren verhetzenden Zwecken diene! Baares Geld giebt aber Niemand! Nur Worte, Worte, Worte! Ich verstehe mein Fach. Ich will einst den Gegenstand meiner Anbetung im leichten Cabriolet von zwei edlen silbergeschirrten Vollblut-Rossen gezogen sehen! Ich will, daß sie Nichts entbehrt, daß sie Alles besitzt, was sie nur wünscht! Darum arbeite ich – und höre nun, was mein Mädchen sagte. Der Engel sprach:
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-02-19T11:57:26Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>)
(2014-02-19T11:57:26Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |