Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877.aufspringen. Die mephistophelischen Bemerkungen des auf sechs Monate "kaltgestellten" und zum Kleben von Briefcouverten verurtheilten Exverwaltungsraths Harry Rabe über die Armuth des Schöpfers an Menschenwaffeleisen schien sich in der That zu bestätigen. Denn was Rabe von gewissen breitschultrigen Hochblondins ausgesagt hatte, die Alle wie aus Einer Pfanne gegossen wären, bekam fast Bestätigung. Udo fühlte zuletzt einen brennenden Reiz, Edwina zu sehen! Sie sollte sehr verloren haben, das wußte er schon. Aber die ganze Welt, die ihm seither wohlgethan, hatte er ja verloren! Ueberall verwelkte Blüthen! Oder sollte er sich in jene Welt stürzen, in welcher sein "Freund", der vielredende Diplomat weilte? In dieser Sphäre riß man sich freilich um ihn. War er doch reich, jung, liebenswürdig, ohne Gattin! Aber La Rose hatte Recht, wenn er sagte: Es wird Monseigneur jetzt nur noch am Tajo wohl sein! Auch machte sich der Graf über Edwina eigentlich Vorwürfe. Ich hätte doch die Erziehung des Oheims fortsetzen sollen! sagte er sich. Dann lachte er freilich: Du - nicht zurückgehalten durch das Gesetz der Natur! Das hätte schön geendet! Nein, nein, du mußtest sie fliehen! lautete sein Selbstgespräch. Aber dann gaukelte in seinen Phantasieen doch Edwinas Vorleben fort mit bunten Bildern. Die ersten Eindrücke Ungarns -! aufspringen. Die mephistophelischen Bemerkungen des auf sechs Monate „kaltgestellten“ und zum Kleben von Briefcouverten verurtheilten Exverwaltungsraths Harry Rabe über die Armuth des Schöpfers an Menschenwaffeleisen schien sich in der That zu bestätigen. Denn was Rabe von gewissen breitschultrigen Hochblondins ausgesagt hatte, die Alle wie aus Einer Pfanne gegossen wären, bekam fast Bestätigung. Udo fühlte zuletzt einen brennenden Reiz, Edwina zu sehen! Sie sollte sehr verloren haben, das wußte er schon. Aber die ganze Welt, die ihm seither wohlgethan, hatte er ja verloren! Ueberall verwelkte Blüthen! Oder sollte er sich in jene Welt stürzen, in welcher sein „Freund“, der vielredende Diplomat weilte? In dieser Sphäre riß man sich freilich um ihn. War er doch reich, jung, liebenswürdig, ohne Gattin! Aber La Rose hatte Recht, wenn er sagte: Es wird Monseigneur jetzt nur noch am Tajo wohl sein! Auch machte sich der Graf über Edwina eigentlich Vorwürfe. Ich hätte doch die Erziehung des Oheims fortsetzen sollen! sagte er sich. Dann lachte er freilich: Du – nicht zurückgehalten durch das Gesetz der Natur! Das hätte schön geendet! Nein, nein, du mußtest sie fliehen! lautete sein Selbstgespräch. Aber dann gaukelte in seinen Phantasieen doch Edwinas Vorleben fort mit bunten Bildern. Die ersten Eindrücke Ungarns –! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0283" n="277"/> aufspringen. Die mephistophelischen Bemerkungen des auf sechs Monate „kaltgestellten“ und zum Kleben von Briefcouverten verurtheilten Exverwaltungsraths Harry Rabe über die Armuth des Schöpfers an Menschenwaffeleisen schien sich in der That zu bestätigen. Denn was Rabe von gewissen breitschultrigen Hochblondins ausgesagt hatte, die Alle wie aus Einer Pfanne gegossen wären, bekam fast Bestätigung. Udo fühlte zuletzt einen brennenden Reiz, Edwina zu sehen! Sie sollte sehr verloren haben, das wußte er schon. Aber die ganze Welt, die ihm seither wohlgethan, hatte er ja verloren! Ueberall verwelkte Blüthen! Oder sollte er sich in jene Welt stürzen, in welcher sein „Freund“, der vielredende Diplomat weilte? In dieser Sphäre riß man sich freilich um ihn. War er doch reich, jung, liebenswürdig, ohne Gattin! Aber La Rose hatte Recht, wenn er sagte: Es wird Monseigneur jetzt nur noch am Tajo wohl sein!</p> <p>Auch machte sich der Graf über Edwina eigentlich Vorwürfe. Ich hätte doch die Erziehung des Oheims fortsetzen sollen! sagte er sich. Dann lachte er freilich: Du – nicht zurückgehalten durch das Gesetz der Natur! Das hätte schön geendet! Nein, nein, du mußtest sie fliehen! lautete sein Selbstgespräch. Aber dann gaukelte in seinen Phantasieen doch Edwinas Vorleben fort mit bunten Bildern. Die ersten Eindrücke Ungarns –! </p> </div> </body> </text> </TEI> [277/0283]
aufspringen. Die mephistophelischen Bemerkungen des auf sechs Monate „kaltgestellten“ und zum Kleben von Briefcouverten verurtheilten Exverwaltungsraths Harry Rabe über die Armuth des Schöpfers an Menschenwaffeleisen schien sich in der That zu bestätigen. Denn was Rabe von gewissen breitschultrigen Hochblondins ausgesagt hatte, die Alle wie aus Einer Pfanne gegossen wären, bekam fast Bestätigung. Udo fühlte zuletzt einen brennenden Reiz, Edwina zu sehen! Sie sollte sehr verloren haben, das wußte er schon. Aber die ganze Welt, die ihm seither wohlgethan, hatte er ja verloren! Ueberall verwelkte Blüthen! Oder sollte er sich in jene Welt stürzen, in welcher sein „Freund“, der vielredende Diplomat weilte? In dieser Sphäre riß man sich freilich um ihn. War er doch reich, jung, liebenswürdig, ohne Gattin! Aber La Rose hatte Recht, wenn er sagte: Es wird Monseigneur jetzt nur noch am Tajo wohl sein!
Auch machte sich der Graf über Edwina eigentlich Vorwürfe. Ich hätte doch die Erziehung des Oheims fortsetzen sollen! sagte er sich. Dann lachte er freilich: Du – nicht zurückgehalten durch das Gesetz der Natur! Das hätte schön geendet! Nein, nein, du mußtest sie fliehen! lautete sein Selbstgespräch. Aber dann gaukelte in seinen Phantasieen doch Edwinas Vorleben fort mit bunten Bildern. Die ersten Eindrücke Ungarns –!
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 3. Breslau, 1877, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder03_1877/283>, abgerufen am 16.02.2025. |