Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Einige Stimmen gaben diese Erklärung.

Ein Thema war gegeben. Heute ein sehr verfängliches. Sind überhaupt die Prätensionen der Ehe nicht zu groß?

Da stand man an einem verschlossenen Thor des Jahrhunderts.

Die Meinungen gingen auseinander. Die Einen wichen der heiklen Frage ganz aus und hielten sich nur an den vorliegenden Fall, erwähnten die große Anstrengung, die es, wie es hieß, die ehemalige Prinzessin gekostet haben sollte, den Mann ihrer Wahl zu bekommen. Andere behaupteten dagegen, die Dame müßte nie in den Spiegel geblickt, nie den geringen Reiz ermessen haben, den sie auf den Grafen noch hätte ausüben können. "Noch"! Darüber suchte man aus dem Tragischen in's Scherzhafte zu entkommen. In dem "Noch" lag vielleicht die ganze Frage.

Aber das sittlich Erhabene und die "sittliche Weltordnung" und Aehnliches war an der Tagesordnung und es wurde auch hierbei hervorgehoben.

Ein wunderbares Beispiel ehelicher schöner Treue gab uns unser College Wolny, sagte der Baumeister Omma. Dieser litt doch unsäglich unter seiner Gattin, liebte auch schon seine zweite jetzige Gemahlin, aber man sagt, er soll keinen Finger breit von seinem am Altar geleisteten Schwur abgewichen sein!

Einige Stimmen gaben diese Erklärung.

Ein Thema war gegeben. Heute ein sehr verfängliches. Sind überhaupt die Prätensionen der Ehe nicht zu groß?

Da stand man an einem verschlossenen Thor des Jahrhunderts.

Die Meinungen gingen auseinander. Die Einen wichen der heiklen Frage ganz aus und hielten sich nur an den vorliegenden Fall, erwähnten die große Anstrengung, die es, wie es hieß, die ehemalige Prinzessin gekostet haben sollte, den Mann ihrer Wahl zu bekommen. Andere behaupteten dagegen, die Dame müßte nie in den Spiegel geblickt, nie den geringen Reiz ermessen haben, den sie auf den Grafen noch hätte ausüben können. „Noch“! Darüber suchte man aus dem Tragischen in’s Scherzhafte zu entkommen. In dem „Noch“ lag vielleicht die ganze Frage.

Aber das sittlich Erhabene und die „sittliche Weltordnung“ und Aehnliches war an der Tagesordnung und es wurde auch hierbei hervorgehoben.

Ein wunderbares Beispiel ehelicher schöner Treue gab uns unser College Wolny, sagte der Baumeister Omma. Dieser litt doch unsäglich unter seiner Gattin, liebte auch schon seine zweite jetzige Gemahlin, aber man sagt, er soll keinen Finger breit von seinem am Altar geleisteten Schwur abgewichen sein!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0304" n="298"/>
        <p> Einige Stimmen gaben diese Erklärung. </p>
        <p>Ein Thema war gegeben. Heute ein sehr verfängliches. Sind überhaupt die Prätensionen der Ehe nicht zu groß? </p>
        <p>Da stand man an einem verschlossenen Thor des Jahrhunderts.</p>
        <p>Die Meinungen gingen auseinander. Die Einen wichen der heiklen Frage ganz aus und hielten sich nur an den vorliegenden Fall, erwähnten die große Anstrengung, die es, wie es hieß, die ehemalige Prinzessin gekostet haben sollte, den Mann ihrer Wahl zu bekommen. Andere behaupteten dagegen, die Dame müßte nie in den Spiegel geblickt, nie den geringen Reiz ermessen haben, den sie auf den Grafen noch hätte ausüben können. &#x201E;Noch&#x201C;! Darüber suchte man aus dem Tragischen in&#x2019;s Scherzhafte zu entkommen. In dem &#x201E;Noch&#x201C; lag vielleicht die ganze Frage.</p>
        <p>Aber das sittlich Erhabene und die &#x201E;sittliche Weltordnung&#x201C; und Aehnliches war an der Tagesordnung und es wurde auch hierbei hervorgehoben.</p>
        <p>Ein wunderbares Beispiel ehelicher schöner Treue gab uns unser College Wolny, sagte der Baumeister Omma. Dieser litt doch unsäglich unter seiner Gattin, liebte auch schon seine zweite jetzige Gemahlin, aber man sagt, er soll keinen Finger breit von seinem am Altar geleisteten Schwur abgewichen sein!</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0304] Einige Stimmen gaben diese Erklärung. Ein Thema war gegeben. Heute ein sehr verfängliches. Sind überhaupt die Prätensionen der Ehe nicht zu groß? Da stand man an einem verschlossenen Thor des Jahrhunderts. Die Meinungen gingen auseinander. Die Einen wichen der heiklen Frage ganz aus und hielten sich nur an den vorliegenden Fall, erwähnten die große Anstrengung, die es, wie es hieß, die ehemalige Prinzessin gekostet haben sollte, den Mann ihrer Wahl zu bekommen. Andere behaupteten dagegen, die Dame müßte nie in den Spiegel geblickt, nie den geringen Reiz ermessen haben, den sie auf den Grafen noch hätte ausüben können. „Noch“! Darüber suchte man aus dem Tragischen in’s Scherzhafte zu entkommen. In dem „Noch“ lag vielleicht die ganze Frage. Aber das sittlich Erhabene und die „sittliche Weltordnung“ und Aehnliches war an der Tagesordnung und es wurde auch hierbei hervorgehoben. Ein wunderbares Beispiel ehelicher schöner Treue gab uns unser College Wolny, sagte der Baumeister Omma. Dieser litt doch unsäglich unter seiner Gattin, liebte auch schon seine zweite jetzige Gemahlin, aber man sagt, er soll keinen Finger breit von seinem am Altar geleisteten Schwur abgewichen sein!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T11:57:26Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T11:57:26Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-3<a>) (2014-02-19T11:57:26Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/304
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/304>, abgerufen am 22.11.2024.