Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.wiederholt zu dem Franzosen, der das ganze Verhältniß kannte und einen Lieblingsspruch hatte: Ich schreibe keine Memoiren! Er kannte die menschliche Natur und deren Schwächen. Als sie dann wieder ausstiegen, raunte La Rose dem Grafen, der immer von einer "Aufrichtung" sprach, in scherzhafter, petillanter Unterhaltung auf französisch die Maxime zu: Vertiefen Sie sich nur nicht mit dem Bessernwollen! Die Untugenden fangen bei uns gewöhnlich zu wachsen an, wenn wir durchaus bei Andern Tugenden säen wollen. Was nicht von selbst wachsen will, davon halte man die Hand fern! Der Wagen hielt. Der Graf stieg aus. La Rose wollte warten. Er sagte: Zwei Treppen hoch! Rechts -! Der Graf stieg hinauf. Die alte Müllern öffnete. Sie war in Thränen. Der Geometer war dagewesen, hatte nach Edwinen verlangt, hatte Entscheidung wegen der Alternative: Polen ober Dietericis Anstellung als Modell-Zeichnerin verlangt. Er war ihr nachgerannt. Von Alledem erfuhr der Graf Nichts. Er möchte warten - hieß es. Die Alte zitterte. Aber wie sah es hier aus -! Wo bleibt Ottomars Schilderung -! Ueberall verblichene Pracht -! Seltsame Hammerschläge des Gewissens, die Udo fühlte! Du hättest doch wohl früher kommen sollen -! O diese wiederholt zu dem Franzosen, der das ganze Verhältniß kannte und einen Lieblingsspruch hatte: Ich schreibe keine Memoiren! Er kannte die menschliche Natur und deren Schwächen. Als sie dann wieder ausstiegen, raunte La Rose dem Grafen, der immer von einer „Aufrichtung“ sprach, in scherzhafter, petillanter Unterhaltung auf französisch die Maxime zu: Vertiefen Sie sich nur nicht mit dem Bessernwollen! Die Untugenden fangen bei uns gewöhnlich zu wachsen an, wenn wir durchaus bei Andern Tugenden säen wollen. Was nicht von selbst wachsen will, davon halte man die Hand fern! Der Wagen hielt. Der Graf stieg aus. La Rose wollte warten. Er sagte: Zwei Treppen hoch! Rechts –! Der Graf stieg hinauf. Die alte Müllern öffnete. Sie war in Thränen. Der Geometer war dagewesen, hatte nach Edwinen verlangt, hatte Entscheidung wegen der Alternative: Polen ober Dietericis Anstellung als Modell-Zeichnerin verlangt. Er war ihr nachgerannt. Von Alledem erfuhr der Graf Nichts. Er möchte warten – hieß es. Die Alte zitterte. Aber wie sah es hier aus –! Wo bleibt Ottomars Schilderung –! Ueberall verblichene Pracht –! Seltsame Hammerschläge des Gewissens, die Udo fühlte! Du hättest doch wohl früher kommen sollen –! O diese <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0294" n="288"/> wiederholt zu dem Franzosen, der das ganze Verhältniß kannte und einen Lieblingsspruch hatte: Ich schreibe keine Memoiren! Er kannte die menschliche Natur und deren Schwächen.</p> <p>Als sie dann wieder ausstiegen, raunte La Rose dem Grafen, der immer von einer „Aufrichtung“ sprach, in scherzhafter, petillanter Unterhaltung auf französisch die Maxime zu: Vertiefen Sie sich nur nicht mit dem Bessernwollen! Die Untugenden fangen bei uns gewöhnlich zu wachsen an, wenn wir durchaus bei Andern Tugenden säen wollen. Was nicht von selbst wachsen will, davon halte man die Hand fern!</p> <p>Der Wagen hielt. Der Graf stieg aus. La Rose wollte warten. Er sagte: Zwei Treppen hoch! Rechts –!</p> <p>Der Graf stieg hinauf. Die alte Müllern öffnete. Sie war in Thränen. Der Geometer war dagewesen, hatte nach Edwinen verlangt, hatte Entscheidung wegen der Alternative: Polen ober Dietericis Anstellung als Modell-Zeichnerin verlangt. Er war ihr nachgerannt. Von Alledem erfuhr der Graf Nichts.</p> <p>Er möchte warten – hieß es. Die Alte zitterte. </p> <p>Aber wie sah es hier aus –! Wo bleibt Ottomars Schilderung –! Ueberall verblichene Pracht –! Seltsame Hammerschläge des Gewissens, die Udo fühlte! Du hättest doch wohl früher kommen sollen –! O diese </p> </div> </body> </text> </TEI> [288/0294]
wiederholt zu dem Franzosen, der das ganze Verhältniß kannte und einen Lieblingsspruch hatte: Ich schreibe keine Memoiren! Er kannte die menschliche Natur und deren Schwächen.
Als sie dann wieder ausstiegen, raunte La Rose dem Grafen, der immer von einer „Aufrichtung“ sprach, in scherzhafter, petillanter Unterhaltung auf französisch die Maxime zu: Vertiefen Sie sich nur nicht mit dem Bessernwollen! Die Untugenden fangen bei uns gewöhnlich zu wachsen an, wenn wir durchaus bei Andern Tugenden säen wollen. Was nicht von selbst wachsen will, davon halte man die Hand fern!
Der Wagen hielt. Der Graf stieg aus. La Rose wollte warten. Er sagte: Zwei Treppen hoch! Rechts –!
Der Graf stieg hinauf. Die alte Müllern öffnete. Sie war in Thränen. Der Geometer war dagewesen, hatte nach Edwinen verlangt, hatte Entscheidung wegen der Alternative: Polen ober Dietericis Anstellung als Modell-Zeichnerin verlangt. Er war ihr nachgerannt. Von Alledem erfuhr der Graf Nichts.
Er möchte warten – hieß es. Die Alte zitterte.
Aber wie sah es hier aus –! Wo bleibt Ottomars Schilderung –! Ueberall verblichene Pracht –! Seltsame Hammerschläge des Gewissens, die Udo fühlte! Du hättest doch wohl früher kommen sollen –! O diese
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